SpaceX: Starlink Satelliten bedrohen die optische Astronomie
Zehntausende von Kommunikationssatelliten strahlen Funksignale direkt vom Himmel ab. Das bedroht die optische Astronomie enorm. Forscher sind in Sorge.
Megakonstellationen wie das Starlink-Projekt von SpaceX-Chef Elon Musk umkreisen unsere Erde. Dass das verheerende Folgen haben kann, glauben Experten. Wir berichten hier.
„Der Himmel wird voll von diesen Dingen sein“, sagt auch Phil Diamond, Generaldirektor des Square Kilometer Array (SKA) in Südafrika. Das SKA ist ein globales wissenschaftliches und technologisches Projekt, dass das weltweit größte Radioteleskop bauen wird. Das Radioteleskop soll mit einer extrem großen Antennenfläche von 1.000.000 Quadratmetern ausgestattet werden.
SpaceX, das private US-amerikanische Raumfahrt-Unternehmen von Elon Musk, hat bereits Hunderte von Starlink-Satelliten ins All geschossen. Die erste „Megakonstellation“ soll Internetdienste für abgelegene Gebiete bereitstellen. Mehr dazu können Sie hier lesen. Doch die Satelliten ziehen den Zorn der optischen Astronomen auf sich. Unter der optischen Astronomie versteht man den Teilbereich der beobachtenden Astronomie. Teleskope und Instrumente wie Linsen, Prismen und Spiegel kommen zum Einsatz.
Teleskop Alma sucht nach Wasser im All
Astronomen wütend auf Starlink-Projekt
Die hellen Streifen der Satelliten sind den Astronomen ein Dorn beim Blick in den Orbit im Auge. Durch die Teleskope sind diese Streifen deutlich sichtbar – und stören natürlich die Beobachtung. Radioastronomen sind deshalb besorgt.
Die Initiative hinter Square Kilometer Array hat eine Analyse der Auswirkungen, die Starlink und andere Konstellationen auf das Giga-Teleskop Array haben würden, veröffentlicht. Das Ergebnis: Starlink-Satelliten würden einen geplanten Funkkanal stören. Die Suche nach organischen Molekülen im Weltraum sowie nach Wassermolekülen, die als wichtige Erkenntnisse in der Kosmologie verwendet werden, würde klar behindert.
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SpaceX will das Problem lösen
SpaceX verspricht, das Problem anzugehen. Doch die Radioastronomen wollen verbindliche Vorschriften für Starlink-Projekte. Das Büro der Vereinten Nationen für Weltraumangelegenheiten (UNOOSA) stimmt zu und erwägt bereits Möglichkeiten, um zu verhindern, dass Satelliten den Nachthimmel nicht nur für die Astronomie, sondern auch für Wildtiere mit Licht- und Funksignalen stören. Die Astronomen setzen weiterhin auf die Unterstützung der International Telecommunication Union (ITU), eine UN-Organisation.
„Das Funkspektrum ist eine Ressource, die von privaten Unternehmen genutzt wird, die normalerweise keine Rücksicht auf die Wissenschaft nehmen“, sagt der Radioastronom Michael Garrett, Direktor des Jodrell Bank Centre for Astrophysics der University of Manchester. „Nur eine Intervention der Regierung kann aus meiner Sicht diesen Zustand stoppen.“
Die Menge an Objekten wird in den Umlaufbahnen um die Erde immer größer. Das kann zu einer fatalen Kettenreaktion führen: Satelliten kollidieren mit anderen Objekten und werden in Stücke gerissen. Gefährliche Geschosse schwirren dann im All. Dieses Szenario nennt sich Kessler-Syndrom.
Möglicher Zusammenstoß von Weltraumschrott
Eine chinesische Raketenstufe und ein ausgedienter russischer Militärsatellit können in der Nacht zum 16. Oktober zusammenstoßen. Das würde verheerende Folgen haben und die größte Kollision von Weltraumschrott der letzten Jahre nach sich ziehen. Beide Objekte wiegen zusammen 2.800 Kilogramm. Allerdings gibt es die Hoffnung, dass Satellit und Raketenstufe sich nur streifen. Die errechnete Distanz beim Treffpunkt beträgt lediglich 12 Meter.
Trümmerteile fliegen mit 40.000 Kilometern pro Stunde um die Erde. Holger Krag, Ingenieur der ESA, warnte: „Es reicht ein ein Zentimeter großes Objekt, um die Mission eines Satelliten zu beenden.“
12.000 weitere SpaceX-Satelliten genehmigt
SpaceX hat mehr als 700 Starlink-Satelliten gestartet. Die Genehmigung für 12.000 weitere liegt vor. Andere Betreiber wie OneWeb und Amazon Projekt Kuiper haben ähnliche Ambitionen. Studien belegen, dass vor allem optische Weitfelduntersuchungen am stärksten von den Satelliten gestört werden. Die Satellitenspuren beschädigen die Aufnahmen. Doch es gibt schon Bemühungen, an dem Problem zu arbeiten.
Das Team des Vera C. Rubin Observatoriums, eines Vermessungsteleskops in Chile, hat mit SpaceX zusammengearbeitet, um die Auswirkungen zu verringern. Das Unternehmen hat die Ausrichtung von Satelliten geändert, während sie sich in ihre endgültige Umlaufbahn bewegen, sie in einer weniger reflektierenden Farbe lackiert und „Visiere“ angebracht, um Reflexionen zu reduzieren. Seit August haben alle gestarteten Starlink-Satelliten diese Visiere, sagte Patricia Cooper, Vizepräsidentin des kalifornischen Unternehmens für Angelegenheiten der Satellitenregierung.
Die Analyse von SKA unterstreicht die Herausforderungen erneut. Das Band, mit dem Starlink Internet-Signale abstrahlt, nimmt einen beträchtlichen Teil der Frequenzen von 10,7 bis 12,7 Gigahertz ein, und zwar innerhalb eines Bereichs, der als Band 5b bekannt ist und eines von sieben Bändern ist, auf die die südafrikanischen Wissenschaftler abzielen.
Die SKA-Analyse hat insgesamt den Einfluss von 64.000 Satelliten untersucht. Zur Studie.
Starlink soll umgeleitet werden
Astronomen fordern, dass die Satellitenbetreiber wie SpaceX ihre Sender ausschalten, zu anderen Bändern wechseln oder sie umleiten, wenn sie über ein Funkobservatorium fliegen. Tony Beasley, Direktor des US National Radio Astronomy Observatory, sagt, dass diese Optionen mit SpaceX besprochen wurde. „In den nächsten ein oder zwei Jahren werden wir Tests durchführen, bei denen wir versuchen werden, uns technisch in Echtzeit mit ihnen abzustimmen.“
Beasley lobt dabei die Unternehmenskultur von SpaceX: „Sie wollen coole Sachen machen; sie wollen keinen Schaden anrichten.“
Nicht jeder Astronom denkt so: Auf einem UNOOSA-Workshop drängten sie auf Empfehlungen. Alle zukünftigen Satelliten in erdnaher Umlaufbahn sollten so ausgelegt sein, dass sie nicht auf Radioteleskope und Funkstillstandszonen strahlen.
SpaceX: 60 Satelliten der ersten Launch-Phase bereits zerstört
SpaceX hat währenddessen schon erste Starlink-Satelliten abstürzen lassen. Weniger als 18 Monate nach ihrem Start sind die ersten 60 Prototypen des geplanten Satellitennetzwerkes bereits wieder abgestürzt. 47 sollen den Orbit in Richtung Erdatmosphäre verlassen haben. Dort zerschellen sie in viele Einzelteile und verglühen zum größten Teil. Diese Angaben kommen aber nicht von SpaceX selbst, sondern von dem Astrophysiker Jonathan McDowell. Er sammelt Informationen zu den Starlink-Satelliten und wertet diese aus. Das Raumfahrt-Unternehmen von Elon Musk hat aber nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass einige Satelliten nach kurzer Zeit wieder verglühen.
Für die Tests hat es laut Musk aber schon gereicht. Das Starlink-Internet von SpaceX funktioniert und sorge sogar für Transporte in Hochgeschwindigkeit. Starlink für Schienennetze wäre laut Musk auch kein Problem. Damit beantwortet er eine Frage eines schwedischen Users auf Twitter.
Die Starlink-Satelliten befinden sich in einer Umlaufbahn von etwa 550 Kilometer über der Erde.
Über fehlenden Ruhm kann sich der CEO Elon Musk definitiv nicht beklagen. HBO entwickelt eine Serie mit sechs Folgen über SpaceX.
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