Folgenreicher Fund bei 13,4 Mrd. Jahre altem Licht
Zwei unabhängige Forschungsteams haben in der bislang am weitesten entfernten bekannten Galaxie Sauerstoff nachgewiesen.

Sauerstoffspektrum in der am weitesten entfernten, bekannten Galaxie
Foto: ALMA (ESO/NAOJ/NRAO)/S. Carniani et al./S. Schouws et al/JWST: NASA, ESA, CSA, STScI, Brant Robertson (UC Santa Cruz), et al.
Die Entdeckung von Sauerstoff könnte unser Verständnis davon verändern, wie sich Galaxien im frühen Universum gebildet haben. Sie zeigt, dass die Entwicklung von Galaxien deutlich schneller abgelaufen sein könnte, als bislang vermutet.
Die Galaxie mit dem sperrigen Namen JADES-GS-z14-0 liegt so weit entfernt, dass ihr Licht 13,4 Milliarden Jahre gebraucht hat, um uns zu erreichen. Wir sehen sie also, wie sie aussah, als das Universum gerade einmal 300 Millionen Jahre alt war – weniger als 2 % seines heutigen Alters.
Entdeckt wurde sie 2023 mit dem James-Webb-Weltraumteleskop (JWST), doch erst das Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) lieferte die entscheidenden Daten für die aktuelle Analyse.
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Sauerstoff als Indikator für frühe Entwicklung
Sauerstoff entsteht in Sternen und wird bei deren Ende – etwa in Supernovae – ins All geschleudert. Diese schwereren Elemente reichern die interstellare Materie an, aus der sich neue Sterne und Planetensysteme bilden. Das bedeutet: Je mehr Sauerstoff eine Galaxie enthält, desto mehr Generationen von Sternen müssen sich bereits entwickelt und wieder vergangen sein.
Der Nachweis von Sauerstoff in einer so jungen Galaxie kam für viele überraschend. „Es ist, als würde man einen Jugendlichen dort finden, wo man nur Babys erwartet“, beschreibt Sander Schouws, Doktorand am Observatorium Leiden in den Niederlanden und Erstautor einer der beiden Studien. Schouws betont: „Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Galaxie in sehr kurzer Zeit gebildet hat und auch schnell wächst.“
Frühere Modelle gingen davon aus, dass Galaxien zu diesem Zeitpunkt noch weitgehend aus Wasserstoff und Helium bestehen sollten – den Elementen, die kurz nach dem Urknall am häufigsten waren. Der Sauerstofffund deutet jedoch darauf hin, dass JADES-GS-z14-0 schon deutlich weiter entwickelt ist. Laut den Forschenden enthält sie etwa zehnmal mehr schwere Elemente als bisher angenommen.
Zwei Teams, ein Ergebnis
Beide Studien, die nun zur Veröffentlichung in Fachzeitschriften angenommen wurden, beruhen auf Daten desselben Instruments: ALMA, ein Verbund von Teleskopen in der Atacama-Wüste in Chile. Die Europäische Südsternwarte (ESO) ist maßgeblich an diesem Projekt beteiligt. ALMA ermöglicht Messungen bei Millimeter- und Submillimeterwellenlängen – ideal, um kaltes Gas und Staub im Universum zu analysieren.
Die Teams konnten durch die spezifische Strahlung des Sauerstoffs auch die Entfernung zu JADES-GS-z14-0 mit bislang unerreichter Präzision bestimmen. Die Unsicherheit liegt bei gerade einmal 0,005 %. Zum Vergleich: Das entspricht einer Genauigkeit von 5 cm auf eine Strecke von 1 km.
„Der Nachweis durch ALMA ermöglicht eine außerordentlich präzise Messung der Entfernung der Galaxie“, erklärt Eleonora Parlanti, Doktorandin an der Scuola Normale Superiore in Pisa. Auch sie gehört zum Autorenteam der zweiten Studie. Die präzise Messung basiert auf der sogenannten Rotverschiebung – einem Effekt, bei dem Licht durch die Ausdehnung des Universums in längere Wellenlängen verschoben wird. Beide Teams konnten diesen Wert auf 14,18 eingrenzen – ein neuer Rekord für bestätigte Galaxien.
Zusammenarbeit von Weltraumteleskopen
Die Entdeckung zeigt, wie sich verschiedene Instrumente ergänzen. Das James-Webb-Weltraumteleskop hatte JADES-GS-z14-0 zunächst identifiziert. Doch erst ALMA bestätigte, wie weit diese Galaxie wirklich entfernt ist – und dass sie bereits Sauerstoff enthält.
„Obwohl die Galaxie ursprünglich mit dem Weltraumteleskop James Webb entdeckt wurde, konnten wir ihre enorme Entfernung erst mit ALMA bestätigen und genau bestimmen“, betont Professor Rychard Bouwens, Mitglied des Teams am Observatorium Leiden.
Auch externe Fachleute zeigen sich überrascht. „Ich war wirklich überrascht von diesem eindeutigen Nachweis von Sauerstoff in JADES-GS-z14-0“, sagt Gergö Popping, Astronom der ESO, der nicht an den Studien beteiligt war. „Er deutet darauf hin, dass sich Galaxien nach dem Urknall schneller bilden können als bisher angenommen.“
Blick in die Vergangenheit – mit neuen Fragen
Die Beobachtungen von JADES-GS-z14-0 werfen neue Fragen auf. Wie konnten sich so kurz nach dem Urknall bereits komplexe Strukturen bilden? Welche Prozesse beschleunigen die Sternentstehung in diesen frühen Galaxien?
Stefano Carniani, Hauptautor der zweiten Studie, bringt es auf den Punkt: „Dieser Nachweis einer entwickelten Galaxie im jungen Universum wirft die Frage auf, wann und wie sich Galaxien gebildet haben.“
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