Große Erfinder 08.07.2019, 10:49 Uhr

Von den hochfliegenden Träumen des Grafen Zeppelin

Weniger als 48 Stunden sollte die Post von Berlin nach Konstantinopel benötigen, 5 Tage nach New York – 1896 waren das kühne Verheißungen. Auf dem Land- oder Seeweg waren solche Transportzeiten unmöglich, aber per Flug sollte das bald machbar sein – mit dem Luftschiff. Am 8. Juli jährt sich zum 180. Mal der Geburtstag des Grafen Ferdinand von Zeppelin.

Schwarz-weiß Bild des ersten Luftschiffs des Grafen Zeppelin

Das erste Luftschiff des Grafen Zeppelin bei seinem Jungfernflug am 2. Juli 1900.

Foto: Library of Congress/CC0

Es war zu einer Zeit, da Otto Lilienthal seine Flugversuche unternahm und das Flugzeug noch eine ferne Utopie schien. Da wurde vielerorts versucht, die bislang den wechselnden Windrichtungen ausgelieferten Heißluftballons so zu konstruieren, dass sie lenkbar wurden. Ganz besonders konkrete Vorstellungen hatte der württembergische Graf und General Ferdinand von Zeppelin (1838-1917).

Graf Zeppelin fand Unterstützung beim VDI

In einem „Aufruf an das deutsche Volk“ versuchte Zeppelin 1896, öffentliches Interesse für sein Projekt zu gewinnen – den Bau eines starren, mit Gas gefüllten Luftschiffes, das mit zwei getrennten, aber miteinander verbundenen Gondeln und mit Antriebsschrauben ausgestattet ist. Während die Fachwelt, die breite Öffentlichkeit und auch Kaiser Wilhelm II. auf Distanz zu diesem Projekt gingen und es zum Teil verspotteten, fand Graf Zeppelin unter anderem beim Verein Deutscher Ingenieure (VDI) Rückhalt.

Mithilfe des Vereins konnte Zeppelin bei einer Reihe von Industriellen Mittel zur Gründung einer Aktiengesellschaft einwerben. Damit sollte die Luftschifffahrt finanziell gefördert werden. Zeppelin musste die Finanzmittel indes aus eigener Tasche ordentlich aufstocken. Doch die Grundlage für seine späteren Erfolge war gelegt: Er hatte das Patent für seine Konstruktionsidee und fürs erste eine finanzielle Basis.

Zähigkeit und Überzeugung für seine Idee – das brauchte er, der 1838 in Konstanz geborene Sohn eines fürstlichen Hofmarschalls und Baumwollfabrikanten, um seinen Lebenstraum zu verwirklichen. 1863, bei einem Aufenthalt als Leutnant der württembergischen Armee in den USA, hatte Zeppelin miterlebt, wie Ballons zu Aufklärungszwecken im amerikanischen Bürgerkrieg eingesetzt wurden. Zum ersten Mal konnte er auch an einem Ballonflug teilnehmen. Dass die Ballons ein großes Potenzial haben, das erst dann ausgeschöpft ist, wenn sie lenkbar werden, erkannte Zeppelin früh. Und diese Tatsache sollte ihn in den folgenden Jahrzehnten nicht mehr loslassen.

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Luftschiffe sollten weltweit Post transportieren

Graf Zeppelin machte Karriere beim Militär und verfasste 1887 eine Denkschrift an den württembergischen König, in der er sich für den Bau von Luftschiffen stark machte. Europaweit arbeiteten Ingenieure und Tüftler an Luftschiffkonzepten und Deutschland sollte da nicht hinterherhinken, so seine Argumentation. Durch eine interne Kritik machte sich Zeppelin 1891 beim Kaiser unbeliebt und nahm kurz darauf Abschied vom Militär. Fortan galten alle seine Anstrengungen dem Bau eines Luftschiffs, für das er vielseitige Verwendungsmöglichkeiten sah – für militärische Aufklärungsflüge, für die Nachrichtenübermittlung, für die kartografische und auch logistische Erschließung der Kolonien, für die meteorologische Forschung und nicht zuletzt für den Weltpostverkehr.

Pleiten, Pech und Pannen begleiteten die ersten Flugversuche. Damit die Luftschiffe, die um ein fragiles Aluminiumgerüst herum aufgebaut wurden, nicht mit dem festen Boden an Land in Berührung kommen und beschädigt würden, errichtete Zeppelin auf dem Bodensee eine auf Pontons ruhende, schwimmende Halle. Bei Stürmen wurde diese Halle mehrfach aus der Verankerung gerissen. Der Aufstieg des ersten Luftschiffes LZ 1 endete bereits nach 18 Minuten mit der Notwasserung. Weitere Versuche waren von technischen Defekten begleitet. Doch das Interesse der Bevölkerung war geweckt.

Es folgten Jahre der Stagnation, der Widerstände – auch seitens des VDI – und des Geldmangels. Mithilfe einer Lotterie beschaffte sich Zeppelin mühsam die Mittel für ein zweites, verbessertes Luftschiff, dessen Flugversuche aber recht kläglich daneben gingen.

Kurios: Brennendes Luftschiff brachte Durchbruch

Die Initialzündung für Zeppelins Pläne kam erst 1908. Das vierte Luftschiff LZ 4 geriet am 5. 8. in einen Sturm und brannte aus. Doch unter den Schaulustigen des Unglücks entstand die Initiative, die sich rasch landesweit ausbreitete – über eine nationale Spendenkampagne das Geld für den Bau eines neuen, noch besseren Luftschiffs zu sammeln. Ein frühes Beispiel für das, was man heute Crowdfunding nennt.

Zeppelin und mit ihm seine Idee eines Luftschiffs war gerettet. Die Kampagne brachte über 6 Millionen Mark ein. Selbst der Kaiser, der ihn einst verhöhnt hatte, hatte gespendet, viele Industrielle und Unternehmen, ebenso der VDI mit mehreren Ortsvereinen. Zeppelin konnte für 1 Million Mark seine Luftschiffbau Zeppelin GmbH gründen, deren Nachfolgeunternehmen – unter anderem der Autozulieferer ZF Friedrichshafen – bis heute am Bodensee existieren. Das andere Geld steckte er in die Zeppelinstiftung, die zunächst den Luftschiffbau förderte, bis heute aber mit ihrer Fördertätigkeit soziale und kulturelle Einrichtungen und den Sport am Bodensee maßgeblich unterstützt.

Rundreisen und Passagierfahrten mit dem Zeppelin

Das letzte Lebensjahrzehnt des Grafen Zeppelin war in technischer Hinsicht eine Erfolgsgeschichte. 1912 verlagerte er die Produktion seiner Luftschiffe vom Bodensee nach Potsdam. Seine neuen Luftschiffe wurden mehr und mehr zur Personenbeförderung eingesetzt und erledigten diese Aufgabe zuverlässig. Die Delag, Tochtergesellschaft der Zeppelin AG, führte ab 1910 Rundreisen und Passagierfahrten durch. Die vier Luftschiffe der Delag, Deutschland I, Hansa, Viktoria Luise und Sachsen, führten zwischen 1910 und 1914 rund 1.600 Fahrten unfallfrei durch, wobei etwa 37.000 Passagiere befördert wurden.

Mit Kriegsausbruch 1914 wurden verstärkt Luftschiffe für den Kriegseinsatz gebaut. Während England und Frankreich Kriegsluftschiffe aber nur in der Marine – etwa für die Seeüberwachung und den Küstenschutz – einsetzten, wurden die deutschen Zeppeline auch über Land für Bombenangriffe und Aufklärungsflüge genutzt. Zeitweise galten die Luftschiffe als Wunderwaffe, die unter anderem zur Bombardierung von London eingesetzt wurden.

Die Technik wurde während des Krieges in hohem Tempo weiterentwickelt, sodass der Bau von bis zu 200 Meter großen Zeppelinen möglich wurde. Die Nutzlasten wurden immer höher, die Geschwindigkeit der Luftschiffe nahm zu und die Luftschiffe konnten sich immer länger am Himmel halten – zuletzt mehrere Tage lang. Doch die meisten Kriegsluftschiffe gingen bei Unfällen oder durch Beschuss verloren bis schließlich mit dem Aufkommen des Flugzeugs gegen Kriegsende immer weniger Zeppeline in Kriegshandlungen eingesetzt wurden.

Am 8. 3. 1917 starb Graf Zeppelin im Alter von 78 Jahren in Berlin. Das Kriegsende erlebte er nicht mehr, ebenso wenig die zweite große Blütezeit der „fliegenden Zigarren“ zwischen 1926 und 1937, als Zeppelins großer Nachfolger Hugo Eckener Großluftschiffe wie die „Hindenburg“ und die „Graf Zeppelin“ baute und mit seinen Polarfahrten, Weltumrundungen und Transatlantikflügen Geschichte schrieb.

Was bleibt? Die Technologie der Luftschiffe wird immer mit Zeppelins Namen verbunden bleiben.

Auch Leonardo da Vinci träumte vom Fliegen

Ein Beitrag von:

  • Johannes Wendland

    Johannes Wendland ist freier Journalist und schreibt für überregionale Magazine, Zeitungen und Online-Medien u.a. über Wirtschaftsthemen, Raumfahrt und IT-Themen.

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