Geheimnis gelüftet 14.04.2025, 12:00 Uhr

Warum die meisten Meteoriten nicht von Leben erzählen

Im Weltall gibt es viele kohlenstoffreiche Asteroiden, die Bausteine des Lebens enthalten könnten, auf der Erde sind diese jedoch selten zu finden. Warum ist das so?

Bruchstück des Meteors von Tscheljabinsk

Bruckstück des Meteors von Tscheljabinsk. Der kleine Asteroid ist am 15. Februar 2013 auf der Erde eingeschlagen.

Foto: colorado666 (YAYMicro)

Wie das Leben auf der Erde entstand, ist nach wie vor ungeklärt. Eine Theorie besagt, dass die Bausteine des Lebens – Wasser, organische Moleküle, sogar Aminosäuren – über Meteoriten auf unseren Planeten gelangten. Doch eine neue Studie zeigt: Das All selbst verhindert offenbar, dass genau diese Lebensbausteine jemals auf der Erde ankommen.

Im Weltraum häufig, auf der Erde selten: Kohlenstoffreiche Asteroiden

Im Weltraum gibt es viele sogenannte kohlenstoffreiche Asteroiden. Diese Gesteine enthalten Wasser und organische Verbindungen – genau das, was für die Entstehung von Leben notwendig sein könnte. Doch auf der Erde macht diese Meteoritenart nur weniger als 5 % aller gefundenen Proben aus.

Warum sind sie so selten, obwohl sie im All so häufig vorkommen? Genau dieser Frage ist ein internationales Team von Forschenden nun nachgegangen. Beteiligt waren unter anderem die Curtin University in Australien, das Internationale Zentrum für Radioastronomie (ICRAR) und das Pariser Observatorium.

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8500 Meteoriden untersucht

Die Forschenden analysierten weltweit knapp 8500 dokumentierte Meteoroiden und deren Einschläge. Dafür nutzten sie Daten aus 19 Feuerball-Beobachtungsnetzen in 39 Ländern – ein noch nie dagewesenes Datenmaterial.

Dr. Hadrien Devillepoix vom Curtin Institute of Radio Astronomy erklärt: „Wir haben schon lange vermutet, dass schwaches, kohlenstoffhaltiges Material den Eintritt in die Atmosphäre nicht überlebt.“ Nun gebe es endlich Beweise dafür. Das Material sei nicht nur beim Eintritt in die Atmosphäre gefährdet, sondern werde oft schon vorher im All zerstört.

Asteroid, Meteorid, Meteor, Meteorit: Was ist der Unterschied?

Begriff Bedeutung
Asteroid Großer Gesteinsbrocken im All, oft mehrere Kilometer groß. Umläuft die Sonne, vor allem im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter.
Meteoroid Kleines Bruchstück, von Staubkorn- bis Metergröße. Entsteht meist durch Kollisionen von Asteroiden oder aus Material des Mondes oder Mars.
Meteor Leuchterscheinung (Sternschnuppe), die entsteht, wenn ein Meteoroid in die Erdatmosphäre eintritt und durch Reibung verglüht.
Meteorit Teil eines Meteoroiden, der den Eintritt in die Atmosphäre übersteht und auf der Erde landet.

Hinweis: Nicht jeder Meteorit verursacht einen Meteor. Sehr kleine Teilchen können auch lautlos zur Erde sinken.

Der doppelte Filter: Sonne und Atmosphäre

Die Studie zeigt: Zwei große Barrieren verhindern, dass diese Meteoriten die Erde erreichen.

Erstens: die Sonne. Viele dieser Gesteine kreisen auf Bahnen, die sie wiederholt nah an unser Zentralgestirn bringen. Dabei werden sie aufgeheizt – teils über viele Jahre hinweg. Diese thermische Belastung schwächt ihre Struktur. Die Folge: Sie zerbrechen, noch bevor sie überhaupt in Erdnähe kommen.

Zweitens: die Erdatmosphäre. Wer das „Sonnen-Garen“ übersteht, muss noch durch die dichte Lufthülle der Erde. Auch hier zerschellen viele der ohnehin fragilen Brocken. Sie verglühen vollständig, ohne eine Spur am Boden zu hinterlassen.

Fehlende Bausteine in den Sammlungen

„Kohlenstoffreiche Meteoriten gehören zu den chemisch primitivsten Materialien, die wir untersuchen können – sie enthalten Wasser, organische Moleküle und sogar Aminosäuren“, erklärt Dr. Patrick Shober vom Pariser Observatorium. Doch genau diese wertvollen Meteoriten sind in wissenschaftlichen Sammlungen extrem unterrepräsentiert. Die neue Studie liefert nun eine plausible Erklärung: Die meisten dieser Gesteine erreichen uns schlichtweg nicht.

Das hat weitreichende Folgen. Wenn wir nur einen kleinen Teil des tatsächlich im Weltraum vorhandenen Materials untersuchen können, bleibt unser Bild vom Sonnensystem unvollständig. Besonders dann, wenn gerade das „unsichtbare“ Material entscheidende Hinweise auf den Ursprung des Lebens liefern könnte.

Zerbrechlichkeit durch Gezeitenkräfte

Ein weiteres Ergebnis der Studie betrifft sogenannte Gezeitenstörungen. Dabei zerreißt die Schwerkraft eines Planeten einen Asteroiden, wenn dieser ihm zu nahe kommt. Die entstehenden Trümmer sind besonders empfindlich – und überleben den Eintritt in die Atmosphäre fast nie.

Auch das schränkt die Zahl potenzieller Lebensboten vom Himmel drastisch ein.

Was heißt das für die Forschung?

Die Erkenntnisse der Studie könnten die Planung künftiger Raumfahrtmissionen beeinflussen. Wenn Forschende wissen, welche Gesteine nie auf der Erde ankommen, können sie gezielter im All nach ihnen suchen. Auch bei der Bewertung von Einschlagsgefahren liefert das neue Anhaltspunkte: Zerbrechliche Objekte stellen womöglich ein geringeres Risiko dar als bislang gedacht.

Zugleich verändert sich das Verständnis davon, wie unser Planet an Wasser und organische Moleküle gekommen sein könnte. Vielleicht kam das Leben nicht in Form von Meteoriten zu uns – sondern auf ganz anderen Wegen.

Hier geht es zur Originalpublikation

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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