Weltraummüll: 75 % der Objekte sind uns völlig unbekannt
Um unsere Erde kreisen Tonnen von Weltraumschrott. Forscher haben nun eine im wahrsten Sinne des Wortes unbekannte Entdeckung gemacht.
Land und Meer sind mit Plastikmüll übersät, Flugreisen zählen zu einer der Hauptverschmutzungsquellen und das Klima verändert unseren Planeten völlig. Unser Verhalten auf der Erde spiegelt sich auch im Weltall wider. Seit die Menschheit in den 1950er Jahren damit begonnen hat, Raketen in die Umlaufbahn zu schießen, hat die Menge des von Menschen verursachten Mülls, der um die Erde kreist, stetig zugenommen.
„Seitdem Sputnik ins All geschossen wurde, haben sich rund 4.500 Satelliten angesammelt, wovon etwa 3.000 inzwischen nicht mehr funktionieren“, sagt Rolf Densing, Leiter des Europäischen Raumflugkontrollzentrum ESOC in Darmstadt.
Daran angeschlossen ist auch das Büro für Weltraummüll der europäischen Raumfahrtagentur ESA. Die ESA hat tatsächlich ein eigenes Büro für die Hinterlassenschaften aus knapp 60 Jahren Raumfahrt. Mehr dazu erfahren Sie hier.
Wie viel Weltraumschrott gibt es?
Die Trümmer im Orbit bestehen aus alten Satelliten und den Raketen, die sie ins All gebracht haben. Ihre Größe reicht von Farbklecksen bis zu riesigen Abschnitten von alten Verkleidungen. Am 10. Februar 2009 kam es zur ersten Satellitenkollision in der Erdumlaufbahn. Die beiden in knapp 800 Kilometer Höhe operierenden Kommunikationssatelliten Iridium 33 und Kosmos 2251 wurden bei dem Aufprall vollkommen zerstört. Es entstanden so über 100.000 Bruchstücke, die groß genug sind, um über Jahrzehnte im Orbit zu bleiben. Damit ist die Gefahr nicht gebannt, denn diese Teile haben das Potenzial, bei einem Zusammenstoß schweren Schaden anzurichten.
Nach Angaben der ESA beträgt die Masse des Weltraumschrotts 8.000 Tonnen.
Fortlaufend werden Strategien entwickelt, um störende Trümmer zu verfolgen und eines Tages aus dem Orbit zu entfernen. Erfahren Sie dazu mehr in dieser Podcast-Folge von „Technik aufs Ohr“: Unser Gast Enrico Stoll leitet seit Februar 2021 das Fachgebiet Raumfahrttechnik der TU Berlin. Zuvor arbeitete er als Postdoc am Space Systems Laboratory des Massachusetts Institute of Technology (MIT) sowie als Systemingenieur der Satellitenkonstellation zur Fernerkundung bei RapidEye/Blackbridge. Stolls Schwerpunktthemen sind Weltraummüll, Satellitentechnik und Exploration.
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Strategien, um Weltraumschrott zu beseitigen
Das U.S Strategic Command (eins der elf Unified Combatant Commands des US-amerikanischen Verteidigungsministeriums) verfügt aktuell über die gründlichste Aufzeichnung von Weltraumschrott. Die Informationen werden regelmäßig von über 30 bodengestützten Observatorien und einer Flotte von sechs Satelliten aktualisiert. Das U.S Strategic Command ist in der Lage, Objekte in einer hohen Umlaufbahn von nur einem Meter Durchmesser zu verfolgen. Doch was überrascht: Ihre Aufzeichnungen sind bei weitem nicht vollständig.
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75 % des entdeckten Weltraummülls sind unbekannte Objekte
Eine neue Untersuchung kommt zu einem verheerenden Ergebnis: 75 % des neu entdeckten Weltraummülls sind unbekannte Objekte. Für die Analyse haben die „University of Warwick“ und das „Defence Science and Technology Laboratory“ in Großbritannien zusammengearbeitet. Im Fokus standen Trümmer, die sich im sogenannten geosynchronen Raum rund 36.000 Kilometer über der Erde befinden. Die geosynchrone Umlaufbahn ist ein Satellitenorbit, bei dem die Umlaufzeit um die Erde mit der Rotationsdauer der Erde exakt übereinstimmt.
Die Forscher suchten nach kleinen oder nicht reflektierenden Trümmerstücken, die wenig Licht reflektieren und daher normalerweise unentdeckt bleiben. Vermessen wurde mit dem 2,54 Meter großen Isaac Newton-Teleskop auf der Insel La Palma vor der Küste Marokkos. Die Bilder wurden mit einer speziellen Software aufgenommen, mit der potenzielle Trümmer identifiziert und charakterisiert werden können.
Weltraummüll, der sich in der erdnahen Umlaufbahn bewegt, wird allmählich durch den Widerstand von Partikeln in der Atmosphäre unseres Planeten verlangsamt. Das führt dazu, dass der Weltraummüll die Umlaufbahn verlässt. In den höheren Lagen gibt es jedoch keinen Luftwiderstand, so dass in dieser Region verbleibende Trümmer wahrscheinlich für immer dort bleiben – dies kann im Laufe der Zeit zu einem ernsthaften Problem werden.
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Letztendlich kommen die Forscher zu diesem Ergebnis: 95 % der Trümmerstücke mit einer geschätzten Größe von einem Meter oder weniger stimmen nicht mit einem bekannten Objekt in der Datenbank des U.S Strategic Command überein. Bei der Berücksichtigung aller in Analysen entdeckten Objekte, einschließlich der Objekte über einem Meter, wurde festgestellt, dass mehr als 75 % des Weltraumschrotts unbekannt sind.
Nach ihrer Entdeckung fordern die Welraumforscher regelmäßigere Untersuchungen, um Bedrohungen im geosynchronen Orbit zu entdecken.
„Es ist wichtig, dass wir die geosynchrone Umlaufbahn nach Möglichkeit weiterhin mit großen Teleskopen beobachten, um ein umfassenderes Gefühl für die Trümmerumgebung zu entwickeln“, kommentiert James Blake, Hauptautor der Studie und Doktorand an der Universität of Warwick Department of Physics.
Auf der Seite der NASA gibt es zudem ein Video, das Weltraumschrott zeigt.
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