Grotte des Pigeons 06.11.2024, 12:00 Uhr

15.000 Jahre alte Kräuter enthüllen Geheimnisse der Steinzeitmedizin

Forschende entdeckten in Marokko 15.000 Jahre alte Kräuter und gewähren neue Einblicke in die medizinischen Praktiken der Steinzeit.

Ephedra

Scheinbar wussten bereits die Menschen in der Steinzeit von der heilenden und stimulierenden Wirkung von Ephedra. Darauf deuten 15.000 Jahre alte Funde des Heilkrauts in einer marokkanischen Höhle hin.

Foto: PantherMedia / ekina1

Die Entdeckung von 15.000 Jahre alten Kräutern in einer Höhle in Marokko gibt Einblicke in die Heilpraktiken der Steinzeit. Die Pflanze Ephedra, in einem Bestattungskontext gefunden, zeigt, wie frühere Gesellschaften Heilkräuter für therapeutische und symbolische Zwecke nutzten. Die archäologischen Funde offenbaren ein überraschend tiefes Wissen unserer Vorfahren über die Heilkraft von Pflanzen.

Die Grotte des Pigeons ermöglicht einen Blick in die Vergangenheit

Die Grotte des Pigeons, auch Grotte de Taforalt genannt, ist eine bedeutende Fundstätte aus prähistorischer Zeit. Sie gilt als ältester Friedhof Nordafrikas und ist reich an archäologischen Schätzen, darunter 34 Skelette der so genannten Iberomaurusier. Dieses Volk nutzte die Höhle nicht nur als Wohnstätte, sondern auch für komplexe Rituale und Bestattungsriten.

Das Iberomaurusien dauerte etwa von 17.000 bis 8.000 v. Chr. an. Der Name legt nahe, dass die Kultur außer in Nordafrika auch auf der Iberischen Halbinsel verbreitet war. Nach heutigem Kenntnisstand war dies jedoch nicht der Fall. Die Menschen in Iberomaurusien waren vor allem Jäger und Sammler.

Seit der Entdeckung der Höhle im Jahr 1908 haben Forscherinnen und Forscher immer wieder Artefakte und Hinweise auf das Alltagsleben und die Kultur dieser frühen Menschen gefunden. Der jüngste Fund – Spuren der Ephedra-Pflanze – bietet besondere Einblicke in die Verwendung von Heilpflanzen und deren symbolische Bedeutung.

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Die medizinische Bedeutung von Ephedra

Die Pflanze Ephedra ist eine Gattung von Sträuchern, die vor allem in trockenen Gebieten wächst und alkaloidhaltige Substanzen wie Ephedrin und Pseudoephedrin enthält. Diese Alkaloide sind für ihre stimulierenden und vasokonstriktiven Eigenschaften bekannt, was bedeutet, dass sie die Blutgefäße verengen. In der traditionellen Medizin wird Ephedra oft bei Atemwegsbeschwerden und zur Linderung von Fieber eingesetzt.

Die Forscher*innen fanden die Ephedra-Reste in Form verkohlter Zapfen in der Grotte des Pigeons, die durch ihre außergewöhnlich gute Erhaltung auffielen. Diese Art von Pflanzenfossilien ist aus dieser Zeitspanne selten, da organische Materialien normalerweise nicht über Jahrtausende bestehen bleiben. Die Radiokarbondatierung zeigt, dass die Ephedra-Pflanzen und die menschlichen Überreste aus der gleichen Zeit stammen. Dies deutet darauf hin, dass die Pflanze bei rituellen Praktiken eine Rolle spielte.

„Die Entdeckung zeigt, dass die Menschen bereits vor 15.000 Jahren ein umfassendes Verständnis für die Nutzung von Pflanzen hatten“, erklärt das Forschungsteam des Nationalen Instituts für Archäologie und Kulturerbe Marokkos. Sie haben ihre Entdeckung auf der Wissenschaftsplattform nature.com publiziert.

Ephedra als Heilkraut der Steinzeit

Aus den Funden schloss das Forschungsteam, dass die Iberomaurusier Ephedra gezielt wegen ihrer heilenden Wirkung eingesetzt haben könnten. Die pharmakologischen Eigenschaften der Pflanze lassen vermuten, dass sie zum Stillen von Blutungen, zur Förderung der Genesung und zur Behandlung von Erkältungen verwendet wurde. Diese Verwendung zeigt das medizinische Wissen dieser frühen Gesellschaften.

Es wird vermutet, dass die Pflanze in speziellen Fällen als gefäßverengendes Mittel eingesetzt wurde, z. B. zur Blutstillung bei Verletzungen oder Operationen. Ihre stimulierende Wirkung könnte den Menschen auch geholfen haben, sich in stressigen Situationen zu konzentrieren.

Die wissenschaftliche Bedeutung dieser Entdeckung wird durch den Fundort selbst untermauert. Ephedra taucht in anderen Höhlenbereichen nur selten auf, was darauf hindeutet, dass ihre Verwendung auf besondere Anlässe beschränkt war.

Heilpflanzen in der Bestattungszeremonie

Die Ephedra-Pflanze war offenbar nicht nur für medizinische Zwecke gedacht, sondern spielte auch eine rituelle Rolle. In der Grabstätte eines etwa 20-jährigen Mannes entdeckten die Archäolog*innen eine Vielzahl an symbolisch bedeutenden Gegenständen. Darunter befanden sich Tierknochen, Schmuck, Werkzeuge und Ephedra-Zapfen. Diese Anordnung legt nahe, dass diese Objekte bewusst als Teil der Bestattungsrituale genutzt wurden.

Ephedra wurde möglicherweise im Rahmen der Bestattungszeremonien verbrannt, was durch die verkohlten Reste in der Höhle unterstützt wird. Es ist denkbar, dass das Verbrennen der Pflanze mit spirituellen oder heilenden Absichten verbunden war und als „Opfergabe“ diente.

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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