48.000 Jahre alte Ockermine: Bereits in der Steinzeit gab es Bergbau
Neue Forschungen zeigen: Bereits vor 48.000 Jahren baute der Mensch gezielt Ocker ab. Ein Netz von Handelsbeziehungen verbreitete das Mineral über große Gebiete.
Archäologische Untersuchungen bestätigen, dass in Eswatini im südlichen Afrika bereits vor rund 48.000 Jahren gezielt Ocker abgebaut wurde. Damit gilt die „Lion Cavern“ als älteste bekannte Ockermine der Welt. Ocker, ein eisenhaltiges Pigment, wurde für rituelle Zeremonien und symbolische Kunst verwendet.
Ein internationales Forschungsteam, unter anderem von den Universitäten Tübingen und Köln, hat die Abbau- und Transportwege sowie die kulturelle Bedeutung des Minerals untersucht. Die Ergebnisse der aktuellen Studie deuten auf ein generationenübergreifendes Wissen und ein Netzwerk von Handelsbeziehungen hin, das sich bereits in der Steinzeit entwickelte.
Inhaltsverzeichnis
Die Bedeutung von Ocker in der Kulturgeschichte
Ocker, ein Erdmineral mit intensivem Rot-, Gelb- oder Violettton, gilt als eines der frühesten Pigmente, das von Menschen genutzt wurde. Seine Funde reichen von steinzeitlichen Höhlenmalereien bis hin zu rituellen Körperbemalungen indigener Völker. Heute wissen wir, dass die Menschheit dieses eisenhaltige Pigment bereits vor Jahrtausenden als Farbstoff verwendete und in symbolischer Kunst und kulturellen Zeremonien einsetzte.
„Man kann sagen, dass Ocker das früheste bekannte Pigment ist, das von Menschen verwendet wurde, um unsere Welt abzubilden“, betont Dr. Gregor D. Bader vom Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment der Universität Tübingen. „Unsere Spezies und andere Homininen verwenden das rote, gelbe oder auch violette Erdmineral seit mindestens 500.000 Jahren – wenn nicht sogar schon länger“, sagt Dr. Bader.
Lumineszenz-Datierung bringt Licht ins Dunkle
Wie bereits eingangs geschrieben, befindet sich in Estwani die „Lion Cavern“, die älteste bekannte Ockermine der Welt. Das Forschungsteam untersuchte diese prähistorische Mine und datierte sie auf rund 48.000 Jahre. Dabei bedienten sich die Forschenden der Optisch Stimulierten Lumineszenz-Datierung, um das Alter des Abbaus zu bestimmen. Die Methode erlaubt es, die Zeitspanne zu ermitteln, seitdem Mineralien wie Quarz oder Feldspat zuletzt dem Sonnenlicht ausgesetzt waren.
Dr. Svenja Riedesel vom Lumineszenzlabor der Universität zu Köln erklärt: „Mit Hilfe der Optisch Stimulierten Lumineszenz-Datierung konnten wir nachweisen, dass es sich um die ältesten bekannten Belege für intensiven Ockerabbau weltweit handelt.“
Zusätzlich nutzten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geochemische Analysen, um den „Fingerabdruck“ des Ockers zu bestimmen und dessen Herkunft zurückzuverfolgen. In dieser Analyse kommen moderne Techniken wie die Neutronenbestrahlung zum Einsatz, bei der die Elemente im Ocker aktiviert werden. Die dabei entstehende Radioaktivität liefert Informationen über die Herkunft und den Abbauprozess.
Analyse von 173 Ockerproben aus 15 Fundstellen
Die Analyse von 173 Ockerproben aus 15 Fundstellen in der Region ermöglichte es den Forschenden, die Techniken und das Wissen der steinzeitlichen Jäger und Sammler nachzuvollziehen. Die Menschen der damaligen Zeit besaßen ein hohes Maß an technischem Wissen, um das wertvolle Pigment abzubauen und weiterzuverarbeiten. Lokale Abbaustrategien und die Beimischung von Bindemitteln wie Tierfett, Pflanzenharzen oder Blut machten den Ocker haltbarer und verarbeitungsfähiger.
Der Abbau von Ocker in der Steinzeit erforderte komplexe Werkzeuge und Techniken. Die Menschen gruben tief in die Erde, um an das begehrte Material zu gelangen. Der Bergbauprozess hinterließ Spuren, die bis heute erhalten sind. Diese Funde belegen, dass Menschen bereits vor Jahrtausenden das Erscheinungsbild ihrer Umwelt veränderten und eine komplexe Materialverarbeitung betrieben.
Netzwerk aus Handelsbeziehungen
Die Verbreitung von Ocker beschränkte sich nicht nur auf Eswatini. Der Rohstoff wurde über große Entfernungen hinweg transportiert, was auf ein weitreichendes Netzwerk von Handelsbeziehungen hindeutet. Die Steinzeit-Menschen reisten teils weite Strecken, um an hochwertiges Ockerpigment zu gelangen. Diese Mobilität ermöglichte einen kulturellen Austausch und die Weitergabe von Wissen über Generationen hinweg.
„Unsere Daten untermauern die Annahme, dass Jäger und Sammler in der Steinzeit in Eswatini sehr mobil waren und für den Transport von Ockerpigmenten teils auch weite Strecken zurücklegten“, erklärt Dr. Bader.
Die Ergebnisse der Studie belegen, dass die Nutzung von Ocker eng mit sozialen Interaktionen, technologischem Lernen und kulturellen Traditionen verknüpft war. In Eswatini findet diese Praxis bis heute Anwendung: Heilerinnen und Heiler sammeln das Pigment für Heilzeremonien, und bei Hochzeitszeremonien wird Ocker als Symbol für den sozialen Status verwendet.
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