61 düstere Omen auf babylonischen Tafeln entziffert
4000 Jahre alte Tafeln enthüllen uralte Mondfinsternis-Omen und geben Einblicke in die astronomischen Praktiken der Babylonier.
Vor mehr als 100 Jahren entdeckten Archäologen im heutigen Irak mehrere antike Tontafeln, die für die Wissenschaft und Geschichtsforschung von besonderer Bedeutung sind. Die ca. 4000 Jahre alten Tafeln, die im Britischen Museum in London aufbewahrt werden, stammen aus dem alten Babylonien und enthalten Vorhersagen zu Himmelsereignissen wie Mondfinsternissen.
Inhaltsverzeichnis
Erst kürzlich ist es den Archäologen Andrew George und Junko Taniguchi gelungen, die Tafeln vollständig zu entziffern. Das Ergebnis ist faszinierend und beunruhigend zugleich: Insgesamt 61 düstere Omen auf vier Tafeln geben Einblick in das komplexe astrologische Weltbild der Babylonier.
Mondfinsternisse als Vorboten des Unheils
Die babylonischen Astronomen beobachteten den Nachthimmel genau. Sie glaubten, dass Mond und Sterne von göttlichen Mächten gelenkt werden und ihre Bewegungen Hinweise auf kommende Ereignisse geben. Vor allem Mondfinsternisse galten als Zeichen des Unheils.
Eine der entschlüsselten Omen lautet: „Wenn der Mond ganz in den Erdschatten eintaucht, wird ein König sterben“. Eine solche Prophezeiung zeigt, wie ernst die Babylonier die Zeichen des Himmels nahmen. Die Beobachtung und Deutung dieser Himmelserscheinungen war keine einfache Aufgabe, sondern Teil eines ausgeklügelten Systems, das das Wohl des Königs und des Reiches sichern sollte.
Die Rolle der Astronomie in der Gesellschaft Babylons
Im alten Babylonien spielte die Astronomie (oder auch Astrologie) eine zentrale Rolle. Die Berater des Königs hatten die Aufgabe, den Himmel zu beobachten und aus den Bewegungen von Mond, Sonne und Sternen die Zukunft zu deuten. Bei schlechten Vorzeichen, wie einer Mondfinsternis, wurden oft Rituale durchgeführt, um die bösen Geister zu vertreiben.
Manchmal wurden sogar Tieropfer dargebracht, um die Götter zu besänftigen und das Schicksal abzuwenden. Die Prophezeiungen der babylonischen Tafeln zeigen, wie ernst die Berater des Königs ihre Aufgabe nahmen und wie sehr das Schicksal des Reiches in ihren Händen lag.
Komplexe Systeme zur Vorhersage von Ereignissen
Die entschlüsselten Tontafeln zeigen, dass die Babylonier ein detailliertes System entwickelt hatten, um die Omen zu klassifizieren. So ordneten sie Mondfinsternisse nach der Tageszeit, dem Tag, dem Monat und der Dauer des Ereignisses.
Ein Beispiel aus den Tafeln besagt: „Eine Sonnenfinsternis in der Morgenwache bedeutet das Ende einer Dynastie“, während „eine Sonnenfinsternis in der Abendwache Pestilenz bedeutet.“ Diese Differenzierung zeigt, wie strukturiert die Babylonier ihre astrologischen Beobachtungen interpretierten und wie spezifisch ihre Prophezeiungen waren.
Verborgene Botschaften der Götter
Für die Babylonier waren Himmelsereignisse mehr als bloße Naturphänomene. Sie betrachteten sie als verschlüsselte Botschaften der Götter, die Hinweise auf das Schicksal der Menschen und das Wohl des Staates gaben. Die jüngst entschlüsselten Tafeln zeigen, dass viele dieser Omen konkrete Vorhersagen über politische Umwälzungen, Naturkatastrophen und soziale Unruhen enthielten. So prophezeite ein Omen etwa den Aufstieg eines Königs durch eine Revolte, ein anderes sah den Zusammenbruch ganzer Städte voraus.
Obwohl viele der Omen auf mythologischen Vorstellungen basierten, ist es wahrscheinlich, dass babylonische Astrologen auch auf empirische Beobachtungen zurückgriffen. Die Prophezeiungen könnten teils auf Erfahrungen aus der Vergangenheit basieren, teils aber auch auf theoretischen Überlegungen. Die antiken Astronomen kombinierten ihre Kenntnisse über Himmelsbewegungen mit Überlieferungen und mündlichen Berichten, um ein komplexes System der Vorzeicheninterpretation zu schaffen.
Alte Schriftarten nur schwierig zu entziffern
Alte Schriftarten wie die sumerische Keilschrift bei den babylonischen Tonplatten in diesem Fall und die ägyptischen Hieroglyphen bereiten Archäologen bei ihren Entdeckungen immer wieder große Herausforderungen. Es bedurfte jahrzehntelanger Forschung, um diese Jahrtausende alten Zeichen zu entschlüsseln. Im Gegensatz dazu gibt es jedoch einige Schriftsysteme, wie die kretischen Hieroglyphen oder die Symbole der chinesischen Kulturen am „Gelben Fluss“, die bis heute nicht entziffert werden konnten.
Wie eingangs bereits geschrieben, wurden die Tontafeln, die zwischen 1892 und 1914 in die Sammlung des Britischen Museums gelangten, erst kürzlich übersetzt. Untersuchungen legen nahe, dass sie vermutlich aus der antiken Stadt Sippar im heutigen Irak stammen, die einst Teil des Babylonischen Reiches war. Als diese Tafeln zu Beginn des 2. Jahrtausends v. Chr. verfasst wurden, befand sich das Babylonische Reich in einer Blütezeit. Die Babylonier folgten auf die Sumerer und Akkadier, die bereits die Keilschrift entwickelt und verwendet hatten.
Die Studie wurde im Journal of Cuneiform Studies veröffentlicht.
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