Absorbiert kinetische Energie: Graphen fängt Kugeln ab
Einmal mehr macht Graphen als Wundermaterial von sich reden: Jetzt soll das superleichte Material aus einlagig angeordneten Kohlenstoff-Atomen auch noch Kugeln abfangen. Könnten Polizei und Soldaten künftig also ultraleichte schusssichere Schutzanzüge tragen? Wissenschaftler der Universität von Massachusetts-Amherst haben herausgefunden, dass Graphen Projektile erheblich besser abfängt als Kevlar-Kunstfasern oder Stahl.
Das Team um den Wissenschaftler Jae-Hwang Lee von der Universität von Massachusetts hat ballistische Tests in Miniaturformat entwickelt und durchgeführt, um die Kugelabfangenden Eigenschaften von Graphen zu untersuchen. Das Team nutzte einen Pulslaser, um Goldfasern zu verdampfen, die dadurch wie Schießpulver wirkten. Mikroskopisch kleine Kugeln wurden mit einer Geschwindigkeit von etwa 3000 Metern pro Sekunde auf 10 bis 100 Nanometer dicke Schichten aus übereinander gelegten Graphen-Lagen katapultiert. Das entspricht laut einem Bericht von Engadget etwa der dreifachen Mündungsgeschwindigkeit eines Projektils aus einem M16-Gewehr.
Zweimal besser als Kevlar und zehnmal besser als Stahl
Unter dem Elektronenmikroskop konnten die Forscher beobachten, wie die Graphen-Schichten die kinetische Energie beim Aufprall eines Teilchens absorbierten: Das Material dehnte sich kegelförmig aus, bevor es von der Stelle des Aufschlags aus radial nach außen zerriss. Auf der Basis ihrer Ergebnisse konnten die Wissenschaftler hochrechnen, dass Graphen dem Aufprall einer Kugel acht- bis zehnmal stärker widersteht als Stahl und doppelt so stark ist wie die Kunstfasern, die unter dem Markennamen Kevlar üblicherweise in beschusshemmenden Westen eingesetzt werden.
Jae-Hwang Lee und sein Team gehen davon aus, dass man Graphen mit anderen Stoffen kombinieren könnte, um das Zersplittern des Materials zu verhindern oder einzudämmen. Problematisch dürfte jedoch vor allem sein, dass Graphen schwer zu bekommen und die Herstellung vergleichsweise teuer ist.
Diverse Anwendungsbereiche
Graphen besteht aus nur einer Lage honigwabenförmig angeordneter Kohlenstoff-Atome. Graphenfolien oder -platten sind stabil, transparent, flexibel, leitfähig und natürlich superleicht. Aufgrund der Kombination seiner Eigenschaften gilt das zweidimensionale Material als Werkstoff, der die Technikwelt revolutionieren könnte. Die potenziellen Anwendungsbereiche sind vielseitig und reichen vom Einsatz in Displays und Touchscreens über Solarzellen und Batterien bis hin zu Sensoren und Leichtbau.
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