Antiker Stacheldraht: Wie die Römer ihre Silberminen vor Angreifern schützten
In Bad Ems wurden römische Militäranlagen gefunden und restauriert. Dabei wurden scharfe Holzpfähle aus einem Verteidigungsgraben geborgen und erstmals untersucht. Diese könnten als eine Art antiker „Stacheldraht“ angesehen werden.
Die tödlichen Holzfallen des römischen Militärs, die vor etwa fünf Jahren in Bad Ems entdeckt wurden, wurden im Leibniz-Zentrum für Archäologie (LEIZA) in Mainz restauriert.
Erstmals haben Forscher es geschafft, scharfe Holzpfähle aus einem römischen Verteidigungsgraben (1. Jh. n. Chr.) nahezu unbeschädigt zu bergen. Bisher war diese militärische Technik, eine potenziell tödliche Falle für Angreifer, lediglich aus schriftlichen Quellen bekannt. Jetzt konnten solche Pfähle erstmals archäologisch ausgegraben und in den spezialisierten Restaurierungslabors des Leibniz-Zentrums für Archäologie (LEIZA) untersucht werden.
Angespitzte Holzpfähle gefunden
Der Archäologe Prof. Dr. Markus Scholz von der Goethe-Universität Frankfurt am Main erklärte, dass im inneren Spitzgraben des Kleinkastells angespitzte Holzpfähle in einem Verteidigungssystem gefunden wurden. Er betonte, dass die Funde in ihrem ursprünglichen funktionalen Konstruktionskontext erhalten geblieben sind. Die außergewöhnlich gute Erhaltung der Holzobjekte sowie die sehr gut erhaltenen und geborgenen Stoffreste aus dieser Zeit seien vor allem der dauerhaften Staunässe zu verdanken. Zudem erwähnte er, dass solche Annäherungshindernisse bereits von antiken Autoren wie Caesar beschrieben wurden, jedoch sei dies der erste archäologische Nachweis solcher „pila fossata“ im gesamten Römischen Reich.
Diese Wehrtechnik war vor diesem archäologischen Fund nur durch schriftliche Quellen bekannt. In einem der antiken Militärlager, das rund 2.000 Jahre alt ist, entdeckten sie angespitzte Holzpfähle, die von den Römern als Hindernisse in ihre Verteidigungsgräben getrieben worden waren. Die Spitzen dieser Pfähle ragten vom Boden nach oben und bildeten somit eine tödliche Falle für potenzielle Angreifer.
Im Jahr 2019 wurden die 23 Holzfunde für einen Zeitraum von 2,5 Jahren den spezialisierten Labors des LEIZA zur Konservierung und Restaurierung übergeben. „Diese ungewöhnlich gut erhaltenen archäologischen Funde verdanken wir vor allem dem sauerstoffarmen Feuchtboden, der von dichten Sedimentschichten bedeckt war. In meiner 35-jährigen Berufstätigkeit hatte ich es noch nie mit so festaufsitzenden Sedimentauflagen zu tun, “ erklärt Markus Wittköpper, Experte für Nassholzkonservierung im LEIZA.
Ein römisches Lager unter dem Getreidefeld
Das Lahntal spielte in der spätrepublikanischen und augusteischen Zeit eine bedeutende Rolle als Verbindung zwischen dem Rhein und der Germania. Die Entdeckung eines römischen Militärlagers aus der claudischen Zeit bei Bad Ems im Jahr 2016/17 kam überraschend und wirft ein neues Licht auf eine alte Überlieferung sowie auf ein bereits bekanntes römisches Denkmal in der Nähe des „Blöskopfs“.
Wie von der Stuttgarter Zeitung berichtet wurde, bemerkte ein Jäger zunächst von seinem Hochsitz in der Nähe von Bad Ems Farbunterschiede in einem Getreidefeld. Eine Überprüfung des Gebiets durch ein Drohnenfoto bestätigte, dass der Acker nicht durch Traktorspuren durchzogen war. Durch eine geomagnetische Untersuchung vermuteten die Forschenden, dass unter dem Feld bei Bad Ems ein römisches Lager liegt.
Die Generaldirektorin des LEIZA, Univ.-Prof. Dr. Alexandra W. Busch, betonte, dass die auf den ersten Blick unscheinbaren Holzpfähle aus den Militärlagern bei Bad Ems für die Archäologie eine kleine Sensation darstellen. Als Spezialistin für das römische Militär freue sie sich besonders darüber.
Silbermine vor möglichen Angriffen der Germanen schützen
Die Auswertungen der Funde konnten im Jahr 2023 abgeschlossen werden. Es wird angenommen, dass die Errichtung der Lager im Zusammenhang mit der Suche nach Silbervorkommen unter der Leitung des römischen Statthalters Curtius Rufus stand, wie von dem römischen Historiker Tacitus überliefert wurde. Das größere der beiden Lager erstreckte sich über eine Fläche von etwa 8 Hektar und bot Platz für 3000 Mann. Es war durch Spitzgräben, einen Erdwall und hölzerne Türme befestigt.
Offenbar versuchten die Römer um das Jahr 50 nach Christus herum, eine Silbermine vor möglichen Angriffen der Germanen zu schützen, indem sie aufwendige Befestigungen errichteten. Die Effektivität einer solchen Einrichtung könnte mit der modernen Version von Stacheldraht verglichen werden.
Bisher wurde das Gebiet im Wald auf dem „Blöskopf“ aufgrund seiner Lage oberhalb der Silberbergwerke von Bad Ems und seiner Nähe zu historischen Abbauspuren (Pingenfelder) seit dem 19. Jahrhundert als römisches Hüttenwerk angesehen. Aufgrund seiner Nähe zum Limes wurde es auf das 2. bis 3. Jahrhundert datiert. Nach den Prospektionen und Ausgrabungen zwischen 2018 und 2019 fanden die Forscher heraus, dass es sich tatsächlich um ein etwa 0,1 Hektar großes Kleinkastell handelt, das offenbar um das Jahr 50 n. Chr. errichtet wurde und vermutlich der Kontrolle eines römischen Bergbaureviers diente. Im Inneren dieses Kleinkastells befindet sich einer der zweitältesten Steinbauten rechts des Rheins, der als zentraler Wehrbau in der Anlage identifiziert wurde.
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