Aus Hautzellen menschlichen Embryo geklont
Forscher aus Oregon haben aus Hautzellen einen menschlichen Embryo geklont. Ziel der Experimente ist nicht der geklonte Mensch, sondern Hilfe für Patienten, die an Parkinson, Alzheimer oder Multipler Sklerose leiden. Trotzdem wallt die ethische Debatte um das Klonen wieder mit alter Wucht auf.
Mit Hautzellen also haben Wissenschaftler die Büchse der Pandora geöffnet und erstmals menschliche Embryonen geklont. Besonders brisant: Diese aus Hautzellen gewonnenen menschlichen Embryonen wären lebensfähig gewesen, wenn die Forscher das Experiment nicht nach sieben Tagen abgebrochen hätten. Zu diesem Zeitpunkt bestanden die Embryonen aus 150 Zellen.
Menschlicher Embryo aus Hautzellen
Ausgangspunkt der Experimente waren normale Hautzellen von Erwachsenen, deren Zellkerne in weibliche Eizellen verpflanzt wurden. Diese Methode, so hoffen die Forscher, könnte in Zukunft frisches Körpergewebe liefern, mit denen sich bislang unheilbare Krankheiten wie Parkinson sowie Verletzungen des Rückenmarks heilen lassen.
Stolz berichten die Forscher um Shoukhrat Mitalipov vom Oregon National Primate Research Center im Fachblatt Cell, dass ihnen bei jedem zweiten Versuch ein Kopiererfolg gelungen sei.
Das war bei dem ersten geklonten Lebewesen, dem Klonschaf Dolly noch ganz anders. Da gab es haufenweise Klonmüll, also unbrauchbare Zellkulturen, bis Dolly dann endlich blökte wie ein normales Schaf. Klonpionier Ian Wilson präsentierte Dolly im Februar 1997, entstanden aus der Zelle eines erwachsenen Tieres. Dolly, das weiß man heute auch, hatte kein gutes Leben. Dolly alterte schneller als normale Schafe und starb auch zu früh.
Eingeschläfert wurde das Klonschaf Dolly im Februar 2003 wegen einer schweren Lungenkrankheit, der Lungenandenomotatose. Zu diesem Zeitpunkt zeigte Dolly schon Alterserscheinungen wie Arthritis. Und das mit sechs Jahren. Normal gezeugte Schafe haben eine Lebenserwartung von zehn bis zwölf, maximal sogar von bis zu 20 Jahren.
2004 erregte der südkoreanische Stammzellenforscher Woo-Suk Hwang großes Aufsehen. Denn der alerte Forscher behauptete schon damals, menschliche Embryonen geklont zu haben. Doch die kühne Behauptung des Koreaners stellte sich als großer Schwindel heraus. Alles an den Experimenten war frei erfunden, alle Veröffentlichungen waren gefälscht. Beim Forscherteam aus Oregon sieht das anders aus. Und das stimmt um so nachdenklicher.
Uhr des Lebens zurück gedreht
Denn Zellbiologe Shoukhrat Mitalipov und sein Team haben an der Uhr des Lebens gedreht. Die Entwicklung eines Menschenlebens mit all seinen Eigenschaften und seinen spezialisierten Körperzellen ist nun offenbar kein Einbahnstraßen-Trip mehr. Es ist wiederholbar. „Man kann das überhaupt nicht ausschließen, die große Hürde ist überwunden“, sagt Stammzellenexperte Hans Schöler vom Münsteraner Max-Planck-Institut für molekulare Biomedizin.
Rudolf Jaenisch vom Whitehead Institut in Boston ist da sehr viel skeptischer. Für ihn stellt sich die Frage der Genauigkeit, der wirklich vollkommenen Rückübertragung in eine Stammzelle ohne behindernden Rest. „Sind sie auch gesund?“ fragt Jaenisch und glaubt, hinter den Experimenten aus Oregon ein fatales Motiv gefunden zu haben: „Es hat nie funktioniert, und man wollte unbedingt verstehen, warum.“
Bereits 2007 meldete das Forscherteam um Mitalipov einen Klonerfolg, der in Richtung Mensch zielte: Damals schufen die Wissenschaftler den ersten geklonten Rhesusaffen. Nun also der Mensch als geklonter Stammzellenlieferant für die Medizin.
Klontechnik erstmals bei Fröschen erfolgreich
Das Ganze begann Anfang der 1960er Jahre mit einem sehr bizarr anmutenden Experiment an Fröschen. Der britische Zellbiologe John Gurdon verschob den Kern von Darmzellen mitsamt deren Erbmolekülen in Froscheier, deren eigenen Zellkern er zuvor entfernt hatte. Das Resultat war spektakulär: Die Erbanlangen im transplantierten Zellkern verloren ihre Spezialisierung auf die Darmfunktion. Es wurden jene Gene aktiv, die für die normale geordnete Entwicklung eines Embryos zuständig sind. Das übertragene Erbgut befand sich im Funktionsmodus eines Embryos. Aus den Froscheiern John Gurdons mit dem Darmzellkern wuchsen Kaulquappen heran, aus denen Frösche metamorphisierten. Die Klontechnik war geboren.
Ethik-Debatte entbrannt
Nun beginnt mit dem Klonerfolg aus Oregon hierzulande erneut eine erbitterte ethische Debatte. Christiane Woopen, Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, sieht dringenden Handlungsbedarf und möchte das Embryonenschutzgesetz überarbeitet und präzisiert wissen. Sie fordert beispielsweise Klarheit darüber, ob einem geklonten Embryo dieselben Wertungen und Schutzpflichten zukämen, wie einem normalen. Ulrike Flach, Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium wägt eher ab. Sie möchte den strikten Embryonenschutz lockern – „falls das Forschungsklonen tatsächlich zu einem Durchbruch führt“. Im Sinne einer „Ethik des Heilens“, sieht die FDP-Frau sogar „eine Pflicht“, das Embryonenschutzgesetz in der nächsten Legislaturperiode zugunsten der Patienten zu reformieren.
Die Debatte zielt tief in die Mitte der Gesellschaft. Es ist nicht mehr so, dass die Anhänger eines strikten Embryonenschutzes eine breite Koalition aus Parteien und Kirchen, Behindertenverbänden, Ärzteschaft und Frauenbewegung hinter sich haben. „Die Bioethik-Debatte ist viel pragmatischer geworden“, weiß der stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Ethikrates, Wolf-Michael Catenhusen. Über Jahre prägten die Anmaßungen aus der Nazizeit, in der es gewollt war, Menschen nach Maß zu züchten und unwertes Leben zu eliminieren, die Genetik-Debatte in Deutschland nachhaltig. Die neue Politikergeneration aber schaut lieber nach vorne, orientiert sich mehr an der Gegenwart und den Erfahrungen der europäischen Nachbarn mit den Biotechniken.
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