Recyclingtechnik 30.10.2013, 07:29 Uhr

Blitze lassen Beton zerbröseln

Aus Kernkraftwerken werden Pufferspeicher für Wind- und Solarstrom. Mit einer neuen Recyclingtechnik und einem ungewöhnlichen Kraftwerkskonzept soll diese Idee umgesetzt werden.

Betonfragmentierungsanlage: Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik hat ein Verfahren entwickelt, mit dem Beton in seine Bestandteile zerlegt wird.

Betonfragmentierungsanlage: Das Fraunhofer-Institut für Bauphysik hat ein Verfahren entwickelt, mit dem Beton in seine Bestandteile zerlegt wird.

Foto: Fraunhofer IBP

Auf dem Gelände heutiger Kernkraftwerke sollen Speicher gebaut werden, die überschüssigen Wind- und Solarstrom aufnehmen, um ihn bei Bedarf wieder ins Netz einzuspeisen. Das ist der Plan des in Deutschland aktiven amerikanischen Unternehmens Gravity Power und des Fraunhofer-Instituts für Bauphysik (IBP) in München. Sie haben gerade eine strategische Partnerschaft vereinbart, um dieses Ziel zu erreichen. „Das Gelände alter Kraftwerke könnte dank des dort verfügbaren Platzes und der bereits vorhandenen Netzanschlüsse sehr gut als Standort dringend benötigter Speicher für erneuerbare Energien genutzt werden“, sagt Horatio von John, Geschäftsführer der Gravity Power in Deutschland. 2022 soll das letzte deutsche Kernkraftwerk abgeschaltet werden.

Das Vorhaben ist äußerst ambitioniert. Auf dem jeweiligen Kraftwerksgelände soll ein gewaltiger Schacht ausgehoben werden. Der Durchmesser beträgt 80 Meter. Er erreicht eine Tiefe von 600 bis 800 Meter. Ausgekleidet wird er mit Beton. Hier kommt das IBP ins Spiel. Es hat ein Verfahren entwickelt, mit dem Beton in seine Bestandteile zerlegt wird, also in Kies, Sand und Zement. Das geschieht in einer Kammer, in die energiereiche Blitze fahren. Sekundenschnell zerlegen diese die Betonklumpen. Elektrodynamische Fragmentierung nennt sich diese Technik. Aus den so wiedergewonnenen Werkstoffen lässt sich neuer Beton anrühren. Das IBP hat das Verfahren in zwei Versuchsanlagen optimiert.

Bis zu 500 000 Tonnen Beton pro Kraftwerk

Die Klumpen liefern die Betonhülle und die Fundamente der Kernkraftwerke. In jedem stecken bis zu 500 000 Tonnen, die nach bisheriger Planung deponiert werden sollen.

Der Schacht soll zur Hälfte mit einem gewaltigen, dicht schließenden Kolben ausgefüllt werden. Unter ihm wird Wasser eingepresst. Die dazu nötigen Pumpen werden mit Wind- und Solarstrom betrieben, den gerade niemand haben will. Sie arbeiten so lange, bis der obere Rand des Kolbens die Erdoberfläche erreicht hat. Wenn Strommangel herrscht wird das Rohr geöffnet, das in den unteren Schachtbereich führt. Mit Wucht schießt das Wasser heraus. Es wird in einen Turbogenerator gelenkt, der Strom erzeugt.

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Um eine hohe Leistung zu erreichen muss der Kolben sehr schwer sein. Als Last dienen der Rest des recycelten Betons und Felsgestein, das beim Bau des Schachts ausgehoben wurde. Das Gewicht beträgt deutlich mehr als eine Million Tonnen. Ein solcher Energiespeicher könnte acht Stunden lang eine Leistung von 300 Megawatt zur Verfügung stellen.

Was vom Aushub übrig bleibt könnte unbedenklich deponiert oder zur landschaftsgärtnerischen Gestaltung des Kraftwerksgeländes genutzt werden.

 

Ein Beitrag von:

  • Martina Kefer

    Diplom-Medienpädagogin und Ausbildung zur Journalistin beim Bonner General-Anzeiger

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