Bühne frei für große Technik
Der Ort, an dem Visionen fassbar und sinnlich erlebbar werden – das Theater – ist auch ein Ort des Handwerks und der Technik. Mit der Ausstellung „Raum-Maschine Theater – Szene und Architektur“ beschließt das Museum für Angewandte Kunst Köln (MAKK) sein Jahr der Architektur. Die Ausstellung wirft einen Blick auf jene Architektur, die sich keinem realen Bau, sondern dem Visionären verschrieben hat.
„Raum-Maschine Theater“ – Der Titel dieser Schau geht zurück auf den Architekten und Bauhausgründer Walter Gropius (1883–1969), der den Begriff der „Raummaschine“ prägte. Denn er stellte sich in seinem Entwurf für Erwin Piscators (1893–1966) das Theater als eine „an Wirkungsmöglichkeiten unerschöpflich große Raummaschine“ vor.
Sein Totaltheater gehörte zu den utopischen Entwürfen der Architektur des neuen Theaters: „Eine großartige Demonstration dessen, was unser Zeitalter an neuen Konstruktionen und Materialien hervorgebracht hat, aus Eisen, Glas, Beton, Metall, geordnet nach den Gesetzen der Proportion, des Rhythmus, der Farbe und der Struktur der Materialien.“ (Gropius)
„Raum-Maschine-Theater“: MAKK kooperiert mit TWS
Das MAKK kooperiert zum ersten Mal mit der theaterwissenschaftlichen Sammlung der Universität zu Köln (TWS). Ihr Leiter, Peter W. Marx, betont: „Mit der Ausstellungskooperation zeigt die TWS wieder Präsenz inmitten des kulturellen Lebens der Stadt und gibt einen Einblick in ihre Bestände und ihre Forschungsarbeit.“
„Dabei könnte die Verbindung der beiden Institutionen kaum treffender sein“, so Marx, der auch Professor am Institut für Medienkultur und Theater der Universität zu Köln ist, „denn Theater ist im besten Sinne, Angewandte Kunst’“. Dies belegen die Exponate, zu denen Bühnenbildmodelle, Grafiken, Fotografien und Entwürfe gehören.
Bei der Frage, welche Rolle Architekten bei der Entwicklung neuer Theaterformen spielen, sei nicht der Theaterbau an sich, sondern die Konzeption der Bühne von Interesse. Ihre Entwicklungen von Raumkonzepten mithilfe gestalterischer und technischer Neuerungen nehmen Einfluss auf die jeweilige Inszenierung.
Das Schaffen von Bühnenbildern rege die Fantasie des Architekten an. Seine Theaterarbeit eröffnet den Eintritt in ein Idealreich, weil es sich beim Theater nicht um wirkliche Raumschöpfung handelt, sondern um ein Raumphantom, dessen perspektivische Wirkung und dessen praktischer Einfluss ständig abgewogen werden müssen.
Um diesen theatralisch wirksamen szenischen Raum zu schaffen, bedarf es eines geeigneten technischen Raums, dessen größte Tugenden Unsichtbarkeit und Geräuschlosigkeit sind. Maler, Beleuchter, Bühnenmeister und Tontechniker halten eine hochsensible und komplexe Maschine am Laufen, von deren Existenz der Zuschauer nur dann etwas mitbekommt, wenn sie stottert und stolpert.
Désiré Hibons Kupferstich aus dem Jahre 1880 verdeutlicht die wahren Größenverhältnisse: Auf dem Längsschnitt durch die Opéra Garnier in Paris nimmt sich der eigentliche Bühnenraum neben dem riesigen Hochhaus mit der Technik und Maschinerie winzig aus.
Im 17. Jh. kamen wandelbare Kulissen auf: Seitliche Kulissenelemente auf Rahmen konnten über Schienen im Unterboden bewegt und damit ausgetauscht werden. Durch die Wandelbarkeit der Kulissen und des Prospekts waren die grundlegenden Voraussetzungen für die Veränderung des Szenenbilds in Entsprechung zum Bühnenstück, aber auch während der jeweiligen Aufführungen geschaffen.
Neue technische Möglichkeiten verändern Bühnenstücke und szenische Darstellungen
Analog zu neuen technischen Möglichkeiten zeichnete sich auch eine Veränderung der Bühnenstücke und der szenischen Darstellungen ab. Die sogenannte Maschinenbühne mit einem Bühnenwagen in der Unterbühne, der durch ein System aus Seilen und Flaschenzügen den zentralen Bewegungsapparat bildete, ermöglichte vor allem einen rascheren Bildwechsel zwischen den Szenen sowie den gleichzeitigen Einsatz weiterer Maschinerien.
Nicola Sabbattini beschrieb 1638 die ständige Metamorphose der Bühne mit schnellen Szenenwechseln, Einstürzen, Bränden: „Alles gleitet, schwebt, dreht sich und kreist, steigt oder sinkt. Es gibt schlechterdings keine Dekoration und kein Requisit, das die Gewähr leistet, dass es nicht im nächsten Augenblick seinen Ort verlässt oder seine Gestalt verwandelt.“
Anfang des 20. Jh. wurde anstelle der Darstellung von Räumlichkeit durch perspektivische Mittel nach Raumkonzepten verlangt. Das gemalte, realistisch anmutende Bühnenbild wurde durch räumliche Bühnenaufbauten ersetzt. Durch das Zusammenspiel von Musik, Bewegung der Schauspieler im Raum und Raumsuggestion durch Lichtgestaltung wurde die Bühne zum selbstständigen Raum, ohne den Handlungsort nachzubilden.
„Raum-Maschine-Theater“: Acht Räume beleuchten Theatergebäude sowie Maschinerie
Die Kölner Ausstellung nimmt den Besucher mit auf einen Rundgang, der in acht Räume gegliedert ist. In diesen werden das Theatergebäude selbst sowie die Maschinerie und Bühnenbereiche beleuchtet, aber auch Visionen, Utopien und Traumwelten.
Am Ende kehrt die Ausstellung zu ihrem Ausgangspunkt im wörtlichen Sinne zurück, nämlich in die Kölner Theatersituation. Peter W. Marx: „Mit einem Doppelkabinett wird sowohl an den Sehnsuchtsort der alten Kölner Oper am Habsburger Ring erinnert als auch ein Blick auf den Sehnsuchtsort des Riphahn-Theater-Ensembles geworfen, das – hinter einem Bauzaun verborgen – einer neuen Zukunft entgegensieht. Damit wird die Ausstellung am Ende selbst zu einer Bühne, um den Sehnsüchten der Kölner nach ihrem Theater einen Platz zu geben.“
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