Das achte Weltwunder feiert runden Geburtstag
Happy Birthday, Panamakanal zum 100. Geburtstag. Fünf Prozent des globalen Welthandels werden über diese ingenieurstechnische Meisterleistung inzwischen abgewickelt. Anfang 2016 soll die altehrwürdige Wasserstraße zwischen Atlantik und Pazifik für die richtig großen Schiffe fertig ausgebaut sein.
Mit der Durchfahrt der „SS Ancon“ vor genau 100 Jahren, am 15. August 1914, wurde ein wirklich Jahrhunderte alter Menschheitstraum Wirklichkeit: Eine mit dem Schiff passierbare Wasserstraße zwischen dem Atlantik und dem Pazifik. Mit einem Schlag war es durch diesen 82 Kilometer langen Panamakanal möglich, rund 15.000 Kilometer bei der Umrundung des Kap Horns einzusparen. Nur zehn Stunden dauerte die Passage, eine Sensation. Zehn Tage Zeitgewinn! Bis heute haben mehr als eine Million Schiffe diese Möglichkeit genutzt.
Auch Alexander von Humboldt träumte von einem Kanal über den Isthmus
Schon der spanische Kaiser Karl V. ließ im 16. Jahrhundert Baupläne für eine Wasserstraße zwischen Atlantik und Pazifik entwerfen. Auch der große deutsche Forscher Alexander von Humboldt träumte von einem Kanal über den Isthmus. Aber es dauerte: Am 1. Januar 1881 begann der französische Nationalheld und erfolgreiche Erbauer des Suezkanals, Ferdinand de Lesseps, mit dem gewaltigen Bauprojekt in Mittelamerika. Und er scheiterte krachend: 22.000 Arbeiter rafften Gelbfieber und Malaria nieder, die aufwändigen Arbeiten unter schwierigsten geologischen Verhältnissen trieb die Kanal-Betreibergesellschaft in den Konkurs. 287 Millionen US-Dollar hatte de Lesseps am Ende verbrannt.
Nach de Lesseps kamen die USA ins Spiel
Die USA übernahmen von den Franzosen die Konzession für den Bau und zettelten in Panama, was damals noch zu Kolumbien gehörte, eine Revolution an. Das Ziel: Dort eine Regierung zu installieren, die Washington zugeneigt war. Das gelang: 1903 spaltete sich die Region von Kolumbien ab und deklarierte als eigener Staat Panama ihre Unabhängigkeit. Die USA unter ihrem Präsidenten Theodore Roosevelt sicherte die Kontrolle über die Kanalzone per Vertrag zu.
1904 begannen die Amerikaner mit den Bauarbeiten. 180 Millionen Kubikmeter Erdreich wurden ausgehoben, drei Schleusen wurden errichtet und mit dem Gatùn-See durch die Aufstauung des Rio Chagres der damals größte künstliche See der Welt geschaffen. Ein ganzer Bergrücken wurde durchstochen und von 96 auf zwölf Meter abgetragen. Mindestens 35.000 Arbeiter aus der Karibik und 6000 US-Amerikaner waren zwischenzeitlich am Kanalbau beschäftigt, hinzu kamen noch Kontraktarbeiter aus Spanien und Nordeuropa.
Theodore Roosevelt persönlich besuchte die Baustelle am Kanal
375 Millionen Dollar kostete das zu diesem Zeitpunkt teuerste Bauprojekt der USA. Als Präsident Roosevelt während der Arbeiten die Baustelle am Kanal besuchte, brachte er seinen ganzen Stolz zum Ausdruck: „In Zukunft soll es ausreichen, über einen Mann zu sagen, er sei beim Bau des Panamakanals dabei gewesen, um seinen Anspruch auf Ehrenhaftigkeit zu unterstreichen“, sagte er. Dieser Stolz hält bis heute an: 1995 nahm der US-Ingenieurverband das gewaltige Bauwerk in seine Liste der Weltwunder der modernen Welt auf.
Fast ein ganzes Jahrhundert behielten die USA die Kontrolle über die Kanalzone. Am 31. Dezember 1999 übergaben die USA diese Kontrolle an Panama, seit diesem historischen Freitag ist der Kanal unveräußerliches Eigentum der Panamaer. Betrieben wird die Wasserstraße seitdem von der Panama Canal Authority.
Durchfahrt kostet je Frachtschiff bis zu 300.000 Euro
Je nach Größe und Ladung zahlt ein Frachtschiff für die Durchfahrt bis zu 300.000 Euro, Kreuzfahrtschiffe zahlen unter Umständen noch mehr. Neun Millionen Euro täglich nimmt Panama insgesamt aus der Kanalnutzung ein, der Panama-Kanal ist eine der bedeutendsten Einnahmequellen des mittelamerikanischen Landes. Für dieses viele Geld bekommen die Passagiere auf den Kreuzfahrtschiffen auf der Wasserstraße zwischen den Städten Colón an der Atlantikküste und dem Vorort von Panama-Stadt, Balboa, auch einiges geboten.
Bei Colón auf der Atlantikseite rangieren die riesigen Schiffe geleitet von Lotsen vorsichtig in die Gatùn-Schleuse. Dort werden sie zum auf 26 Metern über dem Meeresspiegel aufgestauten Gatùnsee gehoben. Weiter geht es in ausgebaggerten Rinnen durch den künstlichen Stausee und dann auf den Rio Chagres. Im Gaillard-Kanal, der engsten Stelle im gesamten Panamakanal, der auch Culebra Cut genannt wird, durchqueren die Passagiere einen Bergrücken. Über die beiden dicht aufeinanderfolgenden Schleusen Pedro-Miguel und Miraflores werden die Schiffe wieder zum Pazifik hinabgelassen.
Konkurrenz aus Nicaragua
Jetzt bekommt der altehrwürdige Panamakanal ernsthafte Konkurrenz. Vor wenigen Wochen erst hat Nicaragua die Route einer weiteren Verbindung zwischen Atlantik und Pazifik bekannt gegeben. Ende dieses Jahres soll mit dem Bau des 278 Kilometer langen Nicaraguakanal begonnen werden. Betreiber ist ein chinesisches Unternehmen.
Ausbau kostet mehr als fünf Milliarden Dollar
Seit 2007 sind an beiden Einfahrten in den Panamakanal Großbaustellen: Tausende Tonnen Gestein werden in die Luft gesprengt, Inseln werden abgetragen, Flussbetten ausgebaggert. 192.000 Tonnen Stahl und 4,5 Kubikmeter Zement werden verbaut. 14.000 Arbeiter und 18 Kräne sind simultan im Einsatz. 3,9 Milliarden Euro soll der Ausbau kosten.
Als nächstes sollen die Schleusentore installiert werden. Sie werden mit Selbstfahrlafetten in das Becken gefahren, dann aufgerichtet und in die Kammern gehoben. Gefertigt wurden diese Kolosse aus Stahl in Italien und mit Spezialschiffen über den Atlantik transportiert. Jedes Tor ist 57,6 Meter lang, im Durchschnitt 30 Meter hoch und zehn Meter dick. Allein die 16 Tore werden nach der Installierung 547 Millionen US-Dollar gekostet haben.
Demnächst für Frachter mit 12.000 Containern passierbar
Derzeit können nur Pötte mit maximal 4400 Container sicher in den Panamakanal geschleust werden. 2016, nach dem gewaltigen Ausbau der Schleusen an den Zugängen zum Kanal, können dann Frachter mit bis zu 12.000 Standardcontainern die Wasserstraße mit der langen Tradition nutzen. Oder um es mit Tiger und Bär im gleichnamigen Kinderbuch aus dem Jahre 1978 von Janosch zu sagen: „Oh wie schön ist Panama!“ Happy Birthday, Panamakanal. Auf die nächsten hundert Jahre.
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