Den Superfood-Fälschern auf der Spur
Exotische Nahrungsmittel wie die ballaststoffhaltigen Chia-Samen oder die vitaminreichen Goji-Beeren werden immer beliebter. Der großen Nachfrage steht jedoch ein überschaubares Angebot gegenüber. Das hat Betrüger auf den Plan gerufen. Karlsruher Forscher haben nun ein System entwickelt, um Fake-Superfood zu entlarven.
„Durch die Globalisierung gibt es für spezielle Heilpflanzen, die von Natur aus nur in einer einzigen Region vorkommen, heute einen weltweiten Markt“, erklärt Peter Nick vom Botanischen Institut des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Wenn infolge der schnell wechselnden Superfood-Trends die Nachfrage plötzlich und sprunghaft steige, könne sie mit den vorhandenen Kapazitäten oft nicht befriedigt werden. In der Folge blüht der Handel mit Plagiaten. „Vom chinesischen Raupenpilz, der in der traditionellen Medizin als kräftigend und aphrodisierend gilt, wird jedes Jahr die achtfache Menge der tatsächlichen Ernte exportiert“, so der Professor für Molekulare Zellbiologie.
Echtes Superfood, falsches Superfood – oder beides?
Bei sehr exotischen Pflanzen gibt es ein grundsätzliches Problem: Otto-Normalverbraucher weiß kaum, wie sie tatsächlich aussehen. Und auch Experten fällt es oft schwer, das Original eindeutig zu identifizieren. In vielen Fällen verfügen auch nur wenige Arten der betreffenden Pflanze oder Spezies über die hoch gelobten positiven Eigenschaften. Als typisches Beispiel nennt Nick den Bambus. Der Aufguss des Grases gilt unter anderem als reich an Mineralien und an Spurenelementen. Allerdings trifft das nur für Sud ganz bestimmter Bambusarten zu. Wie der Forscher erklärt, eignen sich von den 1400 Bambusarten nur die Blätter von dreien für die Zubereitung des begehrten Heißgetränks.
Wenn Superfoods Allergien statt Linderung bewirken
Nicht immer ist die Verwechslung harmlos. In einigen Fällen kann der Konsum der falschen Art zu gesundheitlichen Problemen führen. So wie im Fall des indischen Basilikums, auch Tulsi oder heiliges Basilikum genannt. Wie Nick erörtert, kann der richtige Tulsi bei Atembeschwerden oder Bronchitis Abhilfe schaffen. „Andere Arten“, so warnt der Wissenschaftler, „können allergische Reaktionen auslösen“.
Schlüssel-Schloss-Prinzip mit Genschere entlarven Fakes
Immerhin werden laut KIT pflanzliche Produkte bei Einfuhrkontrollen auf die Richtigkeit der Inhaltsangaben untersucht: Meist mit dem Mikroskop und mit der Hilfe von botanischen Beschreibungen. Bei Pulvern ist das allerdings naturgemäß schwierig. Wie das KIT konstatiert, sind alternative Methoden wie das Auslesen von Gensequenzen, die auch bei Vaterschaftstests zum Einsatz kämen, jedoch zeitaufwendig und teuer.
Nick und sein Team haben nun ein spezielles Verfahren entwickelt. Laut KIT nutzt es kleine Unterschiede der Gensequenzen. Dabei kommen so genannte Genscheren zum Einsatz. Nach Aussagen des KIT schneiden bei diesem Verfahren die Genscheren gezielt in bestimmte Stellen der DNS-Stränge, aus denen das Erbmaterial besteht. Dabei passe diese Genschere nur auf ein spezifisches Muster von Genfragmenten – so wie ein Schlüssel in nur ein bestimmtes Schloss. Das Genfragment könne so als genetischer Fingerabdruck für die gesuchte Art dienen. „Das ist wie ein Barcode, den sie mit dem entsprechenden Scanner auslesen können“, erläutert Nick abschließend. Laut KIT enthält die aufgesetzte Datenbank bereits 7000 solcher Barcodes.
Gensequenzen waren auch beteiligt an der Entwicklung spezieller Hochleistungskunststoffe, für die Fraunhofer-Forscher Florfliegen untersuchten. Der entstandene Faden ist ideal für Anwendungen in Leichtbaukunststoffen für Automobile, Flugzeuge und die Medizintechnik.
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