Der weltweit erste Zoo für die wilden Mikroben
Im Amsterdamer Tierpark Artis kommen jetzt Kleinstlebewesen ganz groß raus: Der Zoo hat einen Bereich eigens für Mikroben eröffnet. Dank modernster Technik können die Besucher den skleinsten Lebewesen der Erde beim Fortbewegen, Fressen und Vermehren zusehen. Erster Fan der Mikroben wurde Hollands Königin Maxima.
Der Amsterdamer Zoo Artis, der schon seit 1838 existiert, hat die Zahl seiner Bewohner gerade locker um einen ziemlich hohen Faktor erhöht. Viel Platz brauchen die neuesten Exponate allerdings nicht, und die meisten gehören sowieso zu den Gefährten der potenziellen Besucher. Die Rede ist allerdings nicht von Hunden, Katzen, Mäusen oder anderen Kleinsäugern, sondern von Mikroben – Viren, Bakterien, Algen, Schimmelpilzen und anderen Einzellern. Sie sind die stärksten, erfolgreichsten und dabei kleinsten Lebewesen der Erde, wie der Tierpark betont.
Als weltweit erster Zoo hat der altehrwürdige, über 175 Jahre alte Artis ihnen jetzt einen eigenen Bereich eingeräumt. Zuvor hatten Mikrobiologen niederländischer Universitäten zwölf Jahre lang am Konzept von Micropia gearbeitet.
Ohne Mikroben geht nichts: kein Bier, kein Käse, keine Abwasserreinigung
Die neuen Zoobewohner sind so winzig, dass sie mit bloßem Auge in der Regel nicht zu erkennen sind. Und die allermeisten von ihnen – Forscher gehen von rund 99 Prozent aus – sind dem Menschen noch nicht einmal bekannt. Aber ohne sie geht gar nichts: Sie sorgen für einen großen Teil der Abläufe in der Natur und machen das Leben auf der Erde erst möglich.
Kein Käse wäre ohne Mikroben denkbar, ebenso wenig wie Bier oder Hefeteig. Hier ist noch lange nicht Schluss: „Manche Mikroorganismen zersetzen Plastik, helfen bei der Abwasserreinigung und der Entwicklung von Medikamenten und fördern die Gewinnung von Biogas aus Exkrementen“, gibt Artis-Direktor Haig Balian einige Beispiele. „Wir wollen mit der Ausstellung zeigen, dass alles in der Natur zusammenhängt.“
Mikrobiologie birgt Lösungen für viele Probleme
Wer die Natur wirklich verstehen und Lösungen für Probleme wie Umweltverschmutzung, Hunger und Krankheit finden wolle, solle sich mit Mikrobiologie beschäftigen, so Balian. Dafür muss man dann halt akzeptieren, dass sich manche der kleinen Gesellen aus Menschensicht extrem unappetitliche Lebensräume suchen – Kot zum Beispiel.
Natürlich nicht in irgendwelchem: Mikroben haben schließlich auch ihre Ansprüche und spezialisieren sich auf Ausscheidungen von Pflanzenfressern oder Jägern, Vögeln oder Säugetieren, Wasser- oder Landbewohnern – je nachdem. Wieder andere suchen sich Lebensräume, in denen kein Mensch überleben könnte: Das ewige Eis oder die nuklear verseuchte Gegend um Tschernobyl etwa. Diese Mikroben bezeichnet man als dementsprechend als Extremophile.
Moderne Technik macht die Winzlinge sichtbar
Auch wir Menschen sind Wirt für Millionen und Abermillionen der kleinen Wesen: Allein auf der Ferse sitzen 80 verschiedene Arten von Mikroorganismen. Wo sich sonst noch besonders viele Mitbewohner tummeln, kann jeder selbst per Körper-Scan ermitteln.
Damit die Besucher nicht alle mit einem vagen Juckreiz am gesamten Leib heimgehen, ohne die vermeintlichen Verursacher auch nur einmal gesehen zu haben, kommt modernste Technik zum Einsatz: So wurde ein 3-D-Fernglas aus dem deutsche Design-Studio Art+Com an die Linsen eines Mikroskops gekoppelt. Heraus kommt ein scharfes Bild in tausendfacher Vergrößerung. Man kann sogar per Joystick navigieren. Schon wird sichtbar, wie Mikroben sich bewegen, wie sie sich ernähren und wie sie sich fortpflanzen.
Gefährliche Organismen wie HIV und Ebola haben Hausverbot
So nah kommen Micropia-Besucher jedoch längst nicht allen Kleinstlebewesen. Nur Organismen, die auch in einer künstlich erzeugten Atmosphäre überleben können, landeten unter den Mega-Lupen – und wer gefährlich sein könnte, darf sich auch nur indirekt zeigen. Den HI-Virus zum Beispiel sehen Besucher nur als Modell, genauso wie das Ebola-Virus, dem wirklich kein Laie freiwillig begegnen möchte: Es steht in Form einer Glasskulptur im Raum. In anderen Fällen ersetzen aufwendige, farbenprächtige Bilder und Filme den allzu engen Kontakt.
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