Deutsches Museum aktualisiert Dauerausstellung Energietechnik
„Energie ja, aber Windräder bitte nicht vor meiner Haustür“ – wer erleben will, wie schwierig es ist, neue Standorte zu finden, kann sich zum Planungstisch mit Modelllandschaft begeben und mit den Argumenten von Befürwortern und Gegnern auseinandersetzen. Das Deutsche Museum in München hat seine Dauerausstellung Energietechnik aktualisiert. Sonne und Wind rücken in den Blickpunkt, gesellschaftliche Diskussionen werden thematisiert.
Bis vor Kurzem wurden die Gewinnung und Umwandlung von Primärenergie am Beispiel Kernenergie ausführlich dargestellt, und auch zur Sonnenenergie gab es einige Informationen. Aber nun wird in der überarbeiteten Dauerausstellung auch die Energiewende thematisiert. Seit diesem Februar muss sich die Kernenergie Raum und Aufmerksamkeit mit Innovationen im Bereich Sonnenenergie und dem neu hinzugekommenen Thema Windkraft teilen.
Gerade letzteres entpuppte sich als Herausforderung. „Wir können nicht einfach eine Windkraftanlage in Originalgröße hier hineinstellen“, schmunzelt Kurator Herbert Hügel. Das scheitert einfach an Gewicht und Ausmaßen: Allein ein Rotorblatt erreicht heutzutage eine Länge von 60 m. Das ist aber auch nicht notwendig, interessanter ist die Entwicklung des Materials: Vom Stahlblech, das korrodieren kann, zu Glasfaserverbundwerkstoffen in Sandwichbauform, die leicht, robust und wartungsfreundlich sind.
Bauformen von Windkraftanlagen
Ebenso aufschlussreich ist die Entwicklung der Bauformen. Drei verschiedene Modelle stehen zum Vergleich bereit, darunter der vom finnischen Architekten Sigurd Savonius im Jahr 1924 entwickelte, gleichnamige Rotor mit vertikaler Achse. Statt Rotorblättern besitzt er zwei gegeneinander versetzte, halbkreisförmige Zylinderhälften. Die gerade aktive Schaufel bewirkt, dass ein Teil des herausströmenden Windes die gegenüberliegende Schaufelhälfte in Rotation versetzt. Zu den Vorzügen dieses einfach gebauten Systems gehört, dass es bei geringen Windgeschwindigkeiten gute Wirkungsgrade erreicht.
Die heute gängigen Bauformen erreichen mittlerweile Höhen bis zu 150 m. Sie haben eine horizontale Achse und lange, schmale Rotorblätter, die quer zum Wind stehen. Dadurch lässt sich mit weniger Material eine größere Fläche abdecken. „Mit jedem Meter Nabenhöhe steigt der Ertrag um 1 %, während die Leistung zum Quadrat der Rotorblätterlänge wächst“, weiß Wissenschaftshistoriker Hubert Hügel.
Damit sich die Besucher einen Eindruck der Kräfte machen können, die eine Windkraftanlage aushalten muss, haben die Ausstellungsmacher einen Blattadapter in Originalgröße in die Halle gestellt. Dieses gusseiserne Bauteil verbindet das Rotorblatt mit der Nabe – es kann allein bis zu 13 t wiegen. Im Vergleich dazu wirkt das Leonardo-Windrad, das auch zu den Horizontal-Achsern gehört, geradezu filigran.
Die Kleinwindkraftanlage für den Hausgebrauch besticht nicht nur durch ihr ausgefeiltes Design, sondern auch mit geringer Vibrations- und Geräuschentwicklung. Die Attraktion des Themenbereichs Windenergie ist ein fiktives Landschaftsmodell, bei dem der Besucher den Ort für ein neues Windrad bestimmen kann.
Besucher als Standortplaner
Im Modell stehen verschiedene Standorte zur Auswahl. Positioniert der „Planer“ seinen Spielstein in Gestalt eines Windrads an einem dieser Standorte, leuchten Textkästen auf. Die Einblendungen enthalten sowohl Informationen zu physikalischen Bedingungen als auch Hinweise zu gesetzlichen Vorschriften und Bedenken der Bürger.
Das Themenfeld Solar bzw. Photovoltaik beleuchtet unter anderem die Produktionstechnik und zeigt die Vielfalt der mittlerweile existierenden Solarzellen-Landschaft. Bei der Entwicklung der Module gibt es zwei Strategien: Entweder eine möglichst große Fläche zu bestückten, sodass die Produktionskosten sinken, oder aber eine Einzelzelle auf Effizienz zu trimmen. Neben Silicium oder Halbleitermaterialien wie Gallium-Arsenid setzen die Forscher auf die organische Chemie, welche eine günstigere Herstellung erlaubt.
Wie die Schau verdeutlicht, experimentieren sie inzwischen mit gedruckten Solarzellen aus Papier oder mit Fotozellen, die sich zu beliebigen Strukturen formen lassen. Dadurch lassen sich letztere in Bauteile verwandeln, die sowohl die Gebäudehülle dämmen als auch zu Stromlieferanten werden.
Miniaturmodelle solarthermischer Kraftwerke
Eine Auswahl solarthermischer Kraftwerke zeigt, wie derzeit die zentrale Energiegewinnung aus Sonnenlicht aussieht. An den Miniatur-Modellen lassen sich gut die unterschiedlichen Konzepte studieren: Eines davon sind Rinnen-Kollektoren in Form gekrümmter Spiegel, die das Sonnenlicht auf ein auf der Höhe der Brennlinie verlaufendes Absorberrohr bündeln und ein spezielles Thermoöl erhitzen.
Bei Solarturmkraftwerken dagegen werden die Spiegel so ausgerichtet, dass alle das Sonnenlicht auf eine zentrale „Brennkammer“ reflektieren, die sich in einem Turm befindet. Dadurch lassen sich Temperaturen bis zu 1000 °C erreichen. Wärmeträger eines solchen „Sonnenofens“ ist Wasserdampf, inzwischen wird auch mit Salzen experimentiert.
„Trotzdem wird uns die Kernenergie als Thema noch lange erhalten bleiben“, prognostiziert Hügel. Denn Atomkraftwerke lassen sich nicht einfach abreißen. „Es gibt hier einen großen Forschungsbedarf. Das betrifft nicht nur die Beseitigung kerntechnischer Anlagen, sondern auch den Strahlenschutz und die Endlagersuche.“
Ein Beitrag von: