Die größte künstliche Sonne der Welt leuchtet am Niederrhein
Die größte künstliche Sonne der Welt stellt einfach alles in den Schatten: 149 Hochleistungslampen leuchten 10.000 mal so stark wie das Sonnenlicht auf der Erde. Und gebündelt auf einen Fleck können die Leuchten Temperaturen von bis zu 3.000 °C erreichen. Wofür? Um zum Beispiel Solaranlagen zu testen, die künftig Wasserstoff als Treibstoff für Flugzeuge herstellen.
Seit dem heutigen Donnerstag strahlt im Institut für Solarforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Jülich Synlight, die größte künstliche Sonne der Welt. Die „Sonne“ besteht aus 149 Hochleistungslampen, in denen jeweils eine 7000 Watt starke Xenon-Kurzbogenlampen leuchtet, die normalerweise in Großkino-Projektoren eingesetzt werden. „Wir verwenden die Lampen, weil ihr Licht dem der Sonne am ähnlichsten ist“, sagte DLR-Projektleiter Kai Wieghardt der dpa.
10.000-mal so stark wie natürliche Sonneneinstrahlung
Die innen verspiegelten Lampenschirme haben einen Durchmesser von einem Meter und sind wabenförmig auf einer 14 m hohen und 16 m breiten Fläche angeordnet. Die Strahlen dieser Lichtquellen können auf eine Fläche von 20 x 20 cm gebündelt werden. Trifft die Strahlung der Lampen mit einer Leistung von bis zu 350 Kilowatt dort auf, hat sie die bis zu 10.000-fache Intensität der Solarstrahlung auf der Erde.
Dabei entstehen im Fokus der Lampen Temperaturen von bis zu 3.000 °C. „Das ist heißer als jeder Verbrennungsprozess“, verdeutlicht Wieghardt. Solche Leistungen haben aber auch ihren Preis: Die Anlage verbraucht in vier Betriebsstunden so viel Strom wie ein vierköpfiger Haushalt in einem Jahr.
Anlage soll Treibstoffe für Flugzeuge herstellen
Diese Wahnsinnspower wollen die DLR-Wissenschaftler dazu einsetzen, um Wasserstoff als Treibstoff für Flugzeuge herzustellen, der als umweltfreundlicher Treibstoff der Zukunft gilt, weil er CO2-neutral ist. „Bei den Autos glauben wir, dass Elektromobilität eine super Sache ist. Für große Flugzeuge ist es im Augenblick nicht vorstellbar, dass man sie elektrisch antreibt, also mit Batterien ausstattet“, so Wieghardt.
Mit der gesamten Strahlungsleistung von 350 Kilowatt wollen die DLR-Wissenschaftler Metall auf rund 800 °C erhitzen und es zugleich mit Wasserdampf umnebeln. Bei der großen Hitze reagiert das Metall mit dem Sauerstoff im Wasserdampf, übrig bleib der Wasserstoff. Dann wird die Hitze noch etwas gesteigert, bis sich der Sauerstoff wieder vom Metall löst, damit der Prozess erneut ablaufen kann. Wenn der so gewonnene Wasserstoff dann mit Kohlendioxid reagiert, entsteht ein klimaneutraler Flüssigtreibstoff.
Suche nach geeignetem Metall
Es gilt nun die solare Treibstoffproduktion effizienter zu machen, damit das Verfahren konkurrenzfähig wird. Dazu müssen die Forscher auch herausfinden, welches Metall sich besonders gut für die Abspaltung von Wasserstoff aus dem Wasserdampf eignet. Die Ingenieure liebäugeln mit Zink oder dem Element Cer, das zu den seltenen Erden zählt.
Für diese Experimente ist die künstliche Sonne optimal. Denn wegen Wolken und Luftzirkulationen unter freiem Himmel können die Wissenschaftler bei natürlichem Sonnenlicht nicht mit gleichen Strahlungsverhältnissen rechnen. Und diese sind für reproduzierbare Versuche nötig.
Synlight ermöglicht solare Strahlungsleistungen von ein Mal bis zu 380 Kilowatt und zwei Mal bis zu 240 Kilowatt in drei separat nutzbaren Bestrahlungskammern. Zwei dieser Kammern wurden speziell für solarchemische Anwendungen wie die Brennstoffproduktion konzipiert und bieten direkten Zugang zu Gaswaschanlagen und Neutralisation.
Synlight kostet 3,5 Millionen Euro
Mit Synlight lassen sich auch Raumfahrtelemente auf die nötige thermische Belastbarkeit testen, die sie für den Eintritt in die Erdatmosphäre benötigen. Da die Strahlung der Xenon-Kurzbogenlampen der Sonnenstrahlung ähnlich ist, können Materialwissenschaftler damit neue Bauteile starker UV-Strahlung aussetzen, um Alterungsprozesse zu simulieren.
Das Land Nordrhein-Westfalen hat die Synlight-Anlage mit 2,4 Millionen Euro zu 70 % finanziert. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie förderte das Projekt mit 1,1 Millionen Euro.
Mit Hightech-Solartechnik kennen sich die Ingenieure in Jülich gut aus. Unweit der neuen Synlight-Sonne steht auch eine der ungewöhnlichsten Solaranlagen Deutschlands: ein Solarturm, der das Licht eines umliegendes Solarfeldes bündelt.
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