Diese Batterie soll Energie kostengünstig speichern können
Forschern des amerikanischen MIT haben eine Batterie entwickelt, die Sauerstoff atmet und monatelang Strom speichern kann – zu einem Fünftel der bisherigen Kosten.
Der US-Forscher, der die aktuelle atmende Batterie vorstellte, ist kein Unbekannter: Yet-Ming Chiang ist Professor des MIT und hat nebenbei fünf Unternehmen gegründet, zwei davon im Batterieumfeld. Nun dürfte das dritte Unternehmen folgen: mit der Flow-Batterie zu konkurrenzfähigen Kosten.
Effizienz der neuen Batterie
Zu den wichtigsten Quellen für umweltfreundlichen Strom gehören Wind- und Solarenergie. Beide sind wetter- und tageszeitabhängig. Das Ergebnis: Strom aus diesen umweltfreundlichen Quellen steht praktisch nie im gewünschten Umfang zur Verfügung – es gibt immer zu viel oder zu wenig davon. Die Lastspitzen und -schwächen werden dann mit konventionellen Kraftwerken aufgefangen, doch so kann eine echte Energiewende nicht gelingen. Die nötigen Energiespeichersysteme sind zwar vorhanden, doch der Durchschnittspreis für die Speicherung einer Kilowattstunde Strom liegt bislang bei über 100 US-Dollar.
Wirklich effiziente Akkus funktionieren derzeit außerdem nur unter bestimmten Umweltbedingungen. Dem setzen die MIT-Forscher nun die „luftatmende“ Batterie entgegen. Sie ist genau wie bisherige Lösungen in der Lage, Strom monatelang zu speichern. Die Kosten der neuen Technologie dürften bei einer Serienproduktion jedoch bei nur noch 20% gegenüber derzeitigen Speichertechnologien liegen. Auch gäbe es höchstens minimale Standortbeschränkungen und keine Emissionen. Überall dort, wo sporadisch regenerativer Strom erzeugt wird, kann der neue Batterietypus ihn speichern und stellt damit auch bei ungünstigen Wind- oder Sonnenbedingungen eine zuverlässigere Stromquelle dar.
Wie funktioniert die luftatmende Batterie?
Der wiederaufladbare Akku nutzt für die Anode Schwefel, der günstig und im Überfluss vorhanden ist. Er wird in Wasser gelöst. In der Kathode nimmt eine belüftete Salzlösung kontinuierlich Sauerstoff auf, der anschließend freigesetzt wird. Dieser gleicht die Ladung aus, wenn sich zwischen den Elektroden die Ionen bewegen. In die Kathode fließender Sauerstoff bewirkt die Abgabe von Elektronen durch die Anode zu einem externen Schaltkreis. Abgehender Sauerstoff sendet die Elektronen zurück an die Anode und lädt dabei die Batterie erneut auf. Diese „atmet“ also, allerdings nur reine Luft. Beim „Ausatmen“ entsteht nicht – wie bei der Atmung von Menschen und Tieren – Kohlendioxid. Darauf verwies Chiang, Leiter des Projekts und als Professor am MIT zuständig für die Lehre in Materialwissenschaften und Ingenieurwesen.
Sparen konnten die US-Tüftler vor allem an den chemischen Kosten des Akkus, wie aus einem Artikel in der Fachzeitschrift Joule ehrvorgeht. Der Gesamtpreis von Kathode, Anode und Elektrolytmaterial beträgt nur etwa ein Dreißigstel der sonst üblichen Kosten bei konkurrierenden Batterien, die etwa auf die Lithium-Ionen-Technologie setzen und bislang als der Weisheit letzter Schluss galten.
Skalierbare Systeme wären mit den atmenden Akkus nach vorläufigen Berechnungen imstande, den Strom aus Wind-, Sonnen- und Gezeitenenergie über Zeiträume von mehreren Tagen bis zu Monaten zu speichern. In günstigen Fällen kommen damit die Betreiber einer autarken Solarversorgung über den Winter. Die Kosten lassen sich aber noch nicht endgültig beziffern. Es könnten 20 US-Dollar pro Kilowattstunde werden (das entspricht derzeit rund 17 Euro). Doch auch wenn es 30 Dollar würden, erhielte die Branche der erneuerbaren Energien einen ungeheuren Schub. Mit einer so günstigen Speicherung wäre grüner Strom auf einen Schlag kostendeckend, möglicherweise würde er sogar günstiger als konventioneller Strom. Denn er steht in ausreichenden Mengen zur Verfügung, auch die Effizienz der Erzeugeranlagen (Solarpanels und Windräder) genügt vollkommen – nur die kostenintensive Speicherung galt bislang als Hindernis.
Perspektiven und Entwicklung der atmenden Batterie
Die US-Forscher begannen mit ihrem Projekt im Jahr 2012 im Rahmen der Speicherforschung des US-Energieministeriums, an der insgesamt 180 Forscher verschiedenster Fachrichtungen beteiligt waren. Chiang konzentrierte sich mit seinem Team von Anfang an auf die Möglichkeit der Kostenreduktion durch eine effiziente Batterie. Dabei verfolgten sie einen sehr innovativen Ansatz. Chiang erkannte als Hauptproblem der jüngeren Speicherentwicklung die Konzentration auf eine höhere Energiedichte durch synthetische Materialien, die sehr teuer sind. Diesen Weg wollte der Forscher verlassen, in der Annahme, dass die chemischen Kosten bei effizienteren Speicherlösungen zwangsläufig immer weiter steigen würden. Energiespeicher im Terawatt-Maßstab wären utopisch teuer, dennoch würde man sie beim Ausbau der erneuerbaren Energien benötigen.
Unter diesen Gesichtspunkten stießen die Wissenschaftler auf die preisgünstige Schwefelvariante. Schwefel fällt als Nebenprodukt in Erdölraffinerien ab, das Element speichert Energie sehr gut. Es verursacht neben Luft und Wasser die geringsten Kosten bei der Speicherung einer elektrischen Ladung. Als größte Herausforderung erwies sich die Entwicklung von kostengünstigem flüssigem Kathodenmaterial, das auch stabil blieb. Die endgültige Entdeckung der nun vorgestellten Lösung gelang dem Forscherteam durch Zufall. Ein Umstand, der in der Wissenschaft gar nicht so selten vorkommt.
So entstand die „Durchflussbatterie“, die Natrium- oder Lithiumionen zwischen Kathode und Anode wandern lässt und sich dabei des Sauerstoffs der Umgebungsluft bedient. Das kreative Konzept gilt in der Fachwelt als Durchbruch und dürfte etliche Entwicklungsfelder revolutionieren. Auch Elektroautos könnten davon profitieren. Noch sind die Batterien zwar klein, der Prototyp hat die Größe einer Kaffeetasse, doch sie sind zusammenschaltbar und ermöglichen daher die Skalierung. Im Moment scheint es so, als könne mit dieser Batterie eines der wichtigsten Probleme auf dem Weg zu umweltfreundlichen Energien gelöst werden.
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