Diese künstliche Pflanze reinigt die Raumluft und erzeugt Strom dabei
Forschende aus New York haben künstliche Pflanzen entwickelt, die die Innenraumluft reinigen und gleichzeitig Strom erzeugen können.
Wir Menschen verbringen durchschnittlich über 80 % unserer Zeit in Innenräumen – ob bei der Arbeit, in der Schule oder zu Hause. Doch oft wird die Luftqualität vernachlässigt. Durch menschliche Aktivitäten und Baumaterialien steigt der CO₂-Gehalt in Innenräumen. Da traditionelle Methoden wie Lüften zunehmend an Wirksamkeit verlieren, suchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach Alternativen. Ein Forschungsteam der Binghamton University hat ein System entwickelt, das nicht nur die Raumluft reinigt, sondern auch Strom erzeugt – mithilfe künstlicher Pflanzen.
Inhaltsverzeichnis
Funktionsweise: Cyanobakterien und Biosolarzellen
Die künstlichen Pflanzen bestehen aus „Blättern“, die mit Cyanobakterien (Synechocystis sp. PCC 6803) ausgestattet sind. Diese Bakterien nutzen das Licht im Raum, um Photosynthese durchzuführen und dabei CO₂ in Sauerstoff (O₂) umzuwandeln. Während dieses Prozesses werden überschüssige Elektronen freigesetzt und über spezielle Zellmembranen zur Anode transportiert, was einen elektrischen Strom erzeugt.
Das System erreicht eine Spannung von 2,7 V und eine Leistung von bis zu 140 µW, ausreichend für kleine Geräte wie LEDs oder Thermometer. „Vor allem nach COVID-19 wissen wir, wie wichtig die Luftqualität in Innenräumen ist“, erklärt Professor Seokheun „Sean“ Choi von der Binghamton University.
CO₂-Reduktion und Stromerzeugung
Tests haben gezeigt, dass der Prototyp mit fünf künstlichen Blättern den CO₂-Gehalt in Innenräumen um bis zu 90 % senken kann – von 5000 ppm auf 500 ppm. Diese Reduktion übertrifft die Leistungsfähigkeit natürlicher Pflanzen, die den CO₂-Gehalt durchschnittlich nur um 10 % senken. Die künstlichen Pflanzen bieten somit eine effiziente Alternative zu herkömmlichen Methoden und tragen gleichzeitig zur Stromerzeugung bei.
Professor Choi betont die Bedeutung der neuen Technologie: „Ich möchte diesen Strom nutzen können, um ein Mobiltelefon aufzuladen oder für andere praktische Zwecke.“
Vorteile gegenüber traditionellen Luftreinigungssystemen
Konventionelle Luftreinigungssysteme sind oft teuer, wartungsintensiv und benötigen regelmäßige Filterwechsel. Künstliche Pflanzen hingegen könnten eine kostengünstige und wartungsarme Lösung bieten. Sie benötigen nur Licht, Wasser und Nährstoffe, um ihre Funktion zu erfüllen.
Die Cyanobakterien sorgen dabei für eine nachhaltige CO₂-Bindung und O₂-Freisetzung. Zukünftige Weiterentwicklungen sollen den Einsatz zusätzlicher Bakterienarten ermöglichen, um die Lebensdauer und Effizienz der Pflanzen zu steigern.
Struktur der künstlichen Pflanzen
Die künstlichen Pflanzen bestehen aus einzelnen „Blättern“, die in Stammstrukturen integriert sind. Jedes Blatt enthält fünf biologische Solarzellen, die als Biosolarzellen bezeichnet werden. Diese sind elektrisch und fluidisch miteinander verbunden, sodass Wasser und Nährstoffe ähnlich wie bei natürlichen Pflanzen durch Kapillarkräfte transportiert werden.
Die Struktur der künstlichen Pflanzen ahmt somit den natürlichen Aufbau von Pflanzen nach und sorgt dafür, dass die Bakterien kontinuierlich mit Wasser und Nährstoffen versorgt werden. „Mit etwas Feinabstimmung könnten diese künstlichen Pflanzen in jedem Haushalt zum Einsatz kommen“, so Professor Choi.
Nachhaltige Energiegewinnung durch Bioelektrizität
Ein bedeutender Vorteil der Cyanobakterien ist ihre exoelektronische Eigenschaft, durch die überschüssige Elektronen zur Anode transportiert werden können. Die Anode ist mit Eisenoxid-Nanopartikeln beschichtet, die die Lichtabsorption verbessern und so die elektrischen Eigenschaften der Zellen optimieren.
Auf diese Weise entsteht eine nachhaltige Form der Bioelektrizität, die unabhängig von fossilen Brennstoffen ist und eine umweltfreundliche Energiequelle darstellt.
Anwendungsbereiche und Ausblick
Die künstlichen Pflanzen könnten zukünftig eine bedeutende Rolle in städtischen Innenräumen spielen, besonders in sogenannten „smarten Städten“, die verstärkt auf nachhaltige Technologien setzen. Die künstlichen Pflanzen eignen sich für Wohnungen, Büros, Schulen und Gesundheitseinrichtungen, in denen eine hohe Luftqualität unerlässlich ist. Zudem bietet die Technologie die Möglichkeit, sie in verschiedenen Größen und Formen zu gestalten, um in unterschiedlichen Innenraumkonzepten zum Einsatz zu kommen.
Langfristig planen die Forschenden, das System weiter zu verbessern. Ziel ist es, die Leistungsdichte zu erhöhen und zusätzliche Speichermöglichkeiten, etwa durch Lithium-Ionen-Batterien oder Superkondensatoren, zu integrieren. So könnte die erzeugte Bioelektrizität effizient gespeichert und für größere Geräte genutzt werden.
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