Ein Autolack aus Maisstärke repariert kleine Kratzer selbst
Ein Autolack aus Maisstärke? Und der kann kleine Kratzer auch noch selbst reparieren? An einem solchen Lack, der elastisch sein soll wie ein Nylonstrumpf, arbeiten derzeit Chemiker im Saarland. Ihr Ziel ist der baldige Einsatz des Lacks in der Autoindustrie.
Cyclodextrine sind das Geheimnis des Lacks. Das sind winzige ringförmige Moleküle, die aus Maisstärke hergestellt werden. Diese Moleküle haben die Chemiker Universität des Saarlandes und des Leibnitz-Instituts für Neue Materialien (INM) in Saarbrücken wie Perlen auf mikroskopische Kunststofffäden aufgefädelt. Auf dem Faden sind die Perlen miteinander vernetzt und doch beweglich. „Das entstehende Netzwerk ist beweglich und elastisch wie ein Strumpf“, erklärt Gerhard Wenz, Professor für Organische Makromolekulare Chemie an der Saar-Universität.
Moleküle sind flexibel und füllen Kratzer wieder auf
Diese Beweglichkeit der Moleküle ist der Clou: Oberflächliche Lackkratzer können sie wieder auffüllen, Kratzer verschwinden binnen weniger Tage, in dem sich die Moleküle in die durch den Kratzer entstandenen Freiräume bewegen. Bisher werden Cyclodextrine vor allem in Funktionstextilien verwendet, etwa in Sportkleidung. Sie haben die Eigenschaft, bestimmte Moleküle einzufangen und nicht mehr loszulassen, übel riechenden Schweiß etwa. Beim Waschen geben sie die Moleküle wieder frei.
Das Grundprinzip des Cyclodextrin-Lacks ist in Japan entwickelt worden. Er ließ sich bisher allerdings nur mit teuren Werkstoffen und giftigen Lösungsmitteln herstellen. Die Probleme haben die Saarländer nun gelöst. Cyclodextrine aus Maisstärke sind billig, und beim Lösungsmittel setzen die Saarländer auf Materialien, die unbedenklich für die Gesundheit sind. „Unser geplantes Herstellungsverfahren soll ein klimafreundliches Produkt ohne Schadstoffemissionen bereitstellen, das auch von der Kostenseite überzeugt“, sagt Wenz. Nahziel ist der Aufbau einer Pilotanlage.
Autolack soll in drei Jahren serienreif sein
Mit der dort produzierten Farbe wollen die Saarländer die ersten Autos lackieren. Dann folgen umfangreiche Tests, bei denen die Fahrzeuge in einer Klimakammer den unwirtlichsten Wetterbedingungen ausgesetzt werden. Das soll zum einen die Langzeitstabilität des Lacks beweisen, zum anderen auch zeigen, dass kleine Kratzer tatsächlich von selbst heilen.
Bei diesen Testreihen werden die üblichen ISO-Richtlinien der Lackindustrie berücksichtigt. „Nur wenn wir diese Normrichtlinien erfüllen, ist eine industrielle Anwendung denkbar“, sagt Carsten Becker-Willinger, Leiter des Bereichs Nanomere am INM.
Und wie soll der Lack benutzt werden? Der Lack auf Maisbasis, der mit Farbpigmenten vermischt werden soll, wird wie anderer Lack auch auf die Bauteile aufgetragen. Die vernetzten Ketten können mit Parbpigmenten vermischt werden. Zunächst aber ist ein Klarlack geplant, der als äußerste Schicht aufgetragen wird. In den nächsten drei Jahren wollen die saarländischen Forscher den Lack bis zur Serienreife entwickelt haben. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt die Entwicklung mit 1,1 Millionen Euro.
An einem schmutzabweisenden Lack arbeiten dagegen die Ingenieure des Autoherstellers Nissan. Wer künftig mit seinem Auto durch eine Schlammpfütze fährt, braucht nur kurz zu warten, bis der Schmutz abperlt. Wir sind gespannt.
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