Tsunami, Flugzeugabsturz oder Meteorit 30.10.2017, 07:59 Uhr

Ein Frühwarnsystem basierend auf natürlichen Schallwellen

Ob Satelliten oder Flugzeuge über dem Meer abstürzen oder Tsunamis nahen – es braucht ein System, das Wissenschaftler und Bergungsleute zum Fundort bringt. Aus dem walisischen Cardiff kommt eine neue Idee, die vielleicht auch Neuigkeiten zu MH370 bringen könnte.

Foto: panthermedia.net/tolokonov

Seit mittlerweile dreieinhalb Jahren ist der Flug MH370 verschwunden. Ein ganzes Flugzeug. Mit 239 Menschen an Bord. Die Suche mit Tauchdrohnen, das Auswerten der Satellitendaten, der Einsatz einer holländischen Spezialfirma – nichts brachte den gewünschten Erfolg. Doch eine Idee aus Wales könnte künftig bei derartigen Ortungsversuchen helfen.

Dort haben Wissenschaftler eine neue Methode entwickelt, um die genaue Zeit und den Ort zu bestimmen, an dem Objekte in unsere Ozeane fallen. Damit könnte die Fundstelle einer abgestürzten Passagiermaschine oder eines Meteoriten schneller und zuverlässiger lokalisiert werden als das heute der Fall ist. Die neue Methode soll zudem als Warnsystem vor Tsunamis fungieren können.

Welche Erkenntnisse sogenannte Hydrophone liefern können

Die Methode, welche von Forschern der Cardiff University entwickelt wurde, macht sich Unterwasser-Mikrofone zunutze, die auch als Hydrophone bekannt sind. Sie empfangen Unterwasserschallwellen, die ausgesendet werden, wenn Objekte auf die Meeresoberfläche treffen. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die neue Methode verwendet werden könnte, um Satelliten, Meteoriten oder sogar Teile eines Flugzeugs, die möglicherweise in den Ozean eingedrungen sind, zu lokalisieren. Auch ist es vorstellbar, die Hydrophone dazu zu nutzen, Erdrutsche, Unterwasser-Explosionen oder gar das Epizentrum von Erdbeben weit draußen auf hoher See ausfindig zu machen.

Neuartige Methode macht sich Schwerewellen zunutze

Die neue Methode, welche erstmalig in der Zeitschrift Scientific Reports vorgestellt wurde, basiert auf der Messung von akustischen Schwerewellen (AGWs). Konkret handelt es sich hierbei um natürlich vorkommende Töne, die sich mit der Schallgeschwindigkeit Tausende Meter unter der Wasseroberfläche durch den tiefen Ozean bewegen. AGWs können bis zu einer Entfernung von tausend Kilometern gemessen werden. Es wird angenommen, dass bestimmte Lebensformen wie Plankton, die nicht gegen eine Strömung schwimmen können, auf die Wellen angewiesen sind, um ihre Bewegung zu unterstützen und ihre Fähigkeit, Nahrung zu finden, zu verbessern. Prallen Gegenstände auf die Meeresoberfläche, verursachen sie eine plötzliche Änderung des Wasserdrucks, was zur Erzeugung von AGWs führt.

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Wissenschaftler des Massachusetts Institue of Technology, kurz MIT, erkannten im vergangenen Jahr das Potenzial dieser Schallwellen. Seither arbeiten die Forscher daran, Tsunamis vorherzusagen.

Vorgehensweise und Grundlagen der Cardiff-Studie

Im ersten Teil der aktuellen Studie aus Cardiff ließ das Team 18 Kugeln aus unterschiedlichen Entfernungen und Höhen auf die Oberfläche eines Wassertanks fallen und maß die nachfolgenden AGWs, die mit einem Hydrophon ausgestrahlt wurden. Das Team analysierte dann die stundenlang aufgezeichneten Daten von Hydrophonen vor der Küste von Western Australia.

Installation einer hydroakustischen Monitoringstation.

Installation einer hydroakustischen Monitoringstation.

Quelle: CTBTO Preparatory Commission

Die eingesetzten Hydrophone werden längst von der Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty Organisation (CTBTO) zur Erkennung von Unterwasser-Atomversuchen betrieben, können aber auch Signale von AGWs abrufen. Mithilfe dieser Daten konnte das Team seine Methode validieren, indem es die Zeit und den Ort der jüngsten Erdbeben im Indischen Ozean errechnete. Damit ging die Gewissheit einher, fallende Meteoriten, Erdrutsche, Schneelawinen, Sturmfluten, Tsunamis und Schurkenwellen erkennen zu können.

Nachforschungen zur verschwundenen Malaysian Airlines Maschine MH370

Das Team der Cardiff University ging noch einen Schritt weiter und analysierte Daten eines Satelliten vom 18. März 2014, als der Flug MH370 der Malaysian Airlines über den Südindischen Ozean verschwand. Die Forscher fanden in diesem Zusammenhang zwei relativ schwache Signale in der Zeit zwischen 00:00 und 02:00 Uhr, als die Passagiermaschine verschwunden sein soll. Diese Daten glichen die Wissenschaftler mit dem vermeintlichen Flugweg der MH 370 ab.

Nach den Unterlagen des Aviation Safety Network sind seit 1948 mindestens 88 Passagier-, Firmen-, Fracht- und Militärflugzeuge verschollen. In zwei Drittel der Fälle verschwanden die Maschinen über dem Meer. 

Nach den Unterlagen des Aviation Safety Network sind seit 1948 mindestens 88 Passagier-, Firmen-, Fracht- und Militärflugzeuge verschollen. In zwei Drittel der Fälle verschwanden die Maschinen über dem Meer.

Quelle: Aviation Safety Network

Allerdings können die Forscher die beiden Signale nicht mit absoluter Gewissheit mit der Maschine in Zusammenhang bringen. Allein schon deshalb, weil mit dem vorgeschlagenen Flugweg eine große Unsicherheit einhergehe. Es bleibt allein die Feststellung, dass die Hydrophone zwei Signale sendeten, die Berechnungen zufolge aus dem Indischen Ozean stammten. Sämtliche gesammelten Informationen leiteten die Wissenschaftler an das Australian Safety Büro weiter. Sie gehen davon aus, dass diese neuartige Informationsquelle in der Gegenwart und in der Zukunft in Verbindung mit einer ganzen Reihe von anderen Daten verwendet werden kann, um Risiken oder Katastrophengebiete frühzeitig erkennen zu können.

Welche technischen Hilfsmittel bei Tsunamis derzeit zum Einsatz kommen

Unter Federführung des Deutschen Geoforschungszentrums GFZ in Potsdam schlug ein Konsortium deutscher Forschungseinrichtungen der Bundesregierung im Anschluss an die verheerenden Folgen des Tsunamis im Indischen Ozean vom 26.12.2004 ein Konzept zur Implementierung eines Frühwarnsystems für Tsunamis im Indischen Ozean vor. Ein System zur Überwachung von Erdbeben, deren Messung anhand eines Netzes aus Seismometern erfolgt, bildet das Rückgrat dieses Frühwarnsystems. Parallel werden unter Hinzuziehung von Stationen, die sich das Satellitennavigationssystems GPS zunutze machen, etwaige Verschiebungen der Erdoberfläche observiert.

Das German Indonesian Tsunami Early Warning System (GITEWS) ist mittlerweile im Einsatz. Es wurde so aufgebaut und die Seismometer so gewählt, dass losgelöst vom genauen Standort des Erdbebens, dieses binnen zwei Minuten an nicht weniger als drei Stationen registriert wird. Die Ortung von Erdbeben kann demnach sehr schnell erfolgen. Konkret lassen sich die Erdbeben innerhalb von drei bis vier Minuten sogar auf zwanzig bis dreißig Kilometer genau lokalisieren. Im gleichen Zug ermitteln die Forscher zudem die Stärke des Bebens.

Fazit zum akustischen Unterwassernetzwerk

Satelliten, Küstenpegel, Ozeansensoren, Bojen, Seismometer – bereits heute existieren zahlreiche Systeme, die frühzeitig auf Katastrophen in Form von Tsunamis oder Erdbeben hinweisen sollen. Diese Systeme liefern entscheidende Daten, welche sich binnen weniger Minuten in gezielte Warnhinweise umsetzen lassen. Mit der neu entwickelten Methode soll dies künftig ebenfalls möglich sein, sodass den Behörden eine weitere Alternative zur Verfügung steht. Das neue System soll jedoch zusätzliche Erkenntnisse liefern können, um etwa den genauen Aufschlagpunkt von Satelliten, Flugzeugen oder Meteoriten auf der Wasseroberfläche möglichst genau definieren zu können.

 

Ein Beitrag von:

  • ingenieur.de

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