Entschlüsselt: Der typische Parmesangeschmack entsteht aus 31 Aromen
Wie kommt es eigentlich, dass der eine Käse süß-bitter-würzig schmeckt und der andere mild-säuerlich? Und welche Aromen hat Parmesan jetzt genau? Ein Forscherteam der TU München hat den italienischen Hartkäse jetzt ganz genau unter die Lupe genommen und ein präzises Geschmacksprofil aus 31 Stoffen identifiziert.
Als zarte Späne auf dem Salat, gerieben auf einem deftigen Pastagericht oder als blättriges Stückchen, frisch aus dem Laib gebrochen, auf der Antipasti-Platte: Parmesan ist aus der italienischen Küche nicht wegzudenken und in ganz Europa heiß geliebt – seit Jahrhunderten.
Mit den Holzspäne-ähnlichen Flocken, die manchen Fertiggerichten beiliegt, hat echter Parmigiano Reggiano, so der Original-Name des italienischen Exportschlagers, nichts gemein. Seine ganz spezielle Note entfaltet der ein bis drei Jahre reifende Hartkäse, der ausschließlich in der norditalienischen Region Emilia-Romagna hergestellt werden darf, nur frisch gerieben, gehobelt oder zerteilt: Etwas süß, etwas bitter, etwas scharf, dabei sauer und salzig – der Geschmack ist einzigartig und setzt sich aus verschiedenen Aromen zusammen. Aus genau 31, haben Chemiker der Technischen Universität München (TUM) jetzt herausgefunden.
Wässrige Lösung mit Parmesangeschmack
Dafür zerlegten Dr. Hedda Hillmann und Professor Thomas Hofmann vom Lehrstuhl für Lebensmittelchemie und Molekulare Sensorik an der TUM den Käse in seine Einzelteile. Sie zogen Proteine und Fette aus der Masse, sodass am Ende nur noch die Aromastoffe übrig blieben. Diese konzentrierten sie dann in wässriger Lösung. Mittels eines Hochleistungsmassenspektrometers identifizierten sie Mineralien, Fettsäuren und Aminosäuren, Peptide und Ammoniak-Derivate – insgesamt jene 31 Stoffe, die den typischen Parmesan-Geschmack ergeben.
Dass die wässrige Lösung tatsächlich die Aromen von Parmesan enthielt, stellten sie völlig untechnisch sicher: Geschulte Tester machten den sensorischen Geschmackstest und verglichen den echten Käse mit der Flüssigkeit. Offenbar lagen die Forscher richtig: Mit dem Schmelz des Originals kam die Lösung zwar nicht mit, der Geschmack stimmte aber überein.
Zusammenspiel der Moleküle ergibt charakteristischen Geschmack
Parmesan ist nicht der erste Käse, den das Münchener Forscher-Team durch sein Massenspektrometer geschickt hat: Zuvor hat es Gouda auf seine geschmacksgebenden Bestandteile untersucht. Ebenso wie sein italischer Bruder enthält der Holländer zum Beispiel y-L-Glutamyl-Peptide, die bei der Reifung enzymatisch aus Aminosäuren aufgebaut werden.
Weitere Stoffe sind dagegen in dem einen Käse vorhanden, in dem anderen nicht – kein Wunder, schließlich ist ja auch der Geschmack ein ganz anderer. Und oft genug ist zwar dasselbe nachzuweisen, jedoch in anderer Konzentration: Der Geschmack von Käse wird offenbar durch verschiedene Moleküle, deren Konzentration und ihr Zusammenspiel erzeugt. Mit dieser Erkenntnis bestätigen die Wissenschaftler frühere Studien, die jedoch weniger präzise waren. „Es gab bisher keine systematischen molekularen Untersuchungen“, betont Hofmann.
Überwachungshilfe für Käsereien
Das jetzt erzeugte chemo-sensorische Profil von Parmesan könnten Käsereien verwenden, um die geschmacklichen Veränderungen im Herstellungs- und Reifeprozess objektiv zu messen, zu visualisieren und zu überwachen, schlagen die Forscher vor. „Dies eröffnet Herstellern die Möglichkeit, den Geschmack durch Veränderung der Prozessparameter zu verbessern“, so Professor Thomas Hofmann – wenn es denn an der Herstellung von Parmigiano Reggiano etwas zu korrigieren gibt. Die Rezeptur ist schließlich schon seit gut 800 Jahren bewährt.
Nicht ganz so alt, aber immerhin 175 Jahre ist ein Bier, dessen Flaschen in einem Schiffswrack lagerten. Eine finnische Brauerei braut es nach. Die Rezeptur haben Forscher aus München entschlüsselt. Dafür nutzten sie eine Massenspektrometrie-Methode, mit der sie über 60 Geschmackskomponenten des Hopfens innerhalb von 30 Minuten sichtbar machen konnten.
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