Erfindungen fürs Weltall – genutzt in unserem Alltag
Ist Weltraumforschung reine Verschwendung? Mitunter liest man das in den sozialen Medien. Wir haben uns umgeschaut, welche Erfindungen für das All unseren Alltag erleichtern.
Ein Haus auf dem Mond? Unfug! Missionen zum Mars? Blödsinn! Für viele Menschen ist das rausgeschmissenes Geld, sie fordern, dass wir uns erst einmal um die Probleme auf der Erde kümmern sollten. Hier wäre das Geld sinnvoller angelegt. Ist das so? Wir haben uns einmal angeschaut, welche Erfindungen fürs Weltall mittlerweile unseren Alltag erleichtern und wie Weltraumforschung das Leben auf der Erde beeinflusst.
Weltraumforschung der Zeit weit voraus
Allein die NASA beschäftigt etwa 10.000 Forschende und steckt jedes Jahr Milliarden von Dollar in Forschung und Entwicklung. Das europäische Gegenstück, die ESA ist ebenfalls sehr emsig in Sachen Weltraumforschung, genauso wie die Russen oder Asiaten. Wenn Menschen ins All geschickt werden, verbringen sie ihre Zeit in kleinen Kapseln, in denen es keine Steckdosen, kein fließendes Wasser, kein Supermarkt, kein Platz und sonstige Annehmlichkeiten gibt, die uns das Leben auf der Erde erleichtern.
Die Erfinder der Weltraumbehörden müssen daher einfallsreich sein und Dinge entwerfen, die das Leben im All ermöglichen und vereinfachen. Das fängt beim Handwerkzeug an, geht weiter bei den Lebensmitteln bis hin zur Kleidung oder medizinischen Produkten. Demnach haben Weltraumerfindungen aus allen Bereichen des täglichen Lebens in unseren Alltag gefunden.
In der Regel dauert es zwischen 20 und 30 Jahren, ehe Erfindungen für das Weltall in unserem Alltag landen. Man kann daher mit Fug und Recht behaupten, dass die Weltraumforschung unserer Zeit weit voraus ist. Vieles, was sich die Menschheit heute noch nicht vorstellen mag, wird bereits erforscht oder ist sogar unbemerkt von der Allgemeinheit im Weltall bereits im Einsatz – oder wartet darauf, seinen Praxistest im All zu absolvieren.
Technikforschung: Ohne All keine Akkuwerkzeuge
Bei Außeneinsätzen im Weltall muss viel geschraubt, gebohrt oder gesägt werden – mit herkömmlichem Werkzeug kommt man dort allerdings nicht weit, denn Steckdosen gibt es dort keine. Akkubohrer, Akkuschrauber – alle Werkzeuge, die wir heute mit Akku benutzen, haben ihren Ursprung in der Weltraumforschung. So auch die kleinen Handstaubsauger mit Akku, mit denen wir die Krümel von unseren Polstern saugen.
Bleiben wir bei der Technik: In den von uns geliebten Smartphones sind einige Dinge verbaut, die es ohne Weltraumforschung vermutlich nicht geben würde. Um Gewicht zu sparen, entwickelten Sie Computerchips und Kameras in der Größe einer Erbse. Und wo sie bereits dabei waren, erfanden Sie gleich noch den kabellosen Kopfhörer. Den soll kein anderer als Neil Armstrong auf seinem Weg zum Mond 1969 als erster Mensch getragen haben.
Die LED-Technik haben die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen nicht erfunden, das war Nick Holonyak im Jahr 1962. Die NASA fand LEDs jedoch so interessant, dass sie die ersten Lichtspots mit der perfekten Helligkeit für das Gärtnern im Weltraum entwickelte. Auch bei der Entwicklung von roten und infraroten LED-Lichtern waren sie maßgeblich beteiligt. Die Gründe sind klar: LEDs benötigen nur wenig Energie, entwickeln wenig Wärme und sind äußert langlebig.
Zu den wichtigsten Errungenschaften der Technikforschung der NASA zählen sicherlich die Satelliten-Kommunikation und GPS. „Houston, wir haben ein Problem!“ Dieser berühmte, aber nicht ganz korrekt wiedergegebene Funkspruch aus der dramatischen Apollo-13-Mission ist sicher jedem ein Begriff. Heute nutzen wir selbst die fortschrittliche NASA-Technik zum Beispiel für die GPS-Ortung und Telefongespräche. Kein Navi würde ohne sie funktionieren, Liveübertragungen von großen Sportevents wären unmöglich.
Rauchmelder retten Leben – nicht nur im Weltall
Dieser Slogan ist in Deutschland allgegenwärtig, mittlerweile sind sie in allen Bundesländern in Deutschland vorgeschrieben. Die Technik dazu verdanken wir der NASA. Zusammen mit Honeywell entwickelte die Weltraumbehörde in den 1970er-Jahren zuverlässige Rauchmelder, die nur selten einen Fehlalarm erzeugen. Gemeint sind hier Ionisationsrauchmelder, die durch ihr breites Spektrum der Partikelerkennung sehr zuverlässig bei Rauchentwicklung auslösen.
Apropos Feuer: Ein Brand auf einer Raumstation hätte verheerende Folgen, zudem sind die Astronauten mitunter sehr hohen Temperaturen ausgesetzt. Wenn es um feuerfeste und gut isolierte Materialien geht, hatte fast immer die NASA ihre Hände im Spiel. Hitzebeständige Stoffe wurden einst für Raumanzüge entwickelt, heute tragen sie zum Beispiel Feuerwehrleute im Einsatz. Nur die Teflonpfanne wurde nicht in der Weltraumforschung entwickelt, auch wenn das mitunter behauptet wird. Dafür die Rettungsdecken aus Silber- und Goldfolie, die in jedem Erste-Hilfe-Kasten vorhanden sein muss. Sie stammen aus dem Apollo-Programm der 60er-Jahre.
Um Sicherheit geht es auch bei der Erfindung von UV-Filtern. Im Weltall ist die Sonnenstrahlung noch sehr viel gefährlicher als hier auf der Erde. Die NASA brachte daher an den Visieren der Astronauten-Helme entsprechende Filter an, die wir heute von unseren herkömmlichen Sonnenbrillen kennen. Wenn diese zusätzlich kratzfest und bruchsicher sind, stammt das ebenfalls aus den Laboren der Raumfahrtforschung. Im Weltall braucht es robuste Materialien, heute findet man sie zum Beispiel bei Display-Folien für das Handy. Auch das Cerankochfeld beruht auf einem Material, das ursprünglich für große Teleskope zur Weltraumbeobachtung entwickelt wurde.
Zwei Entwicklungen, die gerade in Zeiten der Klimakrise und der Hinwendung zu erneuerbaren Energien immer mehr Bedeutung erlangen, haben durch die Weltraumforschung einen richtigen Schub erhalten: Die NASA nutzte zum Beispiel die Brennstoffzellentechnik bereits bei seinen Apollo-Missionen für die Stromproduktion an Bord. Schon bei der Mondlandung 1969 wurde Wasserstoff als Treibstoff der Trägerrakete genutzt – und eben für den Betrieb der Brennstoffzellen. Heute sollen Brennstoffzellenheizungen dabei helfen, unsere Klimaziele zu erreichen. Auch bei der Entwicklung von Solarzellen ist die NASA einer der Treiber, wenn auch nicht Erfinder. Die internationale Raumstation ISS erhält ihren Strom zum Beispiel über vier riesige Solarflügel. Immer wieder werden dort zudem Neuheiten getestet – so wie beispielsweise aktuell ausrollbare Solarmodule, die für mehr Energie auf der ISS sorgen sollen.
Bequem leben und gut essen im All
Auf ihrem Weg durch den Weltraum leben Menschen auf engstem Raum miteinander, Platz für eine große Speisekammer gibt es nicht. Die NASA tut dennoch alles dafür, dass die Astronauten ein einigermaßen angenehmes Leben im All führen können. Das führte zum Beispiel zur Entwicklung von Memoryschaum. Der sich perfekt an den Körper anpassende Schaum wurde in den 1960er-Jahren für die Sitze der Astronauten erdacht. Mittlerweile finden wir ihn in Matratzen, Polstern, Schuheinlagen oder Motorrad- und Ski-Helmen wieder.
Auch in Sachen Lebensmittel und deren Lagerung hat die NASA viel geforscht. So nutzte die Behörde zum Beispiel Vakuumbeutel und das Prinzip der Gefriertrocknung, um Essen ohne Kühlung möglichst lange haltbar zu machen. Dabei entdeckten die Forschenden die wichtigen Omega-2-Fettsäuren, die gut für unsere Entwicklung sind. Sie sind heute ein wichtiger Inhaltsstoff in Babynahrung. Wasser-Filtersysteme verdanken wir ebenfalls der Weltraumforschung. Während der Apollo-Missionen wurden sie genutzt, um Bakterien im Wasser abzutöten und unangenehmen Geschmack und Geruch loszuwerden. Heute kann jeder Wasserfilter im Supermarkt kaufen.
Auch bei der Entwicklung von Prothesen hat Weltraumtechnik die Forschung enorm vorangebracht. Einst für Weltraumroboter entworfen, kommen künstliche Gelenke und Gliedmaße heute bei vielen Menschen zum Einsatz. Sie sind funktioneller, haltbarer und lebensechter als das, was vorher bekannt war. Noch etwas Nützliches aus der Medizin: Das Ohr-Thermometer zum Messen von Fieber, das insbesondere in der schlimmsten Phase der Corona-Pandemie unser täglicher Begleiter war, ist ebenfalls ein Geschenk der Raumforschung. Die Technik wurde entwickelt, um damit die Temperatur von Himmelskörpern zu messen.
Forschung im Weltall
Neben der Forschung für das Weltall, die viele Produkte für den Alltagsgebrauch hervorgebracht hat, gibt es eine Forschung im Weltall. Diese liefert ebenfalls zahlreiche Erkenntnisse, die das Leben auf der Erde vereinfacht und voranbringt. Viele haben sicherlich die Aktivitäten von Alexander Gerst verfolgt, als er im Jahr 2018 seinen zweiten Aufenthalt auf der ISS hatte. Über die sozialen Medien lieferte er nicht nur eindrucksvolle Bilder von unserer Erde und dem Leben im Weltall, sondern gab immer wieder Einblicke in seine Forschung.
Bei seiner Mission waren es allein 41 Experimente aus Deutschland, involviert waren die unterschiedlichsten Disziplinen wie Medizin, Biologie, Astronomie oder Materialwissenschaften. Beantwortet sollten verschiedene Frage – wie das Wachstum von Pflanzen im All, die Auswirkungen der Schwerelosigkeit auf den menschlichen Körper oder wie sich Granulate in Bewegung verhalten.
„Die Versuchsbedingungen erlauben die richtige und genaue Messung physikalischer Größen – eine Voraussetzung zum Beispiel für die Entwicklung physikalischer Modelle zur Beschreibung der Dynamik in Flüssigkeiten.“ Prof. Dr. Andreas Meyer, Institut für Materialphysik im Weltraum am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR)
Im medizinischen Bereich erhofft man sich durch Grundlagenforschung im All unter anderem Erkenntnisse, um den menschlichen Körper besser zu verstehen oder Therapiemaßnahmen gegen Krankheiten entwickeln zu können. Grundlagenforschung ist generell überaus wichtig, selbst wenn nicht immer ein sofortiger Nutzen oder ein konkretes Produkt daraus entsteht. Oft entstehen daraus im Nachgang große Dinge, die ohne diese Forschung nicht möglich werden.
Die soften Auswirkungen von unseren Weltraumtätigkeiten zeigt sich besonders deutlich in dem NASA-Foto „Earthrise“, das am 24. Dezember 1968 von William Anders während des Fluges von Apollo 8 aufgenommen wurde. Das Bild mit dem Erdaufgang hinter dem Mondhorizont gilt als einflussreichste Umweltfotografie, die jemals gemacht wurde. Es war unser erster farbiger Blick auf die Erde von außerhalb und hat zur Entstehung der Umweltbewegung beigetraten. Die Aufnahme zeigt, wie zerbrechlich und unfassbar schön unser Planet doch ist.
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