Finnische Brauerei braut 175 Jahre altes Bier nach
Eine finnische Brauerei hält einen Leckerbissen für Bierfans bereit: Sie braut ein 175 Jahre altes Bier nach, dessen Flaschen in einem Schiffswrack lagerten. Die Rezeptur haben Forscher aus München entschlüsselt.
Bier hat eine lange Tradition. Die frühesten Nachweise für einen Biervorläufer stammen aus dem mesopotamischen Raum. Die allermeisten Rezepturen früherer Biersorten sind allerdings verloren. Nun hat ein internationales Forscherteam die Rezeptur eines etwa 175 Jahre alten Bieres entschlüsselt, das wohl eines der ältesten erhaltenen Biere ist.
Um das Jahr 1840 havarierte ein Segelschiff in der Ostsee vor der Gemeinde Föglo auf der Insel Åland zwischen den Küsten Finnlands und Schweden und sank. Taucher entdeckten das Wrack vor fünf Jahren. Der Schoner hatte neben diversen Waren auch rund 150 Flaschen Champagner und zwei dunkelbraune mundgeblasene, verkorkte Flaschen Bier an Bord. Wissenschaftler des VTT Technical Research Centre of Finnland und der Technischen Universität München (TUM) haben den historischen Gerstensaft nun analysiert und die Resultate im „Journal of Agricultural & Food Chemistry“ veröffentlicht.
Das Bier wurde mit betasäurereichem Hopfen gebraut
„Wir verfügen über eine weltweit einzigartige Massenspektrometrie-Methode, mit der wir über 60 Geschmackskomponenten des Hopfens innerhalb von 30 Minuten sichtbar machen können“, erklärt Professor Thomas Hoffmann vom Lehrstuhl für Lebensmittelchemie und molekulare Sensorik an der TUM. „Aus den Ergebnissen konnten wir unter anderem ableiten, dass das Bier aus dem Jahre 1840 mit betasäurereichen Hopfensorten gebraut wurde. Zudem haben wir, entsprechend dem Alter des Bieres, zahlreiche Abbauprodukte identifiziert.“ Die Betasäuren im Hopfen schützen das Bier unter anderem davor, dass es farblich zerfällt.
Daraus kann man ableiten, dass das historische Gebräu für die heutigen zarten Geschmacksknospen der Biertrinker unangenehm bitter war. Zudem hatte es etwas weniger Alkohol und eine rosige Geruchsnote, weil es Phenylethanol enthielt. Bei heute gebrauten Bieren stehen die Alphasäuren im Vordergrund. Bei den von der Hefe abhängigen Geschmacksnoten unterschied sich das abgetauchte Bier hingegen kaum von den modernen Sorten.
Der Weihenstephaner Lebensmittelchemiker Andreas Dunkel wagte mutig den Selbstversuch und kostete sogar vom Bier aus den Tiefen der Ostsee: „Unangenehm sauer, salzig – man würde nicht von Bier ausgehen“, beschreibt er den Geschmacksmix.
Das ist auch kein Wunder. Denn über die langen Jahre am Meeresgrund ist Salzwasser in die Flaschen eingedrungen. Zudem hatte Milchsäuregärung ihr Werk getan. Sicher sind sich die Forscher aber, dass das Bier aus dem Wrack etwas Besonderes gewesen sein muss. Denn gewöhnlich wurde Bier damals in Fässer abgefüllt und transportiert.
Bier wird unter dem Namen „Stallhagen 1843“ nachgebraut
Interessierte Bierfreunde haben die Chance, eine geschmackliche Reise in die Zeit um 1840 zu machen. Die finnische Brauerei Stallhagen hat das Getränk inzwischen nachgebraut und unter dem Namen „Stallhagen 1843“ auf den Markt gebracht. Das Retrogetränk hat einen Alkoholgehalt von 4,5 Prozent. Die erste Flasche davon erzielte bei einer Versteigerung 850 Euro.
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