Forscher erschaffen das weltweit erste magnetische Wurmloch
In Science-Fiction-Geschichten reisen Abenteurer gerne durch ein Wurmloch zu weit entfernten Galaxien. Wurmlöcher sind bisher rein theoretische Gebilde, deren Existenz sich aus der allgemeinen Relativitätstheorie ergeben. Spanische Physiker haben nun im Labor ein solches Wurmloch konstruiert. Durch dieses Gebilde reisen allerdings keine Abenteurer, sondern magnetische Felder.
Tatsächlich hat die theoretisch mögliche Abkürzung großer intergalaktischer Distanzen durch ein Wurmloch im gekrümmten Raum ihren Namen von einem Wurm, der sich quer durch einen Apfel frisst. Dieser verbindet durch seinen Tunnel durch die Frucht die beiden entfernt liegenden Apfelschalenoberflächen. Geprägt hat diesen Begriff des Wurmlochs 1957 der US-Astronom John Archibald Wheeler.
Wurmlöcher haben etwas mit Einstein zu tun
Bislang sind Wurmlöcher theoretische Gebilde, die sich aus Lösungen der allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein ergeben. Nun haben spanische Physiker für elektromagnetische Wellen ein Wurmloch gebaut. Sie haben zunächst im Computer den Aufbau eines magnetischen Wurmloches simuliert. Nach diesem Bauplan haben sie dann im Labor ein kugelförmiges Objekt konstruiert, dessen Kernkomponenten etwa so groß wie eine Orange sind.
Flüssiger Stickstoff im Spiel
„Wir haben nun ein Wurmloch realisiert, das zwei separate Punkte im Raum magnetisch durch einen Tunnel verbindet, der selbst magnetisch nicht nachweisbar ist“, erklärt Alvaro Sanchez von der Universität Autònoma de Barcelona. Den Kern bildet eine spiralig gewundene Folie aus einer Nickel-Eisen-Legierung.
Sie hat zwei Aufgaben: Zum einen leitet sie die Magnetfelder konzentriert in eine Richtung und begrenzt deren Ausbreitung nach außen hin. Um diese Folie liegt eine kugelförmige Schale aus einem supraleitenden Material. Die äußere Hülle besteht aus einem ferromagnetischen Material. Wird die Wunderorange mit flüssigem Stickstoff gekühlt, entwickelt das Material in der Mittelschicht seine supraleitenden Eigenschaften.
Dreiklang bewirkt magnetisches Wunder
Dieser Dreiklang bewirkt magnetische Wunder: „Weil die supraleitende und die ferromagnetische Schicht den in ihnen eingeschlossenen Bereich magnetisch entkoppelt, führt das Ganze dazu, dass die Topologie des Raums verändert wird“, erklären die Forscher jetzt im Fachmagazin Scientific Reports. „Das erweckt den Eindruck, als wenn der Innenbereich – magnetisch gesehen – aus dem existierenden dreidimensionalen Raum entfernt worden wäre“.
In der Kugel existiert kein Magnetfeld
Wenn die Physiker im Labor nun an dem einen Ende der magnetisch entkoppelten Kugel eine Gleichspannung anlegen, so entsteht dort als Folge der elektromagnetischen Welle ein magnetisches Dipolfeld. Wie durch Zauberhand entsteht am anderen Ende der magnetischen Orange ein monopolares magnetisches Feld.
In der Kugel laufen Magnetfeldmessungen ins Leere. „Unser magnetisches Wurmloch erzeugt so die Illusion, als erscheine ein Magnetfeld aus dem Nichts“, berichten die Forscher.
Potential für reale Anwendungen
Diese Illusion erfüllt in der Tat die Anforderungen, die Physiker an ein Wurmloch stellen. Nur eben nicht für reale Objekte oder gar für Menschen, die als verwegene Raumpiloten durch ein intergalaktisches Wurmloch reisen, um nach einer Erde 2 zu suchen, wie im Science-Fiction-Film „Interstellar“ von Christian Nolan. Sondern für ein magnetisches Feld. Dieses wissenschaftliche Grundlagenexperiment hat allerdings Potential für ganz reale handfeste Anwendungen.
Kernspin-Bilder von Patienten mit Herzschrittmachern
„In einem Kernspintomografen könnten Patienten lokal stark begrenzten magnetischen Feldern ausgesetzt werden“, sagt Alvaro Sanchez. So ließen sich Kernspin-Bilder von Patienten mit Herzschrittmachern gefahrlos aufnehmen.
Auch endoskopische Operationen unter Kontrolle durch Magnetresonanz-Tomografie (MRT) könnten durch die Mitwirkung eines magnetischen Wurmloches verbessert werden. Wenn die benötigten chirurgischen Werkzeuge durch ein Wurmloch geführt werden, so dass nur die Spitze herausschaut, reduzieren sich die Verzerrungen der MRT-Bilder auf ein Minimum, da die Werkzeuge für das MRT unsichtbar sind.
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