Futurium Berlin: An diesen Zukunftsszenarien tüfteln Forscher und Ingenieure
„Wie wollen wir in Zukunft leben”? Eine wichtige Frage, mit der sich jeder Mensch einmal befassen sollte. Denkanstöße gibt es im “Futurium” in Berlin. Unsere Redakteurin war vor Ort.
Hier schaut man nicht zurück, sondern nach vorn: Im Futurium Berlin dreht sich alles um unsere Zukunft. Im Berliner Regierungsviertel gelegen, fällt das futuristische Gebäude direkt ins Auge. Das brandneue Museum feierte am 5. September 2019 Eröffnung und ist kostenfrei für alle. Doch lässt sich die Zukunft wirklich in einer Ausstellung abbilden? Wir haben uns selbst davon überzeugt.
Nahe des Berliner Hauptbahnhofs steht eine riesige Virtual-Reality-Brille, um damit in die Zukunft zu schauen. An dieses Szenario erinnert zumindest der Neubau bei den Museumsinseln. Zur Eröffnung besuchten fast 30.000 Gäste die Ausstellung in der Hauptstadt.
Beim Eintreten kommen Besucher in eine große Halle und finden neben dem Infopoint Schließfächer für einen entspannten Rundgang. Kleingeld zum Abschließen des Fachs also nicht vergessen. Danach sind Besucher völlig frei und können direkt in die Ausstellung starten.
Jeder Besucher kann sich ein Armband nehmen, an dem ein Chip hängt. Auf dem Chip lassen sich an den Stationen im Museum Informationen “aufladen”. An speziellen Säulen, die mit dem Buchstaben “V” gekennzeichnet sind, hält der Besucher sein Armband dran und kann auf dem Chip weitere Inhalte speichern, sofern ihn diese besonders interessieren. So sammelt jeder Gast seine individuellen Info-Points. Am Ende der Ausstellung wird das Armband in einer „Zukunftsmaschine“ abgelegt, die die Sammelpunkte auf dem Chip ausliest und dem Besucher einen Code ausdruckt, über den er auf der Website des Museums seine gespeicherten Informationen abrufen kann.
Aufbruch zu neuen Horizonten
Zu Beginn des Rundgangs werden die Gäste mit allerlei Fragen konfrontiert. „In welcher Zukunft will ich leben?”, „Wann verliebt sich mein Smartphone in mich?” und „Wird unser Strom vom Mond kommen”? Allein über diese 3 Fragen könnte man stundenlang sinnieren. Was sie definitiv erreichen: Sie regen zum Nachdenken an.
Ein großer Teil der Ausstellung befasst sich mit Zukunftstechnologien. Sie erleichtern unseren Alltag, machen vielen Menschen aber auch Sorgen. 6 Wände, die wie ein Fächer aufgestellt sind, stellen aktuelle Herausforderungen dar, an denen Forscher und Ingenieure arbeiten. Neue Stoffe, erneuerbare Energien, Digitalisierung, Robotics sowie Gene und Medizin sind die Bereiche, in denen wir auf dem Weg zu neuen Horizonten sind.
Climate Engineering: Wie können wir das Klima stabilisieren?
Im Futurium wird auch die Frage aufgeworfen, wie wir das Klima stabilisieren können. Unter “Climate Engineering” bezeichnet man gezielte technische Maßnahmen, um unser Klimasystem zu beeinflussen. Ingenieure werden genauso angesprochen, wie jede einzelne Privatperson. Im Futurium Lab kann zum Beispiel jeder Besucher an interaktiven Wänden selbst einschätzen, wie hoch sein Energieverbrauch ist.
Mit Climate Engineering sollen die meisten negativen Auswirkungen des Klimawandels reduziert werden. Unseren Lebensstil soll das angeblich nicht beeinflussen. Gewisse Methoden kühlen das Klima, indem sie Sonnenstrahlen von der Erde abhalten. So soll die menschengemachte Erwärmung der Erde durch Treibhausgase ausgeglichen werden. Eine Infotafel informiert, dass hierzu schon einige Methoden in Feldversuchen laufen.
Weiterhin führen die Museumswände Möglichkeiten auf, wie wir das Klima stabilisieren können. Ob es reicht, alle Häuser zukünftig in weiß zu streichen, um die Temperatur vor Ort zu senken, ist fraglich. Um Treibhausgase zu reduzieren, leiten Prototypen derzeit CO2 mit speziellen Filtern in tiefe Gesteinsschichten. Die Technik ist aber noch sehr teuer, verrät die Infotafel.
Sei ein Stadtmanager – wenn auch nur digital
Besonders interaktiv wird es an der Tablet-Station. Besucher können sich ein Tablet umhängen und mithilfe von Augmented Reality verschiedene Lebenssituationen entdecken. Virtuell Essen bestellen, Kleidung in einem digitalen Spiegel anprobieren oder ein Online-Einsatz als Stadtmanager sind in diesem Bereich der Ausstellung möglich. Wer sich als Stadtmanager einer Megacity versucht, merkt schnell, wie schwer das ist. Unfälle managen, den Straßenverkehr regeln und Ampeln freischalten sind selbst für Multitasker eine Herausforderung.
Pflegt mich im Alter ein Roboter?
Über Robotics wird viel geschrieben und ihr Einsatz wird in der Industrie getestet. Smarte Roboter unterstützen Arbeitnehmer bereits bei schweren Lasten oder in der Logistik. In der Ausstellung wird auch dargestellt, wie es ist, wenn Roboter Senioren pflegen. Altenpfleger werden gesucht, doch Gehalt und körperliche Belastung machen den Job oft unattraktiv. Kann ein Roboter, der alten Menschen Gesellschaft leistet, eine Alternative sein? Autonome Roboter eliminieren bereits heute Krankenhauskeime. Sich vorzustellen, später im Altenheim mit einem Roboter Konversation zu führen, ist durchaus befremdlich. Aber womöglich ein Szenario, mit dem wir uns befassen sollten.
Ein paar Minuten sollten Besucher an der Scheibe verweilen, hinter dem ein Roboterarm schreibt und seine Texte auch selbst wieder wegwischt. Die Glasscheibe wird als Tafel verwendet und der Greifarm schreibt auch noch ganz provokant: “Do you enjoy working?”. Robotics findet zunehmend Einsatz in der Arbeitswelt. Menschen stehen vor der Notwendigkeit, sich hier weiterzubilden und eines Tages Hand in Hand mit Robotern zu arbeiten. Im VW-Werk in Bratislava unterstützen „wearable robotics“ die Mitarbeiter. Die tragbaren Anzüge entlasten den Rücken oder können schweres Heben übernehmen. Einblicke in die Arbeit des Werks gibt es hier.
Skywalk mit Photovoltaikanlage
Hoch hinaus geht es auf dem Skywalk des Futuriums. Über den Dächern des Regierungsviertels sind unzählige Solaranlagen installiert. Auf dem Dach des Museums können “Skywalker” den Ausblick auf den Spreebogen und das Regierungsviertel genießen. Im Rücken fahren Züge vor der Charité Berlin vorbei.
Die Solarwende ist auch in der Hauptstadt angedacht. Laut einem Masterplan zur Solarcity Berlin sollen 25 % des Berliner Strombedarfs aus Sonnenenergie produziert werden. Die Energie der Solarzellen auf dem Dach des Museums wird in einem über alle Geschosse verteilten Paraffinspeicher gesammelt, um das Gebäude zu einem späteren Zeitpunkt heizen oder kühlen zu können.
Wie wir morgen wohnen werden
Immer mehr Menschen leben immer dichter zusammen. In 99 % der Fälle weist das nächste Haus hierzulande noch einen Abstand von 1,5 Kilometern auf. Wie wir zukünftig leben werden, ist einer der Fokusthemen der Ausstellung. Die Technik verspricht, dass Städte intelligenter werden. Virtuelle Kommunikation, autonome E-Autos und mehr Natur in den Städten sind Teil der zukünftigen Stadtplanung.
Eine naturnahe Stadtgestaltung könnte beispielsweise so aussehen, dass eine autonome Hightech-Infrastruktur Personen- und Güterverkehr unter die Erde verlagert. Unter freiem Himmel wäre Platz für Erholung, Natur und gesellschaftlichen Austausch.
Showroom für den Wissensstandort Deutschland
Das Futurium hat der Bund in Auftrag gegeben. Die Macher hinter den Kulissen sind das Bundesforschungsministerium, die deutschen Forschungsgemeinschaften, die forschende Industrie und Stiftungen. Das Haus der Zukunft soll ein Showroom für den Wissensstandort Deutschland und ein Ort zum Interagieren und Nachdenken sein, so der Chef des Bundeskanzleramts, Helge Braun, zur Eröffnung. Wir finden, das ist definitiv gelungen! Ein Besuch lohnt sich, denn hier gibt es viel zu entdecken.
Futurium
Alexanderufer 2
10117 Berlin
Öffnungszeiten
Mo, Mi, Fr, Sa, So: 10:00 – 18:00 Uhr
Do: 10:00 – 20:00 Uhr
Di: geschlossen
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