Gezüchtete menschliche Mini-Organe sollen Tierversuche ersetzen
Tiere sollen zukünftig nicht mehr bei Tierversuchen leiden müssen. Berliner Forscher züchten auf scheckkartengroßen Unterlagen menschliche Miniorgane, die mit richtigem Blut versorgt werden. An ihnen sollen sich zukünftig Kosmetika, Medikamente und Chemikalien testen lassen.
Ehe neu entwickelte Medikamente, Chemikalien und Kosmetika in den Handel kommen, werden sie aufwändig getestet. In vielen Fällen gehören Tierversuche dazu. Darüber empören sich regelmäßig Tierschützer. Aber auch die Entwickler sind damit nicht glücklich. Denn die Ergebnisse lassen sich oftmals nicht ohne weiteres auf den Menschen übertragen. So kann es im Endstadium der Zulassung noch schmerzhafte, selbst tödliche Überraschungen geben. 2006 schwebten sechs Männer tagelang in Lebensgefahr, nachdem sie ein neues Medikament eines Würzburger Unternehmens im Rahmen einer klinischen Studie eingenommen hatten.
Leiden von Mensch und Tier könnten bald Vergangenheit angehören, wenn Neuentwicklungen an gezüchteten Organen getestet werden – an Leber, Herz, Lunge, Haut oder Niere. Dazu genügen schon kleine Zellhäufchen dieser Organe. Uwe Marx, Gründer des Berliner Unternehmens Tissuse, hat sich mit seinen Mitarbeitern darauf spezialisiert, derartige Zellen zu züchten, die Menschen in homöopathischen Dosen entnommen werden.
Gezüchtete Miniorgane sind an Blutkreislauf angeschlossen
An den gezüchteten Zellen sollen sich die Aus- und Nebenwirkungen von Medikamenten, Kosmetika oder Chemikalien wirklichkeitsgetreu erforschen lassen. „Ein Ersatz von Tierversuchen durch einen genaueren und besser kontrollierbaren Ansatz ist dringend nötig“, sagt Marx und verweist darauf, dass allein 2012 nach Angaben des Statistischen Bundesamtes rund drei Millionen Tiere für Versuche benötigt wurden.
Die wissenschaftlichen Grundlagen wurden im Institut für Medizinische Biotechnologie der Technischen Universität Berlin gelegt. Die Zellhäufchen, die so klein sind, dass sie das menschliche Auge nicht sieht, werden auf einer scheckkartengroßen Unterlage platziert. Verbunden sind sie untereinander durch Adern, durch die richtiges Blut gepumpt wird, um die Zellen mit Nährstoffen zu versorgen.
Tierversuche sollen überflüssig werden
Bisher haben die Berliner Forscher zwei Organe nachgebildet und gezeigt, dass diese überleben können. „Perspektivisch werden wir eine Vielzahl von Organen auf einem Chip versammeln und damit Versuche auf Zellkulturen sowie vor allem mit Tieren überflüssig machen“, erklärt Marx.
Neue Kosmetika werden dann beispielsweise zuerst an Hautzellen getestet. Wenn das erfolgreich verläuft, werden sie in den Blutkreislauf gespritzt, um zu sehen, welche Wirkung sie beispielsweise auf Lunge oder Leber haben. In weniger als fünf Jahren will das Team bis zu zehn Mini-Organe an den Blutkreislauf anschließen.
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