Gitter aus dem 3D-Drucker beendet nervige Vibrationen
Vibrationen von Motoren können nerven: Vor allem in Bussen ist es äußerst unangenehm, wenn die Sitze im Zylindertakt mitschwingen. Lesen auf dem Weg zur Arbeit wird dann zur Tortur. Forscher der ETH Zürich lassen hoffen, dass es bald ruhiger zugeht im Bus. Aber auch in Flugzeugen, Helikoptern und – Weltraumraketen.
Vor allem an roten Ampeln fällt es äußerst unangenehm auf: In Bussen überträgt sich die Vibration des Motors ganz massiv auf die Sitze der Passagiere. Es ist dann oft nicht möglich, den gerade so spannenden Krimi weiterzulesen, weil die Buchstaben vor den Augen tanzen. Auch bei Propellerflugzeugen und Helikoptern sind Vibrationen ein Ärgernis: Die Propeller- oder Rotor-Vibrationen machen den Flug unruhig und vor allem laut. Dazu kommt, dass sie zu Ermüdungserscheinungen beim Material der Fahr- und Fluggeräte führen.
Weiche Materialien nur begrenzt geeignet
Es ist daher eine permanente Aufgabe von Ingenieuren, solche Vibrationen zu minimieren oder zu vermeiden. Bisher verwenden die Ingenieure dazu spezielle, zumeist weiche Materialien, die diese Vibrationen auffangen. Der Nachteil: Diese können nur eine kleine Bandbreite an Vibrationen abfangen.
Stahlwürfel als Resonatoren
Wissenschaftler der ETH Zürich haben nun unter der Leitung von Chiara Daraio, Professorin für Mechanik und Materialien, mit einer neuen dreidimensionalen Gitterstruktur die Möglichkeit der Vibrationsdämmung erweitert. Es ist eine räumliche Struktur mit einem Gitterabstand von rund 3,5 mm, die das Team um Daraio mittels 3D-Druck aus Kunststoff hergestellt hat. In dieses Gitternetz betteten die Forscher Stahlwürfel ein, die etwas kleiner sind als Spielwürfel. Diese Stahlwürfel wirken in der Gitterstruktur als Resonatoren.
Gleichzeitig kräftetragendes Bauteil
„Vibrationen bewegen sich vom einen Ende nicht durch die ganze Struktur, sondern werden von den Stahlwürfeln und den inneren Kunststoff-Gitterstäben aufgefangen. Das andere Ende der Sturktur bewegt sich nicht“, erklärt Kathryn Matlack, Postdoc in Daraios Gruppe.
Der besondere Clou an der neuen vibrationshemmenden Struktur der ETH-Forscher: Sie ist starr und kann somit gleichzeitig als kräftetragendes Bauteil im Maschinenbau oder bei Flugzeugrotoren oder Helikopterprobellern verwendet werden. Das spart Gewicht ein und ist bei Fluggeräten ein Riesenvorteil.
Schnelle und langsame Vibrationen abfangen
Theoretisch kann man eine solche Gitterkonstruktion statt aus Kunststoff auch aus Aluminium und anderen Leichtmetallen bauen, sagt Matlack. Das Prinzip ist simpel: Es ist eine Kombination von leichtem Gitterwerkstoff und darin eingebetteten Resonatoren mit einer großen Massendichte. Dabei müssen die Geometrie von Gitterstruktur und Resonatoren jeweils im Hinblick auf die zu erwartenden Vibrationen optimal aufeinander abgestimmt sein. Die neue Gitterkonstruktion kann schnelle und langsame Vibrationen abfangen.
Nicht tauglich für den Massenmarkt
„Die Geometrie der Struktur können wir so bemessen, um damit Vibrationen mit Schwingungen von einigen hundert bis einigen zehntausend Mal pro Sekunde zu dämpfen“, betont ETH-Professorin Chiara Daraio. „In diesem Bereich liegen auch die mit dem Gehör wahrnehmbaren Vibrationen, die unerwünschten Lärm verursachen und den Wirkungsgrad von Maschinen und Fahrzeugen verringern.“
Die ETH-Forscher sind allerdings noch etwas vorsichtig, was den Einsatz in einem Massenmarkt angeht. Noch sei, sagt Matlack, die 3D-Drucktechnik auf Miniserien ausgerichtet und weise gegenüber traditionellen Herstellungsmethoden bei der Belastbarkeit der Materialien Nachteile auf.
Auch bei Raketen einsetzbar
Klar ist: Sobald die 3D-Drucktechnologie reif ist für den industriellen Einsatz, wird die vibrationshemmende Gitterstruktur aus Zürich weite Anwendungsfelder finden. So wird eine Minimierung von Vibrationen in den Rotoren von Windkraftanlagen deren Wirkungsgrad erhöhen. Nicht nur das: Auch bei Weltraumraketen kann die Gitterstruktur aus Zürich in Zukunft zum Einsatz kommen. Abgehoben!
Aber auch Braunschweiger Forscher wollen den Lärm von Hubschraubern reduzieren, die klingen wie riesige Teppichklopfer. Was sie sich für einen raffinierten Trick ausgedacht haben, können Sie hier nachlesen. Eine Lösung für den Hausgebrauch haben wiederum Fraunhofer-Forscher entwickelt. Ihr Mini-Lautsprecher erzeugt Gegenschall und passt in Fensterrahmen. Das nur 20 cm lange Gerät reduziert beispielsweise Fluglärm auf die Hälfte.
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