Hart, bruchfest und trotzdem biegsam dank raffinierter Nanostruktur
Diese Keramik hat die ungewöhnlichsten Eigenschaften: Als hauchdünnes Blatt ist sie bruchfest, biegsam und leitet elektrischen Strom. Stuttgarter Forscher haben die Keramikblätter, deren raffinierte Nanostruktur dem Perlmutt ähnelt, jetzt vorgestellt.
Žaklina Burghard und Joachim Bill arbeiten am Institut für Materialwissenschaft an der Universität Stuttgart. Gemeinsam mit ihren Kollegen der beiden Max-Planck-Institute für Intelligente Systeme und Festkörperforschung erzeugten sie aus der harten, aber spröden Keramik aus Vanadiumoxid-Fasern ein biegsames und leitfähiges Papier. Vorbild war Perlmutt, das zugleich hart, bruchfest und elastisch ist. Diese besonderen Eigenschaften des Perlmutt, das von vielen Muscheln gebildet wird, entsteht durch seinen schichtartigen Aufbau. Harte und spröde Mineralplättchen liegen wie Ziegel versetzt übereinander und werden mit Proteinen verbunden.
Struktur ähnelt einer Ziegelsteinmauer
Ausgangspunkt für die Wissenschaftler war ein bereits bekanntes Rezept, mit dem sie Nanofasern aus Vanadiumpentoxid – eine Sauerstoffverbindung mit dem weichen Metall Vanadium – herstellten. Zu dem elastischen und festen Papier schichteten sich die leitfähigen Fasern ganz von selbst, nachdem die Forscher die im Wasser aufgelösten Nanofasern hauchdünn auf einem Trägermaterial verteilten. Anschließend entzogen sie dem wässrigen Film langsam einen Teil der Feuchtigkeit, die Fasern ordneten sich akkurat und parallel an.
Im Querschnitt ähnelt das Schichtmaterial nun einer Ziegelsteinmauer. Die Vanadiumoxid-Platten bilden die Steine, eingebettet in einer Wasserschicht, die sie wie Mörtel umgibt. Das Ergebnis ist ein transparentes, orangefarbenes Papier mit einer Dicke, die zwischen 0,5 und 2,5 Mikrometern eingestellt werden kann. Erst die Kombination von harter Keramik und weichem Wasser, verbunden in der speziellen Nanostruktur, macht das Papier hart, bruchfest und zugleich biegsam.
Elastischer als das Vorbild Perlmutt
„Das Papier lässt sich wie eine Zieh-Harmonika falten und zusammenrollen“, sagt Žaklina Burghard. Es sei nicht nur elastischer als Perlmutt, sondern zugleich auch fester und leite den Strom. „Dank seiner hervorragenden mechanischen Qualität, gepaart mit den elektrischen und chemischen Eigenschaften, eignet sich das Keramikpapier für zahlreiche Anwendungen.“ So könne das Papier zwischen den einzelnen Vanadiumoxidfasern und –platten Ionen einlagern und sei daher sehr gut als Elektrodenmaterial für Batterien geeignet. Die so ausgerüsteten Batterien ließen sich besonders schnell laden.
Das Keramikpapier könne auch eingesetzt werden, um elektrische Signale in mechanische Bewegungen umzuwandeln. Wenn sich nämlich fremde Ionen in dem Verbundmaterial ansammeln, dehnt es sich aus. Das Keramikpapier könne dann, je nachdem wie viele fremde Teilchen eingelagert werden, zum Beispiel mikroskopisch kleine Objekte schieben oder ziehen.
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