Stiftungen 29.01.2010, 19:44 Uhr

„Ich habe mich nie als Besitzer betrachtet“

Dass Unternehmer ihre Firma nicht vererben sondern einer eigenen Stiftung vermachen, ist immer noch die Ausnahme. Peter Pohlmann hat diesen Weg gewählt. Der Unternehmer hat in 20 Jahren von Bergkamen aus die größte deutsche Möbeldiscountkette aufgezogen. Fragen an den Stifter.

VDI nachrichten: Herr Pohlmann, warum haben Sie Ihr Unternehmen in eine Stiftung eingebracht? Sie hätten es auch Ihren drei Kindern vererben können.

Pohlmann: Ich habe mich schon 1995 entschieden, meine Nachfolge so zu regeln. Den Anstoß dazu gab die Bekanntschaft mit Reinhard Mohn. Es hat mich tief beeindruckt, was er geschaffen hat. Ich fand diesen Mann einfach großartig. Er hat ein Unternehmen aufgebaut und dann gesagt: Ich hab das nicht für mich gemacht, sondern mit und für die Mitarbeiter. Ich will deshalb nicht, dass spätere Erben glauben, sie wären Besitzer des Unternehmens und könnten nach Belieben darüber verfügen.

Sie sehen sich auch nicht als Besitzer von Poco?

Nein, ich hab mich nie als Besitzer betrachtet. Ich habe es als meine Aufgabe angesehen, das Unternehmen zu entwickeln. Ich konnte diese Aufgabe nur lösen dank der vielen Menschen, die mir Kredit gegeben, mir Vertrauen geschenkt haben…

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Das klingt, als hätten Sie Ihr Unternehmen aus Dankbarkeit gestiftet.

Nein, Dankbarkeit trifft es nicht. Es geht darum, dass Poco mehr ist als ich selbst. Ich wollte ausschließen, dass das Unternehmen eines Tages auseinander genommen wird.

Sie hätten Ihr Unternehmen auch verkaufen können…

Schauen Sie, ich bin nicht vor 20 Jahren Unternehmer geworden, um das große Geld zu machen. Natürlich muss man sein regelmäßiges Einkommen haben, damit die Familie leben kann. Aber mir ging“s immer um die Sache.

Wir wollten in unseren Möbelhäusern gute Ware zu günstigsten Preisen bieten. Wir wollten immer nah an unseren Kunden sein. Nur so sind wir das profitabelste Unternehmen der Branche geworden. Nicht dadurch, dass wir jeden Tag auf den Shareholder Value geschielt haben. Es geht um die Kunden und die Mitarbeiter. Wer die nicht aus dem Blick verliert, belohnt am Ende des Tages auch seine Anteilseigner.

Wie haben Ihre Frau und Ihre Kinder auf Ihre Entscheidung reagiert?

Die Familie versteht die Stiftungslösung. Ihr Herzblut hängt auch am Unternehmen. Und meine Kinder haben natürlich ein Interesse, es weiter zu entwickeln.

Sie haben eine Stiftungslösung gewählt, bei der Ihre Kinder im Unternehmen das Sagen haben, ohne dass es ihnen gehört?

Ja, wir haben zwei Stiftungen gegründet. Die gemeinnützige Peter-Pohlmann- Stiftung, in der 95 % des Kapitals liegen und eine privatnützige Familienstiftung, die 95 % der Stimmrechte hält. Die Familienstiftung verhindert, dass die Stimmrechte, die meine Kinder jetzt ausüben, vererbt werden. Jedes Kind kann statt dessen einen Nachfolger benennen, der aber von einem Beirat bestätigt werden muss.

Welche Anreize gibt es dann für Ihre Kinder, das Unternehmen zu entwickeln?

Die Vorstände der Familienstiftung sollen natürlich auch Spaß haben an der Arbeit. Deshalb haben wir unterhalb der Familienstiftung die Tripos GmbH angesiedelt, in die alle Gewinne der Gesellschaften einfließen. Außerdem die Erträge des Kapitals, über das die Tripos GmbH verfügt. In dieser Gesellschaft sind meine drei Kinder Geschäftsführer. Sie erhalten ein Geschäftsführergehalt und eine Gewinnbeteiligung von bis zu 50 %.

Wie profitiert die gemeinnützige Stiftung von den Geldern, die im Unternehmen erwirtschaftet werden?

Die Stiftung profitiert auf mehrfache Weise. Erstens habe ich ihr 2 Mio. € Stiftungskapital zur Verfügung gestellt. Aus den Erträgen dieses Kapital kann sie gemeinnützige Dinge tun. Zweitens bekommt sie Jahr für Jahr einen festen Anteil aus den Erträgen der Tripos GmbH. Außerdem erhält sie natürlich von allem, was ausgeschüttet werden sollte, 95 %.

Die Stiftungslösung, die Sie gewählt haben, klingt komplex. Hatten Sie dabei Unterstützung?

Wir haben mit der Stiftungsberatung Panta Rhei in Mannheim zusammengearbeitet. Deren Geschäftsführer, Herrn Dr. Timmer, kannte ich noch von seiner Zeit bei der Bertelsmann-Stiftung. Er hat die Anwälte vermittelt und betreut auch die gemeinnützige Stiftung, so lange sie noch nicht rechtsfähig ist.

Sie warten noch auf eine Bescheinigung des Finanzamtes?

Ja, das ist leider ein langwieriger und teurer Vorgang. Das Finanzamt kann für eine rechtsverbindliche Auskunft, ob die Stiftungskonstruktion anerkannt wird, bis zu 97 000 € verlangen. Wir haben den Betrag stark runtergehandelt. Aber als jemand, der fast sein ganzes Unternehmen der Allgemeinheit übergibt, wundert man sich schon…

..dass der Fiskus bei Stiftern so zulangt?

Genau, ich finde das nicht in Ordnung. Auf der einen Seite fordert der Staat mehr Stiftungen und privates Engagement. Auf der anderen Seite will er abkassieren. Das passt nicht zusammen.

Zwei Ihrer Kinder haben bis vor Kurzem im Management von Poco mitgearbeitet. Jetzt sind sie ausgeschieden, um sich selbstständig zu machen. Enttäuscht?

Nein, mich freut das wirklich. Ich sehe den unternehmerischen Mut, den sie haben, das Engagement. Das ist die beste Voraussetzung, um auch bei Poco Verantwortung zu tragen…

..eines Tages vielleicht auch als Geschäftsführer und nicht nur als Gesellschafter der Gruppe? Wünscht sich das der Vater in Ihnen?

Nicht der Vater in mir, sondern der Unternehmer wünscht sich, dass immer der Beste an der Spitze der Firma steht. Wenn eines meiner Kinder sich dafür qualifiziert, gut. Wenn nicht, ist es auch kein Drama. Das müssen die Gesellschafter hinterher gemeinsam beschließen.

Im Übrigen ist das auch eine Frage des Zeitpunktes. Meine Kinder sind jetzt Anfang bis Mitte dreißig. Da können sie ruhig noch ein paar Jahre Erfahrungen sammeln. Ich habe mich mit 46 selbstständig gemacht und hatte da schon viele Stationen hinter mir.

Sie sind jetzt 66 Jahre alt. Mit 70 wollen Sie den Aufsichtsvorsitz bei Poco aufgeben. Danach zählt für Sie vor allem Ihre Stiftung?

Neben vielen Reisen, die ich mit meiner Frau machen möchte, kann ich mir das gut vorstellen. Mit der Stiftung möchte ich vorrangig die Ausbildung junger Menschen fördern. So unterstützen wir schon heute die Privatuniversität Witten-Herdecke, deren Kuratorium ich vorstehe.

Außerdem liegt mir viel daran, etwas für die Integration von Migranten zu tun. Wir helfen etwa einer Selbsthilfegruppe von jungen Türken. Da geht es darum, Deutschkenntnisse zu verbessern. Wenn fast 30 % der jungen Türken ohne Abschluss die Schule verlassen, dann ist das eine Katastrophe. Das sind doch intelligente Leute, die meist nur scheitern, weil es an der Sprache hapert.

Warum liegt Ihnen dieses Thema so am Herzen?

Zum einen weil wir bei Poco viele Migranten beschäftigen. Zum anderen, weil ich selbst ein miserabler Schüler war. Ich habe nur Quartaabitur. Wir verschleudern Talente, wenn wir nur nach Noten gehen. Unser Schulsystem sortiert zu viele aus. Das können wir uns nicht leisten. PETER SCHWARZ

Organigramm, das die Stiftungslösung von Peter Pohlmann im Detail wiedergibt:

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Peter Pohlmann 

 

 

-ist ein später Gründer: Nach vielen Jahren als Manager in der Textilindustrie, eröffnete er 46-jährig Ende der achtziger Jahre unter dem Namen Poco seinen ersten Möbelmarkt.

-Einfache Möbel für den schmalen Geldbeutel – ein Geschäftsmodell, das im Discountland Deutschland ankam. Heute gehören zur Poco Domäne Holding 85 Häuser und 5700 Mitarbeiter. Der Umsatz nähert sich der Milliardenschwelle.

-Über die Beteiligungsfirma LiVest kontrolliert die Familie Pohlmann 50 % der Anteile der Möbelgruppe. Die andere Hälfte gehört James Moore, einem britischen Geschäftspartner des Firmengründers.

-Peter Pohlmann hat sich 2003 aus dem Tagesgeschäft zurückgezogen und führt seitdem den Aufsichtsrat der Möbelgruppe. ps

Ein Beitrag von:

  • Peter Schwarz

    Ressortleiter Wirtschaft bei VDI nachrichten. Fachthemen: Wirtschaftspolitik, Konjunktur, Unternehmen.

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