Textiltechnologie 09.11.2012, 19:55 Uhr

Intelligentes Gewebe misst, warnt, leuchtet und funkt

Outdoor-Shirts, die den Puls messen, Rucksäcke, deren integriertes Alarmsystem vor Langfingern warnt, Feuerwehrjacken, die bei Überhitzung ihres Trägers rot leuchten – mit diesen Prototypen demonstrierten Forschung und Industrie im Fraunhofer-Forum in München, wie sich künftig Intelligenz in Textilien integrieren lässt.

Light Therapy Blanket

Light Therapy Blanket

Foto: Werkfoto

Flach und flexibel statt starr und spröde wird der Computer der Zukunft sein. Er wird dann nicht nur unsichtbar bleiben, der Mensch wird ihn auch auf der Haut tragen, denn seine Kleidung wird mit Mikroelektronik ausgestattet, so die Vision. Seit über einem Jahrzehnt beschäftigen sich Forscher mit „Smart Textiles“. Noch aber lassen marktfähige Produkte auf sich warten.

Möglicherweise könnte ihnen die Haute Couture jetzt den Weg bereiten. Im Fraunhofer-Forum, München, sorgte Ende Oktober ein Model im blauen Seidenkleid für Aufsehen, als dessen 32 Leuchtdioden (LED) ein kleines Feuerwerk aus weißem Licht zündeten. Die Technologie dahinter: Ein Beschleunigungssensor registriert die Bewegungen der Trägerin und ein Mikrocontroller wandelt diese in korrespondierende Lichtsignale um.

Das Projekt entstand in Zusammenarbeit der Weißensee Kunsthochschule Berlin mit dem Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM. Nach Ansicht von dessen Chef, Klaus-Dieter Lang, haben textile Mikrosysteme ein großes Potenzial. Allerdings nicht in der Haute Couture. Der Massenmarkt, meinen die Beteiligten, liege vielmehr in der Sicherheits-, Sport- und Freizeitbekleidung. Das bedeutet einen Paradigmenwechsel im Design von Chips: Moderne Platinen sind dehnbar und lassen sich in Textilien einarbeiten. Wird die Mikroelektronik mit Lichtquellen und Funkmodulen kombiniert, verwandeln sich schlichte Fasern in „interaktives Gewebe“.

Ein Beispiel dafür ist ein neu entwickeltes Shirt des Fraunhofer IZM: Im Stoff befinden sich leitfähige Materialien, die die Aktivität des Herzmuskels messen und die Atemfrequenz registrieren, sowie ultraflache Chips, die elektrische Signale mithilfe von Algorithmen auswerten. Überschreiten Puls und Atmung einen bestimmten Wert, droht also eine Überlastung, wird der Träger über ein Lichtsignal gewarnt. Vorstellbar wäre, die Sensoren mit einem körpernahen Funknetzwerk zu verbinden. Auf diese Weise ist eine drahtlose Kommunikation mit der Außenwelt möglich.

Stellenangebote im Bereich Forschung & Entwicklung

Forschung & Entwicklung Jobs
RHEINMETALL AG-Firmenlogo
Verstärkung für unsere technischen Projekte im Bereich Engineering und IT (m/w/d) RHEINMETALL AG
deutschlandweit Zum Job 
über aeconsult-Firmenlogo
(Bereichs-)Leiter Produktion (m/w/d) über aeconsult
zentral in Norddeutschland Zum Job 
CoorsTek GmbH-Firmenlogo
Prozessingenieur / Ingenieur (m/w/d) Produktion CoorsTek GmbH
Mönchengladbach Zum Job 
A. Menarini Research & Business Service GmbH-Firmenlogo
Junior-Ingenieur für Infrastruktur und Herstellanlagen (m/w/d) A. Menarini Research & Business Service GmbH
über RSP Advice Unternehmensberatung-Firmenlogo
Technische Leitung (m/w/d) über RSP Advice Unternehmensberatung
Schleifring GmbH-Firmenlogo
Testingenieur für die Produktqualifikation (m/w/d) Schleifring GmbH
Fürstenfeldbruck Zum Job 
Flowserve Corporation-Firmenlogo
Trainee Operations (m/w/d) mit dem Schwerpunkt Prozessoptimierung und Digitalisierung Flowserve Corporation
Dortmund Zum Job 
FEIG ELECTRONIC GmbH-Firmenlogo
(Senior-) Hardwareentwickler*in - Schaltungstechnik und Mikrocontroller, Sensorik FEIG ELECTRONIC GmbH
Weilburg Zum Job 
Ruland Engineering & Consulting GmbH-Firmenlogo
Leiter (m/w/d) verfahrenstechnische Fertigung Ruland Engineering & Consulting GmbH
Neustadt an der Weinstraße Zum Job 
WIRTGEN GROUP Branch of John Deere GmbH & Co. KG-Firmenlogo
Projektleiter (m/w/d) mit dem Schwerpunkt R&D und Produktion WIRTGEN GROUP Branch of John Deere GmbH & Co. KG
Windhagen Zum Job 
Tagueri AG-Firmenlogo
(Junior) Consultant Funktionale Sicherheit (m/w/d)* Tagueri AG
Stuttgart Zum Job 
ANDRITZ Separation GmbH-Firmenlogo
Automatisierungsingenieur (m/w/d) für Dynamic Crossflow-Filter ANDRITZ Separation GmbH
Vierkirchen Zum Job 
durlum Group GmbH-Firmenlogo
Konstruktionsingenieur (m/w/d) durlum Group GmbH
Schopfheim Zum Job 
HARTMANN-Firmenlogo
Konstrukteur / Entwicklungsingenieur (w/m/d) HARTMANN
Heidenheim Zum Job 
Adolf Würth GmbH & Co. KG-Firmenlogo
Elektroingenieur (m/w/d) Fahrzeugeinrichtung Adolf Würth GmbH & Co. KG
Obersulm-Willsbach Zum Job 
HAWK Hochschule Hildesheim/Holzminden/Göttingen-Firmenlogo
Laboringenieur*in im Bereich Elektro- und Messtechnik/Gebäudeautonomie HAWK Hochschule Hildesheim/Holzminden/Göttingen
Holzminden Zum Job 
Technische Hochschule Mittelhessen-Firmenlogo
W2-Professur mit dem Fachgebiet Material- und Fertigungstechnologie Metallischer Werkstoffe Technische Hochschule Mittelhessen
Friedberg Zum Job 

„Textilien können auch therapeutische Funktionen übernehmen“, ist Koen van Os überzeugt. Der Entwicklungsmanager von Philips Research präsentierte einen neuartigen breiten Stoffgurt: In einem Schlitz auf der Innenseite lässt sich eine flache Lichtquelle von der Größe eines Mauspads unterbringen. Die darin integrierten LED sollen muskuläre Verspannungen am Rücken oder im Schulter-Nacken-Bereich lösen.

Eine Fototherapie mit kurzwelligem Licht könnte auch Neugeborenen helfen, die mit einer Gelbsucht auf die Welt kommen. Diese entsteht durch vermehrte Einlagerung von Bilirubin, einer Zwischenstufe des fetalen Hämoglobins, in die Haut. Üblicherweise werden die Säuglinge mit einer Lampe bestrahlt. Diese Funktion könnte eine Bettdecke übernehmen, die kurzwelliges blaues Licht abstrahlt. Dadurch wird das Bilirubin in das wasserlösliche Lumirubin umgewandelt und kann dann über die Nieren ausgeschieden werden.

Auch die Automobilindustrie ist an neuen Faserwerkstoffen interessiert. Ohne Textilien wird Elektromobilität nicht möglich sein, meinen Experten wie Manfred Wagner von der Forschungs- und Entwicklungsabteilung der Daimler AG in Böblingen. Elektroautos müssen leicht sein, um die Akkus zu schonen. Dabei geht es aber nicht nur darum, textile Trägermaterialien mit Kunststoff oder Metall kombinieren.

Kopfzerbrechen bereiten den Autobauern vor allem Komfortfunktionen, die besonders viel Strom benötigen: beispielsweise die Beleuchtung oder die Heizung. Warum nicht ein Auto mit einer Textiloberfläche versehen, die Bänder aus Dünnschicht-Solarzellen enthält? Diese oberste Schicht könnte Sonnenlicht in Strom umwandeln, um etwa Schalter zu hinterleuchten oder die Sitzheizung zu speisen. Überhaupt könnten Sensoren im Textil Fahrer oder Beifahrer erkennen und den Sitz entsprechend seiner Größe einstellen. Sie könnten auch die Körperfunktionen des Fahrers erfassen – wenn er das denn will.

Die Anwendungsmöglichkeiten klingen vielversprechend, doch bei der Einbettung von Mikroelektronik in Textilien besteht noch Forschungs- und Entwicklungsbedarf: So müssen elektronische Komponenten beispielsweise in Fahrzeugsitzen zuverlässig und robust sein, wenn es den Fahrer aufgrund schlechten Straßenbelags schüttelt und rüttelt und dadurch Messsignale verfälscht werden.

Generell sollten schlaue Stoffe dehnbar, umwelt- und waschbeständig sein. Sie stellen dabei ganz andere Anforderungen an Herstellung und Verarbeitung als die klassische Elektronik. „Wir benötigen flexible organische Substrate, etwa Kunststoffe, die sich durch Wärme verformen lassen, und zuverlässige Verbindungtechniken“, beschreibt Fraunhofer-Experte Lang die Herausforderung.

Elektronik und Textilien, haben die Experten herausgefunden, können mittels Laminierung (wie man das bei wasserbeständigen Fotos oder Dokumenten kennt) verbunden werden, Leiterbahnen werden durch wellenförmige Strukturen dehnbar. Bei elektrischen Kontaktierungen setzten sie auf das sogenannte mechanische Crimpen: Dabei werden zwei Komponenten durch Verformung elektrisch und mechanisch miteinander verbunden.

Das aber ist noch längst nicht das Ende der Möglichkeiten. Anregungen gibt wieder die Haute Couture, denn die Forscher wissen jetzt: Antennen lassen sich weben, Leiterbahnen und Kontakte genauso gut sticken. E. TSAKIRIDOU

 

Ein Beitrag von:

  • Eve Tsakiridou

    Eve Tsakiridou ist Journalistin und Podcasterin. Sie hat Biologie und Philosophie studiert und im Bereich Hirnforschung promoviert. Das redaktionelle Handwerkszeug lernte sie bei der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung. Zu ihren Arbeitsschwerpunkten gehören u.a. Technologie und Wissenschaft.

Themen im Artikel

Zu unseren Newslettern anmelden

Das Wichtigste immer im Blick: Mit unseren beiden Newslettern verpassen Sie keine News mehr aus der schönen neuen Technikwelt und erhalten Karrieretipps rund um Jobsuche & Bewerbung. Sie begeistert ein Thema mehr als das andere? Dann wählen Sie einfach Ihren kostenfreien Favoriten.