Kampfdrohne wächst von ganz alleine
Ein britisches Unternehmen will Drohnen quasi wie Pflanzen züchten. Der chemische Prozess soll praktisch von alleine ablaufen. Die Vision klingt unglaublich. Stammt aber von BAE Systems, einem der größten Rüstungskonzerne der Welt.
Ein grünlich schimmerndes Etwas in einer schleimigen Flüssigkeit. Es sieht aus wie ein eingelegter Rochen. Bei näherem Hinsehen fällt auf: Das Ding hat so etwas wie Tragflächen, Leitwerk und eine rechteckige Öffnung im Rücken. In runden Aquarien steht gleich ein halbes Dutzend dieser merkwürdigen Kreaturen herum. Wir sind hier aber weder in einem James-Bond-Film noch in einem billigen Horrorstreifen. Vielmehr ist das düster wirkende Szenario für die, die es virtuell aufgebaut haben, eine herrliche Vision.
Und diese zielt ab auf Kampfdrohnen, die quasi gezüchtet werden: in einem chemischen Prozess, der auf molekularer Ebene beginnt und der analog zum biologischen Wachstum einer Pflanze oder eines Tieres abläuft, aber rein künstlich erzeugt ist. Die Technologie, die das ermöglichen soll, nennt sich „Chemputer“. Mit dieser „radikal neuen Maschine“ könnten Fluggeräte der Zukunft in nur einigen Wochen statt in Jahren gebaut werden, glauben die Regisseure dieses seltsamen Films.
Zusammenarbeit mit Universität Glasgow
Und wer sind die? Kann man denen ein Wort glauben? Man muss wohl. Hinter dem jetzt vorgestellten Projekt steckt zum einen BAE Systems, einer der größten Rüstungskonzerne der Welt, der zum Beispiel auch am Eurofighter beteiligt ist und seit Jahren an einer autonomen Kriegsdrohne arbeitet. Einer der Ingenieure dort ist Nick Colosimo, und er glaubt, dass „diese rein britische Technologie die militärischen Herausforderungen der Zukunft meistern“ könne.
Rein britisch ist das Ganze, weil BAE daran zusammen mit der Universität Glasgow arbeitet. Dort gibt es am Chemischen Institut eine rund 30-köpfige Forschergruppe um Professor Lee Cronin. Ihr Hauptziel sind Verfahren, die sie als Produkte einer nicht-organischen Biologie beschreiben: Chemische Prozesse, in denen sich Moleküle selbst zusammenfügen, und das weitgehend autonom, ohne menschliche Eingriffe während des Selbstaufbaus.
Moleküle aus dem 3D-Drucker
Klingt erst einmal irrational. Zumal weder BAE noch die Glasgower Forscher irgendetwas darüber verraten, welche Substanzen hier zum Einsatz kommen sollen und welche Katalysatoren diesen Prozess vorantreiben könnten. Doch Cronin ist ein noch recht junger, bereits vielfach ausgezeichneter Chemiker, dem es an Selbstvertrauen nicht mangelt. „Ich bin optimistisch, dass kreatives Denken und digitale Technologien am Ende dazu führen, dass komplexe chemische und materielle Systeme digital programmiert werden können“, sagt Cronin.
Die bisher bekanntgewordenen Ideen des Professors scheinen im Vergleich dazu allerdings schon geradezu konventionell: Er arbeitet mit seiner Gruppe seit einigen Jahren an einem 3D-Druckverfahren, das nicht Gegenstände, sondern Moleküle hervorbringt. So soll es in ferner Zukunft möglich sein, mithilfe weniger Bestandteile beispielsweise Medikamente einfach herzustellen.
Sogar Elektronik züchten?
Ganz anderen Zwecken wird indes die „gezüchtete“ Kampfdrohne dienen. Mithilfe des Chemputers sollen nicht nur mechanische Bauteile erzeugt werden, sondern womöglich sogar elektronische Komponenten. Auf diese Weise würde der Herstellungsprozess von Kriegsmaterial drastisch vereinfacht. Eine Vision, die man vielleicht auch nicht so herrlich finden kann.
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