Karlsruher Forscher bauen eine Tarnkappe für den Wärmefluss
Ein guter Wärmeleiter wie Kupfer in Kombination mit einem schlechten Wärmeleiter wie Silikon ermöglicht es, den Fluss von Wärme gezielt zu steuern. Karlsruher Forscher haben so ein kaltes rundes Zentrum auf einer Metallplatte erzeugt, um das herum die Wärme gleichmäßig fließt. Eine Tarnkappe für den Wärmefluss.
Wärme braucht der Mensch, das wissen alle. Doch für manche elektronischen Bauteile ist ein Zuviel an Wärme eine Art Todesdrohung. Einen kleinen aber feinen Schritt in Richtung Wärmemanagement für die Mikroelektronik sind Wissenschaftler jetzt am Institut für Angewandte Physik des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) gegangen. Ihnen ist es gelungen, die Ausbreitung von Wärme in einer strukturierten Platte aus Kupfer und Silikon gezielt zu steuern.
Im konkreten Experiment ließen sie einen gleichmäßigen Wärmefluss von links nach rechts durch die Platte gleiten, der einen zentralen Bereich in der Mitte ausspart. Entstanden ist somit eine Art Tarnkappe für den Wärmefluss. „Wichtig war es, für die thermische Tarnkappe die beiden verwendeten Materialien geschickt anzuordnen“, erklärt Robert Schittny vom KIT, der Erstautor der Studie, die nun in der Fachzeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht worden ist.
Zwei sehr unterschiedliche Wärmeleiter miteinander kombiniert
Der Trick für diese thermische Tarnkappe besteht darin, zwei sehr unterschiedliche Wärmeleiter miteinander zu kombinieren. Auf der einen Seite Kupfer als sehr guter Wärmeleiter, auf der anderen Seite ein Silikonwerkstoff namens PDMS als sehr schlechter Wärmeleiter. „Indem wir ringförmige Silikonstrukturen in eine dünne Kupferplatte einlassen, stellen wir ein Material her, das Wärme in verschiedenen Richtungen verschieden schnell leitet. Nur so lässt es sich erreichen, dass ein Umweg um ein verstecktes Objekt zeitlich kompensiert werden kann“, erklärt Schnittny.
Im Inneren des Rings bleibt die Platte kalt
Das Experiment ist im Grunde einfach strukturiert. Eine solide Kupferplatte wird am linken Rand erhitzt. Die Wärme breitet sich gleichmäßig in der Kupferplatte nach rechts aus. Die Temperatur nimmt dabei gleichmäßig von links nach rechts ab. Auch das neue Metamaterial aus Kupfer und Silikon zeigt dieses normale Verhalten. Allerdings nur außerhalb der Ringstruktur. Ins Innere des Rings dringt jedoch keine Wärme ein und außen herum gibt es keine Anzeichen dafür, was im Inneren geschieht. Eine perfekte thermische Tarnkappe ist so entstanden.
Solche Tarnkappen sind für Schall, Mikrowellen und auch sichtbares Licht bereits realisiert worden. Am KIT ist auch die erste dreidimensionale Tarnkappe für sichtbares Licht entstanden. Optik und Akustik basieren mathematisch auf der Ausbreitung von Wellen, bei der Wärme hingegen handelt es sich um ein Maß für die ungeordnete Bewegung von Atomen. „Die Ergebnisse zeigen auf eindrucksvolle Art, dass Methoden aus der Transformationsoptik auch auf dem fundamental verschiedenen Feld der Thermodynamik anwendbar sind“, sagt Martin Wegener, Leiter des Instituts für Angewandte Physik am KIT.
Thermische Tarnkappen sind ein junges Gebiet der Grundlagenforschung
Die KIT-Physiker nutzen die der Transformationsoptik zugrunde liegenden mathematischen Beschreibungen für die Berechnung der Strukturen, die ihre thermische Tarnkappe aufbringen muss. Kryptisch gesagt wird mit den Methoden der Transformationsoptik eine Verzerrung des beschreibenden Koordinatensystems berechnet. Rein rechnerisch verschwindet ein ausgedehntes Objekt so in einem unendlich kleinen Punkt. Diese virtuelle Verzerrung lässt sich auf eine reale Materialstruktur abbilden. Fertig ist die Tarnkappe, ganz gleich ob für Lichtwellen oder für Wärmeausbreitung.
Diese thermischen Tarnkappen sind noch ein sehr junges Gebiet der Grundlagenforschung. „Ich hoffe, dass unsere Arbeit die Grundlagen legt für viele weitere Entwicklungen rund um thermodynamische Metamaterialien“, sagt Wegener. Langfristig können die jetzt erzielten Ergebnisse einer gezielten Steuerung von Wärmeflüssen in Bereichen Anwendung finden, die ein effektives Wärmemanagement dringend benötigen. Das sind etwa Mikrochips, elektrische Bauteile oder Maschinen.
Einen anderen Weg der Wärmefluss-Steuerung gehen Wissenschaftler von der TU Kaiserslautern. Sie induzieren durch Mikrowellen magnetische Spinwellen in einen magnetischen Granat und konnten so den Wärmefluss beeinflussen. Ingenieur.de berichtete darüber, lesen Sie hier den Artikel aus unserem Archiv.
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