Macht künstliches Licht in der Nacht krank?
Wer nachts mit Licht schläft, altert schneller. Wahrscheinlich. Mäuse auf jeden Fall. Das hat ein Versuch niederländischer Forscher mit den Nagetieren ergeben. Das Ergebnis der Studie lässt sich nicht einfach auf den Menschen übertragen. Warum warnen Wissenschaftler dennoch vor Dauerbeleuchtung?
Die Forscher vom University Medical Center in Leiden haben ihre Versuchsmäuse ein halbes Jahr lang ständigem Licht ausgesetzt, sodass es nie dunkel wurde. Insgesamt reagierten die Mäuse auf die Dauerbeleuchtung und auf das Fehlen des normalen Tag-Nacht-Rhythmus mit ähnlichen Veränderungen, die typischerweise beim Älterwerden beobachtet werden: Sie bauten Muskeln ab, ihre Knochen zeigten Anzeichen für Osteoporose und das Immunsystem der Nager schüttete vermehrt Entzündungsbotenstoffe aus. Dadurch befand sich ihre Abwehr gewissermaßen in ständigem Alarmzustand, ähnlich wie bei Reaktionen auf Krankheitserreger, erläutern die Forscher. Das Team um die Wissenschaftlerin Johanna Meijer hat seine Ergebnisse in der Fachzeitschrift Current Biology veröffentlicht.
Mehr Knochenbrüche durch zu viel Licht?
Doch was bedeutet das für Menschen? Mäuse-Studien lassen sich zwar nicht einfach auf den menschlichen Organismus übertragen, trotzdem ist das Ergebnis ernstzunehmend, sagt der Berliner Schlafmediziner Dieter Kunz auf spiegel.de. „Es ist ein deutlicher Hinweis, dass der Hell-Dunkel-Rhythmus für die Gesundheit eine erhebliche Rolle spielt“, so Kunz. Womöglich sei das eine Erklärung dafür, warum manche Menschen früher und stärker Osteoporose bekommen und zu Knochenbrüchen neigen.
Es kommt auf das Wechselspiel zwischen Licht und Dunkelheit an
Vermutlich ist der Tag-Nacht-Wechsel viel wichtiger als gedacht. „Früher haben wir Licht und Dunkel in Bezug auf unsere Gesundheit für einen harmlosen, neutralen Reiz gehalten“, sagt Studienleiterin Meijer. „Jetzt stellen wir fest, dass das nicht der Fall ist.“ Die neue Studie demonstriere nachdrücklich, dass der natürliche Tag-Nacht-Zyklus für die Gesundheit wichtig ist.
Schon frühere Studien haben gezeigt, das es auf das Wechselspiel zwischen hell und dunkel ankommt: Ist die Glühbirne nachts an, wird die innere Uhr durcheinander gebracht und damit der Hormonhaushalt. Außerdem kann ein gestörter Tag-Nacht-Rhythmus Übergewicht und Depressionen befeuern. Auch ein Zusammenhang mit Krebserkrankungen wird nicht ausgeschlossen.
Allerdings ist nächtliches Licht inzwischen gar nicht mehr wegzudenken. Der aktuelle Atlas der Lichtverschmutzung zeigt, dass rund 80 % der Menschheit keine echte Dunkelheit mehr erleben. Ein Drittel der Weltbevölkerung kann die Milchstraße nicht mehr erkennen. Unter anderem Straßenlaternen und beleuchtete Häuser gaukeln einem den Tag vor. Außerdem arbeiten viele Menschen nachts. In Pflegeheimen, Krankenhäusern oder Schlafzimmern brennt gedimmtes Licht.
Mäuse haben sich wieder regeneriert
Die niederländische Mäuse-Studie hat aber auch eine gute Nachricht im Gepäck: Bei den Tieren verschwanden die gesundheitlichen Probleme nach zwei Wochen, nachdem der natürliche Tag-Nacht-Zyklus wieder hergestellt war. Könnte das auch beim Menschen der Fall sein? Leider nicht,, sagt Schlafforscher Kunz: „Die Erfahrung bei Schichtarbeitern zeigt, dass auch bei Rückkehr zu einem normalen Lebensrhythmus langfristige Folgeschäden bleiben.“
Es versteht sich von selbst, dass nicht jeder, dem nächtlichen Hell entkommen kann. Wer es aber kann, tut sich wohl einen Gefallen damit. Also: Das Schlafzimmer so präparieren wie es unsere Vorfahren kannten – dunkel.
Zumal ein internationales Forschungsteam schon nachgewiesen hat, dass Mäuse, die nicht dem 24-Stunden-Rhythmus folgen, weniger Nachkommen haben und kürzer leben.
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