Mit Antenne Tiere aus dem All beobachten
Auf der ISS ist gerade eine 200 Kilogramm schwere Antenne angekommen, die gleichzeitig Millionen Informationen empfangen kann. Sie speichert die Wander- und Flugbewegungen von Tieren auf der Erde. Die weltweite Aktion soll nicht nur Tier- und Umweltschutz verbessern, sondern auch helfen, die Verbreitung von Krankheiten aufzudecken.
Am 15. Februar ist ein neues technisches Gerät auf der Internationalen Raumstation (ISS) angekommen, das einzigartige Forschungsarbeiten möglich macht. Es handelt sich um eine 200 Kilogramm schwere Antenne. Der Antennenblock besteht aus drei bis zu zwei Meter langen Empfangs- und einer Sendeantenne. Die Empfangsantennen können weltweit die Daten von mehr als 15 Millionen Sendern empfangen, die sich irgendwo auf der Erde bewegen.
Icarus, so die Bezeichnung der Antenne mit zwei faltbaren Flügeln, soll die Wanderbewegungen beziehungsweise Flugrouten von Tieren weltweit sichtbar machen. „Der russische Progress-Raumfrachter MS-08 hat etwa 2.500 Kilogramm Gepäck an Bord, wovon auf Icarus – das technisch modernste Projekt zur globalen Tierbeobachtung aus dem All – etwa 200 Kilo entfallen“, sagte Johannes Weppler, Icarus-Projektleiter im Raumfahrtmanagement des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt in Bonn.
Wie kommt die Vogelgrippe nach Europa?
An dem Projekt sind zahlreiche Wissenschaftler sowie die Raumfahrtagenturen Russlands und Deutschlands beteiligt. Die Federführung hat das Max-Planck-Institut für Ornithologie (ORN) in Radolfzell am Bodensee. Die Erwartungen an Icarus sind groß: „Wir müssen dringend mehr darüber wissen, wie Tiere Krankheitserreger verbreiten. Wie kommt die Vogelgrippe nach Europa? In welchen Tieren kommt das Ebola-Virus vor? Künftig wollen wir deshalb mit Icarus die Flugrouten von Wasservögeln in Asien und Flughunden in Afrika verfolgen. Beide gelten als mögliche Überträger der Erreger“, so Martin Wikelski, Direktor am Max-Planck-Institut für Ornithologie in Radolfzell und Leiter der Icarus-Mission. „Und zu guter Letzt werden wir in zehn Jahren wissen, welche Tierarten Naturkatastrophen vorhersagen können. Erste wissenschaftliche Daten von Erdbeben und Vulkanausbrüchen legen nahe, dass verschiedene Tiere solche Ereignisse Stunden vorher spüren. Wenn wir diese Fähigkeiten hieb- und stichfest belegen können, würde dies in Zukunft hunderttausenden Menschen das Leben retten.“
Sender wiegen gerade mal fünf Gramm
Die Signale kommen von Sendern, die an den Tieren befestigt werden. Sie wiegen gerade mal fünf Gramm, können aber ohne weiteres als Wunder der Technik bezeichnet werden. Sie zeichnen die Routen auf, die die Tiere nehmen. Zudem speichern sie Umweltdaten wie Temperatur und Niederschläge sowie die Beschleunigung. Im Datenspeicher der Geräte befinden sich auch die Umlaufdaten der ISS. Nur wenn die Raumstation sich über den markierten Tieren befindet, wachen deren Sender auf und übermitteln die Daten. In der Zwischenzeit fallen sie in eine Art Halbschlaf, um Energie zu sparen.
Endspurt nach Alexander Gersts Ankunft auf der ISS
Noch ist das Gerät nicht einsatzbereit. Im April soll der Icarus-Computer an Bord der ISS in Betrieb genommen werden. Er speichert alle Daten und wertet sie aus. Am 8. August sollen die Russen Oleg Artemjew und Sergei Prokopjew die Antenne außen am Swesda-Modul anbringen. Prokopjew wird gemeinsam mit dem deutschen Astronauten Alexander Gerst im Juni auf der ISS erwartet. Gerst wird als zweiter Westeuropäer Kommandant der Station.
In Deutschland geht es mit Amseln los
„Ab Juni 2018 werden wir an 35 Orten in Deutschland zunächst Amseln mit unseren Minisendern ausstatten“, sagt Wikelski. Wenn alles glattgeht, kann Icarus im Herbst seinen wissenschaftlichen Betrieb aufnehmen. Weltweit werden dann 150 Forschungsprojekte die Wanderungen unterschiedlichster Tiere untersuchen, darunter Meeresschildkröten, Jaguare, Fledermäuse und Zugvögel.
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