Mit Laserstrahler: Forscher zähmen Blitze
Im Labor haben Forscher den Blitz gezähmt: Mit Laserstrahlen zwangen die Wissenschaftler elektrische Hochspannungsentladungen auf einen genau festgelegten Weg. Sogar in Kreisbögen und S-Profile konnten sie die künstlichen Blitzen zwingen. Diese Technologie wird Lichtbogen-Anwendungen verbessern.
Wer schon einmal ein Gewitter genau beobachtet hat: Blitze wechseln spontan ihre Richtung. Auf ihrem Weg vom Himmel zur Erde verästeln und teilen sie sich, bilden Ableger und zucken um die Ecke. Es scheint unmöglich, diese gewaltigen Energiebündel in eine kontrollierte Bahn zu zwingen. Genau das ist jetzt Forschern des Nationalen Forschungsinstituts Kanadas gelungen.
Es sind Blitze von wenigen Zentimeter Länge im Labor, die sie auf eine festgelegte Entladungsbahn zwingen, beschreiben die kanadischen Wissenschaftler im Fachmagazin „Science Advances“. Dieses Kunststück vollbringen die Forscher mit Laserstrahlen.
„Die Entladung folgt dem Weg des geringsten Widerstands“
Die Laserenergie ionisiert die Luft. So erzeugen die Wissenschaftler einen Kanal, in dem sich die elektrische Entladung leichter ausbreiten kann als in der umgebenden Luft. „Die Entladung folgt nun dem Weg des geringsten Widerstands“, erklären die Forscher um Matteo Clerici vom Nationalen Forschungsinstitut in Quebec. Sie denken bei ihren Experimenten nicht an die Blitze während eines Gewitters.
Ihnen geht es um Entladungen zwischen Elektroden, wie sie in der Industrie und in der Forschung genutzt werden. Denn bei diesen sind zwar der Start- und Endpunkt der Entladung definiert. Auf dem Weg dazwischen verhält sich jedoch auch der Entladungsblitz gerne chaotisch. „Es ist daher enorm wichtig, Methoden zu entwickeln, durch die wir die Bahn der Lichtbögen vollkommen kontrollieren können“, schreiben die Wissenschaftler um Matteo Clerici.
Gepulster Laserstrahl ionisiert die Luft
Um einen solchen Entladungsblitz zu kontrollieren, fokussierten sie im Raum zwischen zwei Metallspitzen einen mit 50 Femtosekunden gepulsten Laserstrahl, der eine Breite von zehn Millimetern hatte. An den Spitzen legten die Forscher eine geringe Spannung von nur 37 kV an, so dass es keine Entladung geben konnte. Normalerweise ist in einem solchen Aufbau eine Spannung von etwa 170 kV nötig, damit ein Funke überspringt. Die Laserpulse liefen dicht an den Metallspitzen vorbei. Es entstand ein Plasmakanal mit reduzierter Teilchendichte. Das genügte: Es kam zu einer Entladung, die dem Weg des geringsten Widerstands folgte.
Bessel-Strahl wirkte auf den Blitz wie eine Fernsteuerung
Allerdings nahm die Entladung nicht den kürzesten Weg, sondern erlaubte sich einen Zickzackkurs. Jetzt griffen die Wissenschaftler in die Trickkiste der Optik. Sie positionierten in den Laserstrahl ein Axicon, das ist eine flache, konisch geschliffene Linse. Diese macht aus dem gewöhnlichen Laserstrahl einen Bessel-Strahl. Der Trick wirkte auf den Entladungsblitz wie eine Fernsteuerung. Er zog eine schnurgerade Linie zwischen den beiden Elektrodenspitzen.
Ein Bessel-Strahl ändert während der Ausbreitung seine Form nicht. Und: Die Forscher konnten demonstrieren, dass sie mit Hilfe der Bessel-Strahlen auch gekrümmte Lichtbögen herstellen können, die gezielt Hindernisse umstrahlen. Mit einer Kombination mehrerer Laserstrahlen erzeugten sie sogar S-förmige Blitze.
„Diese Technologie ebnet den Weg zu einer systematischen und präzisen Kontrolle von Hochspannungs-Entladungen“, konstatieren Clerici und seine Kollegen. „Das eröffnet eine ganz Reihe von neuen Möglichkeiten sowohl für wissenschaftliche als auch für technische Anwendungen.“ Die bisherige Beschränkung auf wenige Zentimeter sind nicht in Stein gemeißelt – die Forscher jedenfalls sind optimistisch, dass mit ihrer Technologie auch größere Anordnungen beherrschbar sind.
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