Mit manipulierter Netzhaut sieht man Olo
„Mit dem zweiten sieht man besser“ – so lautet ein bekannter TV-Spruch. Doch dieser könnte bald eine neue Wendung bekommen: Mit lasermanipulierter Netzhaut sieht man – Olo.

Mit Laserlicht wird eine völlig neue Farbe sichtbar – Olo.
Foto: PantherMedia / Jürgen Fälchle
Olo ist eine Farbe, die Forschende sichtbar gemacht haben, eine Farbe, die Menschen normalerweise nicht sehen können.
Laserstrahlen regten die Zellen in der Netzhaut an, die daraufhin ein intensives Blaugrün ans Gehirn sendeten, das so nie zuvor wahrgenommen wurde. Mit Hilfe von Laserstrahlen konnten Forschende eine neue Farbe erzeugen. Sie nennen sie „Olo“. Diese Farbe kann man mit normalem Licht nicht sehen – sie erweitert das Farbspektrum, das wir bisher kannten.
„Wir haben von Anfang an vorausgesagt, dass es wie ein völlig neues Signal aussehen würde, aber wir wussten nicht, was das Gehirn damit machen würde“, sagte Ren Ng, Elektroingenieur an der University of California. „Es war unerwartet. Es war schwer zu fassen.“
Die Idee, dass es noch unbekannte Farben geben könnte, klingt erstmal unwahrscheinlich. Doch Forschenden der University of California, Berkeley, ist wohl das gelungen.
„Die Farbe – wir nennen sie „Olo“ – ist blau-grün und sehr gesättigt, also üppig und brillant“, beschreibt Ren Ng, Elektroingenieur diese Farbe in einem FAZ-Interview.
Drei Arten von Sinneszellen
Auf unserer Netzhaut gibt es drei Arten von Sinneszellen, sogenannte Zapfen, mit denen wir Farben sehen. Jeder Zapfentyp reagiert auf eine bestimmte Lichtwellenlänge:
- S-Zapfen auf kurzes (bläuliches) Licht,
- M-Zapfen auf mittleres (grünes) Licht,
- L-Zapfen auf langes (rötliches) Licht.
Diese Bereiche überschneiden sich – das heißt, oft reagieren mehrere Zapfen gleichzeitig auf eine Farbe. Welche Lichtarten unsere Zapfen erkennen, hängt von bestimmten Eiweißen in den Zellen ab. Und die werden von unserer DNA bestimmt – also von dem, was uns genetisch ausmacht.
Wie eine Maschine gezielt Farbzellen aktiviert
Der Ingenieur erklärte, dass die Maschine eine äußerst präzise Technologie nutzt, um gezielt einzelne Farbzellen auf der Netzhaut anzusprechen. Entwickelt wurde sie von Austin Roorda. Das System funktioniert mit einem speziellen optischen Gerät, das in der Lage ist, die einzelnen Zapfen zu erkennen und ihre Position genau zu bestimmen. Um auch kleinste Augenbewegungen auszugleichen, verfolgt eine Software kontinuierlich die Bewegungen des Auges.
Da das Auge selbst bei dem Versuch, es ruhig zu halten, ständig kleine Bewegungen macht, muss das System diese in Echtzeit berücksichtigen. Deshalb misst die Maschine tausendmal pro Sekunde, wo sich die Zellen befinden, und schickt dann innerhalb derselben Zeitspanne Hunderttausende von kleinen Lichtimpulsen genau auf die gewünschten Zapfen. Auf diese Weise können gezielt bestimmte Farbzellen aktiviert werden, ohne benachbarte Zellen zu beeinflussen.
Anwendungen für diese Technologie
Doch wozu ist es gut? Wahrscheinlich würde niemand eine solche Prozedur durchmachen, nur um für ein paar Sekunden eine völlig neue Farbe zu sehen. Aber es gibt auch praktische Anwendungen für diese Technologie.
Durch diese Methode hat man mehr über die Verarbeitung von Lichtsignalen in der Netzhaut erfahren. Das könnte in der Medizin nützlich sein, um die Funktionsweise der Farbzellen besser zu verstehen. Außerdem könnte die Technik helfen, Farbenblindheit zu behandeln oder die Farbwahrnehmung zu erweitern.
Abgesehen davon könnte die Entwicklung neuer Displaytechnologien von diesen Erkenntnissen profitieren. Auch virtuelle Realität könnte dadurch intensiver und realistischer werden.
“Wir wissen jetzt, dass wir mit dieser Plattform die Netzhaut sehr genau und leistungsfähig stimulieren können. Jetzt können wir damit forschen. Zum Beispiel könnten wir simulieren, was passiert, wenn manche Zapfen in der Netzhaut verloren gehen, indem wir die Lichtsignale an ihnen vorbeischicken. Wir könnten auch versuchen, das Licht so in die Netzhaut einer rot-grün-blinden Person einfallen zu lassen, dass ihr farbliches Sehvermögen gesteigert wird“, resümiert der Wissenschaftler.
Es ist nicht das erste Mal, dass Wissenschaftler einzelne Farbzellen in der Netzhaut stimulieren – diese Zellen senden Signale, die das Gehirn als Farben wahrnimmt. Doch diesmal gelang es, eine größere Fläche der Zellen zu aktivieren, was die Sehkraft einer Person deutlich verändert hat.
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