Höchste Präzision 30.01.2025, 11:06 Uhr

Mit Quanten und Atomen in eine neue Ära der Temperaturmessung

Alles eine Frage der Atome: Neues Rydberg-Thermometer misst Temperaturen mit höchster Präzision – ohne Kalibrierung und berührungslos.

Quantenthermometer

Laboraufbau zur Temperaturmessung mit riesigen „Rydberg“-Atomen. Die rot leuchtende Kugel zeigt die Wolke aus etwa einer Million Rubidiumatomen, die im Aufbau verwendet wird.

Foto: N. Schlossberger/NIST

Forschende des National Institute of Standards and Technology (NIST) in den USA haben ein innovatives Thermometer entwickelt, das auf den Prinzipien der Quantenphysik basiert. Es nutzt sogenannte Rydberg-Atome, die durch den Einfluss von Laserstrahlen auf außergewöhnlich hohe Energieniveaus gebracht werden. Diese Methode verspricht laut Forschungsteam eine bislang unerreichte Genauigkeit bei Temperaturmessungen – ohne die übliche Kalibrierung, die herkömmliche Thermometer erfordern.

Wie funktioniert das Rydberg-Thermometer?

Das Herzstück dieser Technologie sind Rydberg-Atome. Sie entstehen, wenn die äußersten Elektronen von Atomen mithilfe von Lasern in extrem hohe Umlaufbahnen versetzt werden. In diesem Zustand sind die Atome tausendmal größer als gewöhnlich und reagieren empfindlich auf äußere Einflüsse, insbesondere auf die sogenannte Schwarzkörperstrahlung – eine Form von Wärmestrahlung, die von allen Objekten abgegeben wird.

Das Forschungsteam des NIST füllte eine Vakuumkammer mit einem Gas aus Rubidiumatomen und kühlte es mithilfe von Laser- und Magnetfeldern auf nahezu den absoluten Nullpunkt ab. Durch gezielte Laseranregung wurden die Rubidiumatome in ihren Rydberg-Zustand versetzt. Dort interagieren sie mit der Wärmestrahlung der Umgebung, was Veränderungen in ihren Energieniveaus hervorruft. Indem Forschende diese Energiesprünge über die Zeit analysieren, können sie hochpräzise Temperaturen bestimmen.

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Vorteile gegenüber herkömmlichen Thermometern

Ein entscheidender Vorteil des Rydberg-Thermometers liegt darin, dass es berührungslos arbeitet. Herkömmliche Thermometer erfordern oft direkten Kontakt mit dem zu messenden Objekt oder Medium, was in manchen Anwendungen problematisch sein kann. Zudem entfällt die Notwendigkeit einer nachträglichen Kalibrierung, da die Messungen auf fundamentalen Naturkonstanten beruhen.

Noah Schlossberger, Postdoktorand am NIST, erklärt dazu: „Wir entwickeln im Wesentlichen ein Thermometer, das genaue Temperaturmessungen ohne die üblichen Kalibrierungen liefert, die bei aktuellen Thermometern erforderlich sind.“

Anwendungsmöglichkeiten und Zukunftsperspektiven

Die Einsatzgebiete für diese Technologie sind vielfältig. Neben hochpräzisen wissenschaftlichen Experimenten in der Quantenphysik könnten Rydberg-Thermometer in industriellen Prozessen oder sogar im Weltraum Anwendung finden. Ein besonders spannendes Feld ist die Verbesserung von Atomuhren. Diese hochsensiblen Zeitmesser reagieren empfindlich auf Temperaturschwankungen, die zu minimalen, aber signifikanten Abweichungen führen können.

Chris Holloway, Forschungswissenschaftler am NIST, betont die Relevanz der neuen Technologie für Atomuhren: „Atomuhren reagieren äußerst empfindlich auf Temperaturschwankungen, die zu geringfügigen Messfehlern führen können. Wir hoffen, dass diese neue Technologie dazu beitragen kann, unsere Atomuhren noch genauer zu machen.“

Darüber hinaus könnte das Rydberg-Thermometer in extremen Umgebungen, etwa in Raumfahrzeugen oder hochsensiblen Produktionsanlagen, entscheidende Vorteile bieten. Die hohe Präzision ermöglicht es, selbst kleinste Temperaturänderungen zu erfassen und somit Prozesse besser zu kontrollieren.

Eine neue Ära der Temperaturmessung?

Das vom NIST entwickelte Rydberg-Thermometer markiert einen bedeutenden Fortschritt in der Präzisionsmesstechnik. Die Nutzung von Quantenphänomenen zur Temperaturbestimmung eröffnet neue Möglichkeiten in Wissenschaft und Industrie. Da keine Kalibrierung erforderlich ist und Messungen berührungslos erfolgen, könnte diese Technologie herkömmliche Thermometer in vielen Bereichen ergänzen oder sogar ersetzen.

Chris Holloway fasst die Bedeutung dieser Entwicklung zusammen: „Diese Methode öffnet die Tür zu einer Welt, in der Temperaturmessungen so zuverlässig sind wie die Naturkonstanten.“

Hier geht es zur Originalpublikation

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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