Museen setzen auf Technik und Multimedia
Ein Glaskasten nur mit Objekt und Beschriftung – solche oder ähnliche Präsentationen reichen nicht mehr aus, wenn Museen ihre Besucher interessieren möchten. Es war schon eine kleine Sensation als zur Eröffnung der Ausstellung „Die Medici – Menschen, Macht und Leidenschaft“ in den Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen (rem) anhand von gescannten Überresten aus der Grablege von Anna Maria Luisa de` Medici Schädel und Krone der Adligen detailgetreu reproduziert wurden.
Für den stellvertretenden Direktor der rem Wilfried Rosendahl sind solche Präsentationsformen mittlerweile ein muss: „Glaskästen nur mit Objekten und Beschriftungen – das reicht nicht mehr aus, wenn Museen ihre Besucher interessieren möchten.“
Für die Medici-Ausstellung arbeiteten die Mannheimer sogar mit einem Filmteam zusammen, das die Vorbereitungen und Forschungen begleitete. So entstand für arte der Zweiteiler „Mord im Hause Medici“ in Kooperation mit der Dokumentarfilmproduktion gebrueder beetz, die auch die Exhumierung der letzten großen Vertreterin der Medici Familien Anna Maria Luisa de‘ Medici filmisch festhielten. „Eine andere Form der Visualisierung hatten wir auch gar nicht, da das Grab in Florenz eine Woche nach der Öffnung wieder geschlossen wurde“, berichtet Rosendahl. Und Produzent Reinhardt Beetz ergänzt: „Was wir gedreht haben, ist weltexklusiv. Sequenzen daraus stellen wir auch für die Ausstellung zur Verfügung.“ So werden Filmszenen aus der Dokumentation als zusätzliche Erläuterungen in Mannheim eingesetzt.
Multimediale Ergänzungen
Überhaupt sind multimediale Ergänzungen wichtiges Element, wenn es um moderne museale Praktiken geht. „Wir haben beispielsweise spezielle Animationen erstellen lassen, die ausgehend von einem Ölgemäldeporträt den Betrachter mitnehmen auf eine bilderreiche, virtuelle „Reise „durch die Krankengeschichte ausgewählter Medicipersönlichkeiten“, berichtet der Ausstellungskurator an.
Generell seien 3-D-Visualisierungen etwa von untergegangenen Städten oder Landschaften bei Ausstellungen sehr wichtig. „Die Begegnung mit dem Original, dem realen Objekt“, so der Mannheimer Wissenschaftler weiter, „bleibt aber sehr bedeutend.“
Eine entsprechende und ungewöhnliche Brücke zwischen Multimedialität und Schau realer Artefakte bauen die Reiss-Engelhorn-Museen mit ihrer Haustechnik: einer modernen 3-D-Scan- und 3-D-Druck-Anlage. Mit dieser Technologie können Objekte als reale Gegenstände dupliziert werden. 2009 sind die Mannheimer anlässlich ihrer Ausstellung „Schädelkult“ zum ersten Mal mit dieser Technik in Berührung gekommen. „Es gibt ja schon relativ lange die Möglichkeit des ‚rapid prototyping’“, weiß Rosendahl, „das waren in der Vergangenheit meist weißlich-gelbe Kunststoffobjekte, die mittels Lasertechnik aus einer liquiden Masse erstellt werden.“ Durch den Einsatz von speziellen 3-D-Scannern, die beispielsweise auch in der Autoindustrie zum Einsatz kommen, lassen sich aber mit speziellen 3-D-Druckern nicht nur Gegenstände im Originalformat kopieren, sondern auch in den gleichen Farben: Die Kopie ist dann kaum noch vom Original zu unterscheiden.
Sehr gute Ergebnisse mit 3-D-Druck erzielt
„Als wir unter dem Verband einer Mumie mittels digitaler Technik einen Anhänger entdeckt hatten, kam die Frage auf, wie dieser Gegenstand für uns greifbar wird, wir wollten die Mumie ja nicht zerstören, um an dieses Amulett zu gelangen“, schildert der Leiter des German-Mummy-Project an den rem, „da haben wir zum ersten Mal einen 3-D-Druck anfertigen lassen. Als wir dann einen fragilen Keltenschädel aus der Nähe von Koblenz ausstellen wollten, probierten wir dieses Verfahren erneut, was ebenfalls sehr gute Ergebnisse erbrachte.“
Für die Medici-Ausstellung wurde auch der Inhalt des Sarges von Anna Maria Luisa de`Medici mit einem mobilen Artec 3-D-Scanner „farbecht“ gescannt. Die Nutzung mobiler Geräte sei von der konservatorischen Seite aus ideal: Bei archäologischen Ausgrabungen können fragile Funde sofort ohne direkte Berührung und ohne eine Gefahr der Beschädigung gescannt werden und bleiben so der Nachwelt als digitaler 3-D-Datensatz erhalten.
3-D-Scanntechnik wird generell wichtiger werden
Bei einer weiteren Exhumierung unter Forschungsbeteiligung der Mannheimer Wissenschaftler in der alten Grablege San Lorenzo in Florenz wurde ein Gemeinschaftsgrab mit Frauen der Medici-Familie entdeckt. Die Überreste der Bestatteten mussten nach kurzer Zeit wieder rückbestattet werden. Damit war neben der filmischen Dokumentation der Gebrüder Beetz die 3-D-Scantechnik die einzige Möglichkeit, Inhalte der Gruft als originalgetreue 3-D-Objekte digital zu überliefern.
Im Rahmen dieser Aktion wurde auch der Schädel von Isabella de‘ Medici identifiziert „Diese Technik wird generell wichtiger werden“, prognostiziert der Mannheimer Wissenschaftler,
Für Museen jedenfalls scheint die 3-D-Drucktechnik ideal: Sie sorgt dafür, dass Objekte, die aus konservatorischen Gründen nicht der Öffentlichkeit gezeigt werden dürfen, für das Publikum dauerhaft verfügbar werden.
Ein Beitrag von: