Arktis 28.11.2024, 11:08 Uhr

Nasa enthüllt die geheime US-Militärbasis Camp Century – zufällig

Unter dem Grönländischen Eisschild liegen die Überreste von Camp Century, einer geheimen Militärbasis, die während des Kalten Krieges errichtet wurde. Mit dem Schmelzen des Eises drohen gefährliche Abfälle, darunter radioaktive und chemische Stoffe, wieder an die Oberfläche zu gelangen.

Die verlassene Militärbasis Camp Century, begraben unter dem Grönländischen Eisschild, birgt noch immer gefährliche Rückstände aus der Zeit des Kalten Krieges. Foto: NASA

Die verlassene Militärbasis Camp Century, begraben unter dem Grönländischen Eisschild, birgt noch immer gefährliche Rückstände aus der Zeit des Kalten Krieges.

Foto: NASA

Im April 2024 entdeckte ein Forschungsteam während eines Fluges die Überreste von Camp Century, einer geheimen Militärbasis aus der Zeit des Kalten Krieges, wie die Nasa berichtet.

Der Nasa-Wissenschaftler Chad Greene war mit einem Team von Ingenieuren an Bord einer Gulfstream III unterwegs, um ein Radarinstrument zu überwachen, das das grönländische Eisschild untersuchte. Rund 150 Meilen östlich der Pituffik Space Base im Norden Grönlands fotografierte Greene aus dem Flugzeugfenster die weite und karge Eislandschaft. Kurz darauf machte das Radar eine unerwartete Entdeckung: etwas Tiefgefrorenes, das im Eis verborgen lag.

Camp Century – „Stadt unter dem Eis“

Während des Kalten Krieges fokussierten sich die USA auf die Arktis, da sie die kürzeste Verbindung zur Sowjetunion war. Im April 1951 beschlossen die USA und Dänemark, Grönland, ein dänisches Gebiet, vor sowjetischen Angriffen zu schützen, woraufhin die USA mehrere Luftwaffenstützpunkte auf der Insel bauten.

1959 baute das US Army Corps of Engineers Camp Century, 200 km landeinwärts von der grönländischen Küste. Das Lager wurde vollständig vom Eisschild umhüllt und erhielt den Spitznamen „Stadt unter dem Eis“.

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Der offizielle Zweck von Camp Century war es, Bautechniken für die Arktis zu testen und wissenschaftliche Forschung zu betreiben. Während des Betriebs beherbergte das Lager zwischen 85 und 200 Soldaten und wurde von einem Kernreaktor betrieben.

Aber einigen Medien zufolge sollte Camp Century das Zentrum eines riesigen Abschusssystems für Atomraketen werden. Geplant war ein Netzwerk von Tunneln unter dem Eis, über 4000 km lang, in dem 600 Interkontinentalraketen jederzeit verlegt und abgefeuert werden konnten – als Bedrohung für die Sowjetunion im Osten. Dieses ehrgeizige Projekt wurde von den Amerikanern „Project Iceworm“ genannt. Doch bei der Planung hatte man nicht bedacht, dass sich das Eis ständig bewegte, was den Bau dauerhafter Tunnel und Gleisanlagen unmöglich machte.

Die sich ständig bewegende Eisdecke stellte schließlich eine zu große Herausforderung dar, weshalb das Projekt und die Basis 1967 aufgegeben wurden. Dabei blieben neben den militärischen Anlagen auch Waffen, Abwässer und andere gefährliche Materialien zurück.

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Radar spürt Camp Century auf

Frühere Flüge über Camp Century entdeckten bereits Spuren der Basis im Eis. Dabei kam herkömmliches, bodendurchdringendes Radar zum Einsatz, das nach unten gerichtet ist und ein 2D-Profil des Eisschildes erstellt. Auf solchen Aufnahmen erscheinen die Überreste von Camp Century als kleine Anomalien in den verformten Eisschichten. Ein Radar funktioniert, indem es Radiowellen aussendet und die Zeit misst, bis die reflektierten Signale wieder den Sensor erreichen. Ähnlich wie ein Ultraschall bei Eisschilden können Wissenschaftler damit die Oberfläche, die inneren Schichten und den Untergrund des Eises kartieren.

Im April 2024 wurde jedoch das UAVSAR (Uninhabited Aerial Vehicle Synthetic Aperture Radar) verwendet. Dieses Radar kann sowohl nach unten als auch zur Seite blicken und liefert Karten mit mehr Details und Dimensionen.

Einzelne Strukturen der geheimen Stadt wurden deutlich

Die Nasa-Forschenden erklärten, dass die neuen Daten einzelne Strukturen der geheimen Stadt deutlicher zeigen würden als je zuvor. Ein Vergleich der neuen Radarkarte von Camp Century mit historischen Grundrisskarten lege nahe, dass die parallel verlaufenden Strukturen den Tunneln entsprechen, die einst gebaut wurden, um verschiedene Einrichtungen unterzubringen.

Die Forschenden hatten aber nicht vor, ein Bild von Camp Century zu machen. Chad Greene erklärte, dass ihr Ziel war, die Fähigkeiten des UAVSAR zu testen, um die inneren Schichten des Eisschildes und die Grenze zum Eisbett zu kartieren. Solche Instrumente können später helfen, die Dicke der Eisschilde in anderen Regionen der Antarktis genauer zu messen und bessere Vorhersagen zum Meeresspiegelanstieg zu treffen.

Infrastruktur und radioaktive Abfälle sind geblieben

Als der Stützpunkt Camp Century 1967 geschlossen wurde, ging man davon aus, dass die Infrastruktur und Abfälle für immer unter den immerwährenden Schneefällen begraben bleiben würden. Die Überreste von Camp Century liegen heute bis zu 100 m tief unter dem grönländischen Eis.

Jedoch hat der Klimawandel die Arktis stärker erwärmt als andere Regionen der Erde, und eine neue Untersuchung zeigt, dass der Teil des Eisschildes, der Camp Century bedeckt, bis zum Ende des Jahrhunderts zu schmelzen beginnen könnte. Mit anderen Worten: Schmelzendes Eisschild könnte abgelegte Abfälle aus der Kalten-Kriegs-Zeit wieder freisetzen. Darüber wurde bereits 2016 in einer Studie berichtet.

Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen vermuten, dass der biologische, chemische sowie radioaktive Abfall in 80 bis 100 Jahren durch die Auswirkungen des Klimawandels auftauen könnte. Es ist noch unklar, was genau unter dem Eis vergraben liegt, aber einigen Medien zufolge könnte es sich um Tausende Tonnen Müll, 200.000 l Diesel, krebserregende Chlorverbindungen, gefrorenes Abwasser und schwach radioaktives Kühlwasser aus dem Reaktor handeln. Eine tickende Zeitbombe.

Ein Beitrag von:

  • Alexandra Ilina

    Redakteurin beim VDI-Verlag. Nach einem Journalistik-Studium an der TU-Dortmund und Volontariat ist sie seit mehreren Jahren als Social Media Managerin, Redakteurin und Buchautorin unterwegs.  Sie schreibt über Karriere und Technik.

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