Neue Strontium-Atomuhr: Sekundengenau für fünf Milliarden Jahre
Die jüngst entwickelte Atomuhr ist so präzise, dass sie in fünf Milliarden Jahren nur um eine Sekunde falsch geht. US-Physiker messen die Zeit mit Strontium-Atomen und haben nach eigenen Angaben einen Weltrekord für Genauigkeit und Gleichmäßigkeit aufgestellt.
Im internationalen Konkurrenzkampf um die präziseste Zeitmessung haben derzeit amerikanische Physiker die Nase vorn. Wissenschaftler vom US-amerikanischen National Institute of Standards and Technology (NIST) und der Universität von Colorado stellten jetzt im britischen Fachblatt „Nature“ ihre jüngste Entwicklung vor: Die sogenannte Strontium-Gitteruhr misst die Zeit so genau und gleichmäßig, dass sie erst in fünf Milliarden Jahren um eine Sekunde abweichen wird.
Atomuhren können mit unterschiedlichen Elementen betrieben werden
Seitdem 1949 die erste Atomuhr am NIST (damals noch das „National Bureau of Standards“) entwickelt wurde, hat sich die präzise Zeitmessung rasant entwickelt.
Damals lag die Abweichung bei einer Sekunde in 20 Millionen Jahren und wird seither durch immer neue Rekorde präzisiert. 1967 definierte ein internationales Komitee die natürliche Schwingung eines Cäsium-Atoms als Standard.
Aktuell gibt die amerikanische „NIST-F1“ mit einer Präzision von einer Sekunde auf 100 Millionen Jahre die Zeit vor. Gleichzeitig haben Wissenschaftler die nächste Generation an Atomuhren entwickelt und dabei mit Atomen unterschiedlicher Elemente, darunter Aluminium, Ytterbium, Strontium und Kalzium experimentiert.
Die Herausforderung für alle Atomuhren ist die genaue Überwachung der Frequenz, mit der die Atome „ticken“, denn sie kann sich durch Bewegung, Temperatur, magnetische oder elektrische Felder ändern.
Jetzt tickt die Zeit in einem Labor von JILA (Joint Institute for Laboratory Astrophysics), das gemeinsam von NIST und der Universität von Colorado betrieben wird, noch einmal wesentlich genauer. Jun Ye und sein Team verwendeten die schnell schwingenden Strontiumatome für ihre „Gitteruhr“. Einige Tausend der tiefgekühlten Atome werden in rund 100 optischen Gittern durch intensives Laserlicht zusammengehalten.
Das stabile rote Laserlicht bewirkt den Wechsel der Atome zwischen unterschiedlichen Energieniveaus, das beim Strontium 430 Billionen Mal pro Sekunde stattfindet. Die Schwingungen werden gezählt und damit die Zeit gemessen. Die „Pendelschläge“ der Uhr weichen laut Angaben der Wissenschaftler im Mittel nur um einige billiardstel Promille voneinander ab. Das wäre ein Weltrekord, sowohl was die Genauigkeit als auch die Präzision betrifft.
Verbesserungen in der Lasertechnologie spielen eine große Rolle
„Wir haben Pläne, um die Leistungsfähigkeit der Atomuhr noch weiter nach oben zu bringen“, sagt Jun Ye. „In den nächsten fünf bis zehn Jahren erwarten wir einen weiteren Durchbruch.“
Die standardisierte Zeitmessung der Atomuhren basiert allerdings bis auf weiteres immer noch auf dem Element Cäsium und auch hier hat es in den letzten Jahren wesentliche Verbesserungen gegeben.
Ein Physikerteam, geleitet von Jerome Lodewyck vom Pariser Observatorium, stellte 2010 eine Cäsium-Atomuhr vor, die mit einer Genauigkeit von einer Sekunde auf 300 Millionen Jahre läuft. Die französischen Wissenschaftler hatten für ihre Atomuhr ebenfalls optisches Laserlicht statt der üblichen Mikrowellenstrahlung genutzt, um die Atome in Schwingung zu versetzen. Für die Präzisionsrekorde der Atomuhren spielen nicht zuletzt auch die enormen Verbesserungen zur Stabilisierung und Präzisierung von Lasern eine große Rolle.
Die extrem präzisen Atomuhren sind wichtig für zahlreiche praktische Anwendungen von Navigation über Erdvermessung bis hin zur elektronischen Kommunikation. Außerdem überprüfen Forscher damit, ob sich Naturkonstanten oder Naturgesetze womöglich mit der Zeit ändern. Dabei haben Atomuhren, die mit unterschiedlichen Elementen betrieben werden, durchaus Auswirkungen auf die Art der Anwendung. Beispielsweise stellte sich heraus, dass die ebenfalls sehr genaue Zeitmessung mit Aluminiumionen auf deren Unempfindlichkeit gegenüber Veränderungen im elektrischen und magnetischen Feld bestand.
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