Paläontologen untersuchen mit Röntgenstrahlung ausgestorbene Meerestiere
Die seit 65 Millionen Jahren ausgestorbenen Ammoniten werden gerne als Leitfossilien verwendet, um das Alter von Gesteinen zu datieren. Aber niemand weiß, wie sie gelebt haben. Erste Hinweise liefert ein Bochumer Paläontologe mit Hilfe hochauflösender Computertomographie.
Ammoniten werden oft mit Schnecken verwechselt. Tatsächlich waren die Meerestiere jedoch Kopffüßer. Sie hatten einen Weichkörper und ein spiralförmig eingerolltes Gehäuse mit mehreren Kammern. So wie der Nautilus, ein heute noch lebender Verwandter, der im Indischen und Pazifischen Ozean lebt.
Das Gehäuse der Ammoniten ist der Casus knacksus: Konnten die Meerestiere schwimmen, indem sie das Wasser aus ihrem Gehäuse pumpten, so dass die gasgefüllten Kammern ihnen Auftrieb verliehen? Dieser Frage ging der Bochumer Paläontologie Dr. René Hoffmann nach.
Um der Wahrheit auf die Spur zu kommen, musste der Wissenschaftler mit seinem Team ein zuverlässiges Verfahren entwickeln, das mehr kann als Fossilien nur dreidimensional sichtbar zu machen. Möglich machte das die üblicherweise in der Medizin verwendete Computertomografie (CT).
Volumen, Dichte und Gewicht rekonstruiert
Da für die CT-Analyse eine besonders gute Bildauflösung vonnöten war, reiste Hoffmann zu einem Teilchenbeschleuniger in die USA. Dieser produziert sogenannte Synchrotronstrahlung – also monochromatische, kontrastreiche Röntgenstrahlung. Bei einer Auflösung von 0,74 Mikrometern konnten die Bochumer Forscher sogar winzige Strukturen der Ammonitengehäuse sichtbar machen. Inzwischen ist so ein Aufwand nicht mehr nötig, denn die neuesten Mikro-Computertomografen haben eine noch bessere Auflösung und machen vergleichbar gute Bilder.
Mit den CT-Bildern hielten die Forscher alle Daten über das Gehäuse des ausgestorbenen Ammoniten in den Händen: Sie bekamen das Volumen und die Dichte der Schalen heraus sowie deren Gewicht. Und um das Gewicht des Weichkörpers zu bestimmen, wurden Werte mit dem noch lebenden Nautilus verglichen.
Ammoniten konnten nach Schlüpfen direkt schwimmen
Bei ihrer CT-Analyse standen den Wissenschaftlern fossile Überreste eines Ammoniten-Schlüpflings zur Verfügung. Dieser war mit 0,98 Millimetern noch nicht einmal einen Zentimeter groß. Sein Gehäuse besaß elf Kammern. Man kann allerdings nicht sagen, ob der Schlüpfling so zur Welt gekommen war oder ob sich einige Kammern später bildeten – denn je größer die Tiere wurden, desto mehr Kammern legten sie an.
Die Forscher kommen trotzdem zu dem Schluss: Bereits mit drei bis fünf gasgefüllten Gehäusekammern hätte sich der Ammonit direkt nach dem Schlüpfen frei im Wasser bewegen können. Fürs Schwimmen hätten sogar noch weniger gereicht, wenn der Schlüpfling aktive Schwimmbewegungen gemacht hätte: nämlich nur eine gasgefüllte Kammer.
Name erinnert an den Gott Ammon
Die ersten Ammoniten lebten übrigens vor etwa 400 Millionen Jahren. Ihr Name ist nach dem Gott Ammon benannt. Denn das Skelett der Ammoniten erinnert an sein spiralförmig gewundenes Widdergehörn. In den Meeren gab es tausende Arten von Ammoniten. Neue haben sich rasant entwickelt. Manche waren ausgewachsen nur millimetergroß, andere über zwei Meter. Ihre Gehäuse hatten verschiedenste Formen. Seit der Kreidezeit sind die Ammoniten ausgestorben. Heute sind die Kopffüßer durch die Tintenfische, Kalmare, Kraken und den Nautilus vertreten. Der Nautilus trägt hiervon als einziger ein Gehäuse.
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