Römische Alltagskultur 28.10.2024, 10:51 Uhr

Pompeji: Große Kunst in kleinem Haus gefunden

Archäologen entdecken ein kleines, kunstvoll dekoriertes Haus in Pompeji. Fresken und ein Lararium geben Einblick in die römische Alltagskultur.

Pompeji

In dem Tiny House in Pompeji ist unter anderem dieses Wandgemälde zum Vorschein gekommen.

Foto: Parco archeologico di Pompei

In der antiken Stadt Pompeji ist eine kleine, aber reich verzierte Wohneinheit zum Vorschein gekommen. Bei den jüngsten Ausgrabungen an der Insula dei Casti Amanti entlang der Via dell’Abbondanza haben Archäologen eine kompakte Wohnstruktur ohne das klassische Atrium entdeckt. Die Engländer könnten es als „Tiny House“ bezeichnen: ein kleines, in sich abgeschlossenes Haus mit kunstvollen Dekorationen, die mit den prächtigen Wandverzierungen größerer Villen konkurrieren.

Ein Haus ohne Atrium: Ungewöhnliche Architektur in Pompeji

Die meisten pompejanischen Häuser, vor allem die luxuriösen, waren um ein zentrales Atrium herum gebaut, in dem sich oft ein Impluvium befand, ein kleines Wasserbecken zum Auffangen des Regenwassers. Bei dem neuen Fund fehlt dieses typische architektonische Merkmal. Die Archäologen vermuten, dass diese Entscheidung die sozialen und kulturellen Veränderungen im Pompeji des 1. Jahrhunderts widerspiegelt.

Laut dem digitalen Magazin des Archäologischen Parks von Pompeji wurde das Haus „Haus der Phaedra“ genannt, inspiriert von einem Fresko, das den Mythos von Hippolyt und Phaedra darstellt.

Beeindruckende Kunst auf engstem Raum

Die beiden ausgegrabenen Räume im hinteren Teil des Hauses zeigen eine außergewöhnliche künstlerische Ausstattung. Im ersten Raum findet sich eine Reihe klassischer mythologischer Szenen, darunter eine Darstellung von Hippolytus und Phaedra sowie eine „Symplegma“-Szene, die einen Satyr und eine Nymphe zeigt. Weitere Fresken umfassen ein kleines Bild, das möglicherweise Venus und Adonis zeigt, und eine Darstellung, die das Urteil des Paris darstellen könnte, jedoch durch frühere Grabungen teilweise beschädigt wurde.

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Ein Fenster neben dem Fresko mit Hippolytus und Phaedra öffnet sich zu einem kleinen Hof, in dem während des Vulkanausbruchs 79 n. Chr. Bauarbeiten stattfanden. Diese kunstvollen Wanddekorationen im sogenannten „vierten Stil“ waren wohl Teil des Repertoires, das kunstinteressierte Pompejaner in ihren Häusern schätzten.

Aufwendige Gestaltung des kleinen Larariums

Am Eingang des Hauses befindet sich ein kleines Lararium – ein Hausaltar, wie er in römischen Haushalten verbreitet war. Diese Ecke des Innenhofs zeigt kunstvolle Pflanzen- und Tiermotive auf weißem Hintergrund. Ein Adler, der einen Palmenzweig in den Krallen hält, dominiert die oberste Ebene des Altars. Darunter schmückt ein weiteres Fresko den Bereich mit zwei sich gegenüberstehenden Schlangen, die einen runden, kannelierten Altar umrahmen. Verschiedene Pflanzen, wie ein Feigen- und ein Dattelbaum, sowie Opfergaben wie ein Pinienzapfen und ein Ei, ergänzen die Szene.

Laboruntersuchungen an Objekten, die in der Nische des Altars gefunden wurden, deuten darauf hin, dass hier zuletzt vor dem verheerenden Ausbruch rituelle Opfergaben dargebracht wurden. Zu den Fundstücken gehören ein Keramikbrenner für Parfüm und eine Öllampe, die beide Spuren von Hitze aufweisen. Auch Reste aromatischer Zweige und ein Eisenmesser, das möglicherweise für Opfergaben genutzt wurde, wurden entdeckt. Diese Funde geben einen intimen Einblick in die spirituellen Praktiken der römischen Bewohner.

Offene Archäologie: Forschung im Dienst der Öffentlichkeit

Derzeit arbeiten Archäologinnen und Archäologen an einem umfassenden Erhaltungs- und Restaurierungsprojekt für die Insula dei Casti Amanti. Ein komplexes Vorhaben, das neben den Ausgrabungen auch die Erneuerung des Daches und die Sicherung von Mauern umfasst. Die Ausgrabungsstätte ist in zwei Bauabschnitte unterteilt und ermöglicht Besucherinnen und Besuchern durch erhöhte Wege einen Blick auf die freigelegten Strukturen. Das Ziel ist es, das antike Leben in Pompeji einem breiten Publikum zugänglich zu machen.

Parkdirektor Gabriel Zuchtriegel beschreibt das Projekt als „Kreislaufarchäologie“, bei dem Konservierung, Forschung und Transparenz Hand in Hand gehen. Er betont: „Unter den Augen der Besucher zu graben und zu restaurieren, aber auch die Daten online in unserem E-Journal und auf der Plattform open.pompeiisites.org zu veröffentlichen, bedeutet, der Gesellschaft, die unsere Aktivitäten durch Eintrittsgelder, Steuern und Sponsoring finanziert, volle Transparenz über das zurückzugeben, was wir tun, nicht zum Nutzen eines kleinen Kreises von Gelehrten, sondern für alle.“

Hier geht es zum E-Magazin des archäologischen Parks Pompeji

Ein Beitrag von:

  • Dominik Hochwarth

    Redakteur beim VDI Verlag. Nach dem Studium absolvierte er eine Ausbildung zum Online-Redakteur, es folgten ein Volontariat und jeweils 10 Jahre als Webtexter für eine Internetagentur und einen Onlineshop. Seit September 2022 schreibt er für ingenieur.de.

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