Pulverschnee aus der Kunstwolke im Test
Im österreichischen Wintersportgebiet Obergurgl soll der Pulverschnee zukünftig per Knopfdruck aus einer künstlichen Wolke rieseln. Anstelle von Schneekanonen wollen die Wissenschaftler eine neue Technik einsetzen, die feinen Neuschnee mit wesentlich weniger Energie und Wasser produziert.
Seit das Wintersportgebiet Obergurgl vor einer Woche die Skisaison eröffnet hat, stehen nicht nur die altbekannten Schneekanonen in Stellung, um dem Bedarf an Neuschnee nötigenfalls auf die Sprünge zu helfen. Hochwertiger Neuschnee, der dem bei Skifahrern so beliebten Pulverschnee in der Konsistenz recht nahe kommt, soll nun auch in einer künstlichen Schneewolke hergestellt werden. Laut Erfinder ist der neue Kunstschnee nicht nur feiner als der aus der Schneekanone, sondern kommt bei der Herstellung auch mit deutlich weniger Energie und Wasser aus.
In der Wolkenkammer werden Wassertropfen und Eiskristalle vermischt
Michael Bacher ist Diplom-Ingenieur und beschäftigt sich gemeinsam mit Kollegen der Universität für Bodenkultur Wien und der TU Wien seit rund fünf Jahren mit der Schneeerzeugung. „Ein deutlich reduzierter Energieverbrauch und die wesentlich effizientere Nutzung der Ressource Wasser machen die neue Technik auch aus wirtschaftlichen und ökologischen Gründen interessant“, sagt Bacher. Ein Patent hat er als wissenschaftlicher Leiter des Projektes auch bereits angemeldet und nun soll es vom Labor in die Natur gehen. Den ganzen Winter über wird unter realen Bedingungen geforscht und gearbeitet, um die neue Technologie auch im großen Stil einsetzen zu können.
Zentraler Baustein des Freiluftlabors ist eine Wolkenkammer, die es ermöglicht, Wassertropfen und Eiskeime miteinander zu vermischen. Wie in einer natürlichen, großen Wolke auch, benötigt man für die Schneeproduktion in der Wolkenkammer Temperaturen unter dem Gefrierpunkt, idealerweise kälter als minus fünf Grad Celsius.
Die Kristalle wachsen und rieseln irgendwann nach unten
In die Wolkenkammer werden Wassertropfen eingesprüht und damit eine kleine, künstliche Wolke erzeugt. Durch die tiefe Umgebungstemperatur kühlen die Tröpfchen ab, aber ohne dabei selbst zu gefrieren. In den Nebel werden Kristallisationskeime eingebracht, in diesem Fall sind das kleine gefrorene Eisplättchen. Damit sind in der Wolke alle drei Phasen des Wassers gleichzeitig vorhanden: fest, flüssig und gasförmig.
Die Kristallisationskeime wirken dabei wie Magnete, die laufend Wassermoleküle, also Wasserdampf, anziehen und in der festen Phase binden. Das bedeutet, dass diese Keime zu größeren Kristallen wachsen und als Schnee aus dem Wolkenbehälter nach unten ausfallen. Genauso, wie es auch in der Natur passiert.
Ein Kubikmeter Wasser soll bis zu 15 Kubikmeter Pulverschnee geben
Damit eine akzeptable Schneemenge produziert werden kann, muss die Nebeldichte in der Labor-Wolkenkammer allerdings deutlich höher sein als in einer natürlichen Wolke. In einer künstlichen Wolke wollen die Forscher aus einem Kubikmeter Wasser bis zu 15 Kubikmeter Pulverschnee mit relativ geringer Dichte von 80-220 Kilogramm pro Kubikmeter erzeugen.
Der pulvrige Neuschnee soll in Skigebieten zunächst überall dort eingesetzt werden, wo qualitativ hochwertiger Naturschnee den Skibetrieb aufwertet, etwa in Funparks oder auf Anfängerpisten. Ob eine Wolke tatsächlich so viel Schnee liefern kann und wie sich äußere Einflussfaktoren wie Wind und Wetter auswirken, soll in den nächsten Monaten in Obergurgl erforscht werden. „Mit all diesen wertvollen Erfahrungen können wir vielleicht im nächsten Winter schon die erste ‚echte‘ Wolke in Betrieb nehmen – natürlich in Obergurgl“, so Michael Bacher.
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