Röntgen-Detektoren entdecken gefährliche Stoffe
Röntgendetektoren können gefährliche Stoffe blitzschnell und mit besonders hoher Messgenauigkeit entdecken. Sind die Geräte zudem klein genug, lassen sie sich sogar an jedem beliebigen Ort einsetzen. Das macht sie interessant für die Materialerkennung beim Recycling, die Überwachung von Luft- und Wasserparametern oder die Qualitätssicherung von Nahrungsmitteln.
Ein Förderband schiebt stündlich tonnenweise Glasscherben in allen Farben und Größen durch eine Recyclinganlage. Sie rauschen am Detektor vorbei, der die chemischen Bestandteile sekundenschnell erkennt und die Scherben nach ihrer Zusammensetzung – etwa Titan, Blei, Zink und Zirkonium – aussortiert.
Oder: Eines der renommiertesten Kunstmuseen der Welt bekommt ein bisher unbekanntes Werk eines verstorbenen berühmten Künstlers aus der Schatzkammer eines Kunstsammlers angeboten – zu einem entsprechend hohen Preis. Museumsmitarbeiter analysieren das Gemälde mithilfe des Detektors. Dieser erkennt die Zusammensetzung der verwendeten Farbpigmente und entlarvt auf diese Art listige Fälschungen.
Röntgen-Detektoren sind vielseitig einsetzbar
Ein weiteres Szenario: Auf einem ehemaligen Industriegelände soll ein Kindergarten gebaut werden. Vor Erteilen der Baugenehmigung muss sichergestellt sein, dass sich keine gesundheitsschädlichen Stoffe in der Erde befinden. Deshalb wird das gesamte Areal nach Schwermetallen und anderen Gefahrenstoffen mithilfe eines mobilen Detektors untersucht.
„Dies sind nur einige der möglichen Anwendungen für unsere hochempfindlichen Röntgendetektoren“, erklärte Ignaz Eisele den VDI nachrichten. Eisele ist Hauptabteilungsleiter an der Fraunhofer-Einrichtung für Modulare Festkörper-Technologien EMFT in München, die die mikroelektronischen Komponenten zusammen mit der Ketek GmbH – einem der Weltmarktführer für Entwicklung und Produktion von hochqualitativen Silizium-Strahlungsdetektoren – entwickelt hat.
Röntgen-Detektoren: Komplexes Mess-Prinzip, klare Ergebnisse
Wie aber funktioniert das Prinzip der Materialerkennung? Zunächst wird das Objekt einer kurzwelligen Strahlung aus einer Röntgenröhre ausgesetzt. „Dabei werden Elektronen aus dem Atomverband regelrecht herausgeschlagen, wenn die zugeführte Energie größer ist als die Bindungsenergie des betreffenden Elektrons“, erläuterte Lars Nebrich von der Fraunhofer EMFT.
Ein solches Atom mit fehlendem inneren Elektron befindet sich nun in angeregtem Zustand, und so „fällt“ ein Elektron aus einer höheren Elektronenschale in die Lücke. Die dabei entstehende Energiedifferenz wird vollständig als Röntgenlichtteilchen (Photonen) zurückgesendet, die je nach Material einen unterschiedlichen Energiegehalt haben.
Hier kommt nun ein Siliziumdriftdetektor (SDD) ins Spiel: Er setzt die Röntgenstrahlung in elektrische Impulse um. Die Photonen der Strahlung erzeugen im Detektor direkt eine von der Energie abhängige Anzahl an Elektronen. Diese können dann elektrisch detektiert und gemessen werden.
Der hohe Anspruch an immer kürzere Messzeiten, etwa an einem Fließband mit Abraum bei einer Bandgeschwindigkeit von 4 m/s, verlangt eine permanente Verbesserung der Detektoren. Zudem sollen sie eine lange Lebensdauer haben: Auch bei höchster Bestrahlung durch Röntgen- oder Elektronenstrahlen dürfen sie keine Degradation aufweisen. Und sie müssen höchst empfindlich sein, um selbst Spuren von Giftstoffen in Lebensmitteln oder Böden im Bereich von ppm (parts per million) oder sogar ppb (parts per billion) zu finden.
Um die Messzeiten zu verkürzen, sollte die Detektionsfläche des SDD möglichst groß sein. Während die meisten Detektorhersteller effektive Flächen von ca. 15 mm² anbieten, brachte Ketek bereits vor zwei Jahren den ersten 100-mm²-Detektor auf den Markt. Heute können mit Wafern mit 200 mm Durchmesser große Detektoren mit ausreichend funktionalen Elementen in hoher Stückzahl bereitgestellt werden.
Röntgen-Detektoren müssen das eigentliche Nutzsignal herausfiltern
„Wichtig ist, dass der Detektor aus verschiedenen Störsignalen das eigentliche Nutzsignal extrahiert“, sagte Reinhard Fojt, Geschäftsführer von Ketek. Dazu sei eine rauscharme Verstärkung nötig. Die Fraunhofer-Forscher und Ketek-Mitarbeiter entwickelten hierfür eine spezielle Transistorstruktur mit einem sogenannten Sperrschicht-Feldeffekttransistor. Sein Vorteil: das prinzipbedingte geringere elektrische Rauschen im Betrieb. Der neue Transistor setzt bereits einen neuen Marktstandard.
„Mittlerweile ist aus unserem ursprünglich für Laboranwendungen entwickelten Siliziumdriftdetektor ein Allround-Talent mit Einsatzmöglichkeiten in Umweltanalytik, Recycling oder beim Echtnachweis von Kunstobjekten geworden“, sagte Fojt.
Auch im Verbraucherschutz und zur Vermeidung gefährlicher Substanzen nach der EU-Chemikalienverordnung Reach werden die Detektoren eingesetzt – ebenso wie im Bergbau, in der Geochemie und der Qualitätssicherung von Nahrungsmitteln. Und die Forscher von EMFT und Ketek planen bereits weiter: Sie sehen Einsatzmöglichkeiten für Weiterentwicklungen ihres Detektorsystems zum Beispiel bei der Überwachung von Wasser- und Luftqualität.
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