Industriekultur 12.10.2012, 19:54 Uhr

„Schimmis“ Hochofen 4 wird demontiert

Hochofen 4, einst Europas modernste und größte Anlage zur Roheisenerzeugung und zuletzt noch Kaltreserve bei ThyssenKrupp Steel in Duisburg, wird abgerissen. Damit fällt ein Wahrzeichen der Technikgeschichte, das für das „alte“ Ruhrgebiet stand, in dem Werk und Wohnen dicht beieinander lagen. Fast allen Bundesbürgern ist sein charakteristisches Traggerüst aus den „Tatort“-Krimis mit Horst Schimanski bekannt.

Europas einst größter Hochofen wird zu Stahlschrott.

Europas einst größter Hochofen wird zu Stahlschrott.

Foto: Werkfoto

Seit dem Jahr 1898 besteht am Industriestandort Duisburg das Hochofenwerk Hamborn. Auf dem Gelände wurde in der Spitzenzeit mit bis zu elf Hochöfen Roheisen produziert. Am 15. 7. 1964, in einer Zeit der Vollbeschäftigung und der vollen Auftragsbücher, nahm die August-Thyssen-Hütte (ATH) als erstes Hüttenwerk der Bundesrepublik einen Hochofen mit 9,5 m Gestelldurchmesser in Betrieb. Der neue Hochofen 4 trat an die Stelle einer Anlage mit 5,5 m Gestelldurchmesser. Dadurch konnte die ATH bei Volllastbetrieb aller damals neun Hochöfen monatlich über 300 000 t Roheisen erzeugen.

Hüttendirektor Alfred Michel schickte den Hochofen 4 auf die Reise. Als Neuerung gegenüber den bisherigen Hochöfen arbeitete er mit einem Winddruck von über 2 bar. Er war nach dem Prinzip des Gegendrucks an der Gicht gebaut. Damit wollte die ATH Kenntnisse und Erfahrungen bei dieser veränderten Arbeitsweise sammeln, um weiterhin führend in Gestaltung und Entwicklung der Hochofentechnik zu bleiben.

Der 87 m hohe Ofen erzeugte täglich 2200 t Roheisen. Er war voll gepanzert bei Blechdicken bis zu 60 mm. Er hatte im Gestell 24 Öffnungen für die Einführung der Blasformen und war im Schacht in 28 Reihen mit über 800 Kühlkästen bestückt. Die drei Winderhitzer-Apparate waren 40 m hoch bei einem Durchmesser von 8,5 m.

Im Jahre 1971 wurde am Hochofen 4 der erste glockenlose Gichtverschluss eingebaut, der sich bis heute als Standard mit weltweit mehr als 160 Exemplaren durchgesetzt hat. Ausgehend von zwei Versuchssystemen mit je drei Blasformen am Hochofen 4 wurde in Deutschland das Kohleeinblasen eingeführt.

Stellenangebote im Bereich Forschung & Entwicklung

Forschung & Entwicklung Jobs
Solventum Germany GmbH-Firmenlogo
Prozessingenieur Automatisierungstechnik / Mechatronik / Maschinenbau (m/w/*) Solventum Germany GmbH
Seefeld Zum Job 
HERRENKNECHT AG-Firmenlogo
Leiter Mechanische Bearbeitung (m/w/d) HERRENKNECHT AG
Schwanau Zum Job 
pro-beam GmbH & Co. KGaA-Firmenlogo
Entwicklungsingenieur (m/w/d) Elektronenstrahl Schweißtechnik pro-beam GmbH & Co. KGaA
pro-beam GmbH & Co. KGaA-Firmenlogo
Maschinenbauingenieur / Wirtschaftsingenieur als Industrial Engineer / Fertigungsplaner (m/w/d) pro-beam GmbH & Co. KGaA
Steinmeyer Mechatronik GmbH-Firmenlogo
Entwicklungsingenieur (m/w/d) Steinmeyer Mechatronik GmbH
Dresden Zum Job 
RHEINMETALL AG-Firmenlogo
Verstärkung für unsere technischen Projekte im Bereich Engineering und IT (m/w/d) RHEINMETALL AG
deutschlandweit Zum Job 
Celonic Deutschland GmbH & Co. KG-Firmenlogo
Technical Team Manager (w/m/d) Qualification & Asset Change Control Celonic Deutschland GmbH & Co. KG
Heidelberg Zum Job 
BAM - Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung-Firmenlogo
Wissenschaftliche*r Mitarbeiter*in (m/w/d) der Fachrichtung Maschinenbau, Physikalische Ingenieurwissenschaft, Produktionstechnik, Werkstoffwissenschaft oder vergleichbar BAM - Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung
Berlin-Steglitz Zum Job 
BAM - Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung-Firmenlogo
Wissenschaftliche*r Mitarbeiter*in (m/w/d) der Fachrichtung Maschinenbau, Physikalische Ingenieurwissenschaft, Produktionstechnik, Werkstoffwissenschaft oder vergleichbar BAM - Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung
Berlin-Steglitz Zum Job 
Hochschule Aalen - Technik und Wirtschaft-Firmenlogo
W2-Professur "Lasermaterialbearbeitung" Hochschule Aalen - Technik und Wirtschaft
ULTRA REFLEX GmbH-Firmenlogo
Entwicklungsingenieur Kunststoff (m/w/d) Entwicklung und Optimierung von Produkten und Prozessen ULTRA REFLEX GmbH
Willstätt Zum Job 
Neoperl GmbH-Firmenlogo
Ingenieur / Meister / Techniker (m/w/d) Prozess-, Automatisierungs- und Elektrotechnik Neoperl GmbH
Müllheim Zum Job 
B. Braun Melsungen AG-Firmenlogo
R&D Manager (w/m/d) Process Design B. Braun Melsungen AG
Melsungen Zum Job 
Universität Heidelberg-Firmenlogo
Elektroingenieur*in in der Elektronikentwicklung (w/m/d) Universität Heidelberg
Heidelberg Zum Job 
Hochschule Esslingen - University of Applied Sciences-Firmenlogo
Professor:in für das Lehrgebiet Carl-Zeiss-Stiftungsprofessur für Produktions- und Herstellverfahren von Wasserstoffsystemen Hochschule Esslingen - University of Applied Sciences
Göppingen Zum Job 
Max-Planck-Institut für Plasmaphysik-Firmenlogo
Ingenieur*in der Fachrichtung Elektrotechnik Max-Planck-Institut für Plasmaphysik
Greifswald Zum Job 
Patent- und Rechtsanwälte Andrejewski, Honke-Firmenlogo
Ausbildung zum deutschen Patentanwalt (m/w/d) und European Patent Attorney Patent- und Rechtsanwälte Andrejewski, Honke
maxon motor GmbH-Firmenlogo
Prozessingenieur (w/m/d) für Qualität in Entwicklungsprojekten | Antriebstechnik maxon motor GmbH
Sexau bei Freiburg im Breisgau Zum Job 
Atlantic GmbH-Firmenlogo
Werksleiter Endbearbeitung Schleifscheiben und Honsteine (m/w/d) Atlantic GmbH
PFISTERER Kontaktsysteme GmbH-Firmenlogo
High Voltage Testing Specialist (w/m/d) PFISTERER Kontaktsysteme GmbH
Winterbach Zum Job 

Hochofen 4 hat bis zu 135 000 t Roheisen pro Monat erschmolzen

Wurden bei dem Gestelldurchmesser von 9,5 m monatlich 85 000 t Roheisen erschmolzen, erhöhte sich die Erzeugung auf 135 000 t/Mon., nachdem im Jahre 1975 der Gestelldurchmesser auf 10,2 m vergrößert worden war. Diese Erweiterung war möglich, weil schon beim Bau im Jahre 1964 viele Anlagenteile, insbesondere auch das Ofengerüst, so dimensioniert worden waren, dass zu einem späteren Zeitpunkt eine derartige Kapazitätssteigerung durchgeführt werden konnte.

Am Hochofen 4, der bereits beim Bau für einen Gegendruck von 1,5 bar ausgelegt war, konnten viele Maßnahmen problemlos durchgeführt werden. Alle gasführenden Systeme einschließlich der Gasreinigung waren für den Gegendruck ausgelegt und konnten, wenn auch teilweise modifiziert, erhalten werden. Das Problem des Gichtverschlusses war durch den Einbau des ersten glockenlosen Gichtverschlusses gelöst.

Bei den Winderhitzern wurde nach erfolgreichen Versuchen teilweise ein Magnesitbesatz in die vorhandenen Gefäße eingebracht und damit die Speicherkapazität der Winderhitzer für den entsprechend höheren Winddurchsatz und eine höhere Windtemperatur erweitert.

Hochofen 4 dient nun der Gewinnung von Stahlschrott

Im Jahre 1988 wurde Hochofen 4 noch einmal neu zugestellt, also generalüberholt. 20 Jahre später, im Mai 2008, wurde er zwar stillgelegt, blieb aber als Kaltreserve in Funktion, die nun nicht mehr gebraucht wird. Beim Bau des Hochofens wurden über 14 700 t Stahl für die Konstruktion sowie 2300 t Betonstahl für 22 500 m³ Beton verwandt. An feuerfestem Material wurden für Hochofen und Winderhitzer 10 900 t benötigt, ferner für den Anstrich rund 12 t Farbe verbraucht.

Nun dient Europas einst größter Hochofen während der ein Jahr dauernden Demontage der Gewinnung von zirka 7500 t Stahlschrott. Auch nach dem Abriss bleibt Duisburg der größte Stahlstandort Europas. 

Ein Beitrag von:

  • Eckart Pasche

    Freier Fachjournalist. Themenschwerpunkte: Energie, Kerntechnik, Rohstoffe, Bergbau, Tunnelbau, Technikgeschichte

Themen im Artikel

Zu unseren Newslettern anmelden

Das Wichtigste immer im Blick: Mit unseren beiden Newslettern verpassen Sie keine News mehr aus der schönen neuen Technikwelt und erhalten Karrieretipps rund um Jobsuche & Bewerbung. Sie begeistert ein Thema mehr als das andere? Dann wählen Sie einfach Ihren kostenfreien Favoriten.