Schnelles Altern: Tägliche Fotos über 16 Jahre hinweg im Zeitraffer-Video
Jonathan K. Keller ist ein äußerst ambitionierter Mensch. Der Künstler aus Alaska hat Anfang Oktober 1998 damit begonnen, jeden Tag ein Selfie zu schießen. Das Ergebnis kann jetzt als dreieinhalbminütiges Video bewundert werden. Eine beeindruckende Studie über Veränderungen im Aussehen und über das Altern ist so entstanden.
Stilsicher ist der Künstler Jonathan K. Keller aus Homer in Alaska sicher nicht: Er wechselt sein Haupthaar abrupt von schulterlang auf kurze Bürste. Dann wuchert ihm ein Kinnbart aus dem Gesicht, kurz darauf ist es wieder glatt wie ein Kinderpopo. Mal trägt er eine Brille, mal nicht. Und die verschiedenen Modelle lassen sich auch nicht in eine Schublade einordnen.
Der Fluss des Lebens von Jonathan K. Keller
Bewundern kann man diese Lust auf Veränderung in einem dreieinhalbminütigen Video auf Youtube. Dort sieht man eine Montage aus fast 6000 einzelnen Bilder. Diese chronologisch montierten Einzelbilder ergeben den Fluss des Lebens von Jonathan K. Keller der vergangenen 16 Jahre.Der Betrachter sieht Jonathan K. Keller beim Altern zu. Denn Keller hat sich in den 16 Jahren jeden Tag vor einen weißen Hintergrund gestellt und sein Gesicht fotografiert.
Trotz als Motivation für das Projekt
1998 startete Keller sein Kunstprojekt, das er „The Adaption to My Generation“ nennt. Grundlage für diese Langzeitstudie war – kaum zu glauben – Trotz. „Das Projekt begann aus Trotz. Ich hatte gerade eine Digitalkamera Nikon Coolpix 900 erworben und die war ziemlich teuer. Meine damalige Freundin fragte mich, warum ich diese gekauft habe und was ich damit vorhabe“, berichtet Keller. Trotzig erklärte er ihr, dass er diese Kamera künftig jeden Tag benutzen werde, um sich selbst zu fotografieren.
Und das hat er mit eiserner Disziplin bis heute durchgezogen.
Augen als Bezugspunkt
Damit all die vielen Einzelbilder nicht zu sehr flackern hat Jonathan K. Keller das Image Stabilization Plugin von Adobe After Effects benutzt. Damit konnte er die Augen als Bezugspunkt immer auf den gleichen Bildort legen. So entsteht beim schnellen Abspielen der Einzelbilder ein flüssiges Gesamtergebnis. Unterlegt hat Keller seine Bildmontage mit einem Soundtrack, der laut Keller „abgeleitet von einer schwarzen MIDI-Version von „Night of (K)Nights“ ist und „dem Clip seine frenetische Energie“ gibt.
Provozierend kompromisslose Ausdruckslosigkeit
Dem ist auch so, die Bilder verschwimmen zu einem Zeitraffer-Video, welches Kellers Gesicht in den Mittelpunkt rückt. Das wirkt besonders schlüssig, weil der Künstler bei seinen Selfies eine schon provozierende kompromisslose Ausdruckslosigkeit zur Schau trägt.
Über all die vielen Jahre behält Jonathan K. Keller dieses Konzept aufrecht: „Ich möchte, dass die Bilder so objektiv wie möglich aussehen.“
Keller will weitermachen bis er stirbt
Jonathan K. Keller hat an der Minneapolis College of Art + Design seinen Bachelor gemacht und dann an der Cranbrook Academy of Art den Master. „The Adaption to My Generation“ ist inzwischen zur Lebensaufgabe des Künstlers geworden. Er will „bis er stirbt“ jeden Tag ein Selfie machen und zu verschiedenen Zeiten immer wieder ein Zeitraffer-Video veröffentlichen.
Seine jetzt veröffentlichte Zeitraffer-Studie weist allerdings eine kleine Lücke auf: Vom 29. September 1999 bis zum 25. Mai 2000 war Keller als Hausmeister in der Antarktis beschäftigt. Solche Brüche, das hat er versprochen, wird es „nie wieder“ geben bei „The Adaption to My Generation“.
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