Skifahren und rodeln auf grünen Algenmatten statt auf Schnee
Die Vorstellung, beim Skifahren keine weißen, sondern grüne Hänge unter sich zu haben, ist gewöhnungsbedürftig. Aber vielleicht haben die Gleituntergründe aus Algen als biologische Alternative zu Kunstschnee oder den energieintensiven Skihallen eine Chance. Eine Machbarkeitsstudie bescheinigt „BioGlizz“ gute Aussichten.
Falls BioGlizz tatsächlich einmal marktreif werden sollte, müsste sich der Wintersport neu erfinden. Statt weißen, kalten Schnee unter den Skiern zu spüren, würde man auf einem dunkelgrünen Algenteppich den Hang hinuntergleiten. Auf der Suche nach Alternativen für ökologisch problematischen Kunstschnee und energieintensive Skihallen sind Forscher auf diesen biologischen Gleituntergrund gestoßen. Die erste Machbarkeitsstudie mit BioGlizz ist inzwischen abgeschlossen. Jetzt hoffen die Wissenschaftler auf eine weitere Förderung.
Verschiedene Algenstämme wurden auf ihre Eignung überprüft
„Wir sind mitten in der Projektentwicklung, die Sache ist eigentlich noch nicht spruchreif“, sagt Ingo Valtingoier gegenüber Ingenieur.de. Der Maschinenbauingenieur ist Gründer und Geschäftsführer der Münchener Innovationsmanufaktur und hat gemeinsam mit dem Institut für Lebensmittel- und Bioverfahrenstechnik der Technischen Universität Dresden den BioGlizz-Untergrund entwickelt. Die erste Idee, an einer Alternative für den Kunstschnee zu arbeiten, kam bereits 2007, sagt Valtingoier.
„Die ersten Versuche waren auf Kunststoffbasis, bis wir dann nach biotechnologischen Lösungen gesucht haben.“ Dazu wurden im Labor für Bioverfahrenstechnik der TU Dresden verschiedene Algenstämme auf ihre Eignung hinsichtlich ihrer Gleitfähigkeit geprüft. Von drei Standard-Algenstämmen blieb dann ein geeigneter Algenstamm übrig. In der einjährigen Machbarkeitsstudie, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wurde, sollten die technischen, organisatorischen und wirtschaftlichen Möglichkeiten für den neuartigen Gleituntergrund erforscht werden.
Gesucht sind schnell wachsende, temperaturunempfindliche Algen
Das Ergebnis heißt BioGlizz und ist ein Algenteppich, der auf einem textilen Nährboden wächst, der wiederum auf einer dämpfenden Schaumstoffschicht liegt. Die weichen Algen erwiesen sich als robust und verformbar, so dass ein Gleiten auf ihnen möglich ist. Wenn die Algen durch die Belastung zerstört werden, wachsen sie leicht wieder nach. „Am besten wäre es, wenn sie über Nacht nachwachsen“, nennt Ingo Valtingoier eine der Anforderungen, die die Algen möglichst erfüllen sollten, um anwendungsreif zu werden.
Die Skiausrüstung, mit der die Algen befahren werden können, müsse wahrscheinlich etwas verändert werden, damit die harten und scharfen Skikanten nicht unnötig viele Algen zerstören, sagt Valtingoier. Eventuell könne man auch die zerstörten Algen als Biomasse weiterverwenden. Als weitere Anforderung müsse außerdem die Temperaturunempfindlichkeit der Alge verbessert werden. „Wir haben das bisher im Laborumfeld getestet. Dort waren die Temperaturen relativ hoch, damit die Algen schneller wachsen.“ In einer Skihalle aber läge eine für den Menschen angenehme Temperatur zwischen 16 und 20 Grad Celsius.
Grüne Flecken auf der Kleidung
Nachdem also die ersten Modellversuche, inklusive eines Praxis-Tests mit Skiern auf einer BioGlizz-Matte, laut Valtingoier sehr vielversprechend waren, hofft man, dass daraus ein Folgeprojekt wird, ebenfalls mit Unterstützung des Forschungsministeriums. „Die Algenmatten sind nicht für die Alpenhänge gedacht, sondern als umweltfreundliche Alternative für Skihallen“, sagt Valtingoier. Vielleicht käme auch Südostasien als Absatzmarkt in Frage.
Falls das Folgeprojekt genehmigt wird, würde versucht, die Algen für die praktische Anwendung tauglich zu machen. Neben einer unterschiedlichen Ausrüstung müssten sich die Skifahrer dann auch daran gewöhnen, dass die Algen bei jedem Sturz grüne Flecken auf der Kleidung hinterlassen. „Das könnte man aber auch fürs Marketing positiv einsetzen“, findet Valtingoier. Etwa mit einem schneeweißen Skianzug, an dem man beim Après-Ski die Anzahl der Stürze ablesen kann.
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