So sucht Boeing Lösungen für Anti-Kollisionssysteme
Tests in einem Tunnel haben ein verblüffend einfaches Prinzip sichtbar gemacht, mit dem Wellensittiche Zusammenstöße vermeiden: Sie weichen stets nach rechts aus. Boeing will das nutzen, um Flugzeuge zu schützen, die immer häufiger von Drohnen bedroht werden.
Der moderne Luftverkehr soll mit Hilfe von Wellensittichen sicherer werden. Die kleinen Vögel weichen, um Kollisionen zu vermeiden, stets nach rechts aus. Manchmal ändern sie zusätzlich ihre Flughöhe. Das hat Professor Mandyam Srinivasan herausgefunden, Neurowissenschaftler an der University of Queensland in Australien. Sein Experimentierfeld war ein beleuchteter Tunnel. Seine Mitarbeiter ließen an den Enden gleichzeitig Wellensittiche frei, die zwangsläufig aufeinander zuflogen. In 102 Experimenten mit zehn Sittichen gab es keinen einzigen Zusammenstoß.
Sittich-Strategie hätte Flugzeugunglück verhindert
„Vögel müssen unter hartem evolutionärem Druck gestanden haben, Regeln und Strategien zu entwickeln, um das Risiko von Kollisionen zu minimieren“, sagt Srinivasan. Innerhalb von 150 Millionen Jahren perfektionierten sie ihr Verhalten.
Hätten die Piloten einer Frachtmaschine vom Typ Boeing 757-200 und einer russischen Tupolew Tu-154 M die Wellensittich-Strategie gekannt, wäre es am 1. Juli 2002 über dem Bodensee nicht zu einem fatalen Zusammenstoß gekommen, der 71 Todesopfer forderte. Die Piloten waren von der Luftsicherung versehentlich auf die gleiche Flugfläche geschickt worden. Hätte der Pilot stattdessen gesagt: „Nach rechts ausweichen“, wäre nichts passiert.
Flughöhe abhängig von der Rangordnung?
Wellensittiche haben anscheinend noch eine zweite Regel, um Zusammenstöße zu vermeiden. Die erinnern an die Anweisung der Luftkontrolle vor dem Unglück über dem Bodensee. Die Tiere staffeln ihre Höhe. Warum das, anders als bei der Kollision der Flugzeuge, nicht zu ähnlichen Unfällen führt, weiß Srinivasan noch nicht.
Er vermutet, dass es etwas mit der Hierarchie der Vögel zu tun hat, vielleicht so: Für die Älteren sind die bequemsten Flughöhen reserviert. Doch das müsse noch erforscht werden, so der Neurowissenschaftler. An den Versuchen war Boeing Defence Australia beteiligt. Der Flugzeugbauer erhofft sich von den Ergebnissen Lösungen für Antikollisionssysteme.
2016 schon 61 Beinahe-Zusammenstöße
Weil der Luftverkehr ständig wächst ist ein automatisches, robustes System nötig, um Kollisionen von bemannten und unbemannten zu verhindern“, sagt Srinivasan. Tatsächlich nimmt die Zahl der Beinahe-Zusammenstöße zwischen Flugzeugen und Hubschraubern auf der einen und privat gesteuerten Drohnen andererseits zu.
Erst im August gab es im Raum München eine derartige Situation. Eine Drohne verpasste den Flügel eines Airbus A-321 der Lufthansa nur um wenige Meter. Die Deutsche Flugsicherung registriert in diesem Jahr bereits 61 Beinahe-Zusammenstöße von bemannten Fluggeräten mit Drohnen.
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